Wien (rk) - Mitte Dezember betreute die Stadt Wien eine fünfköpfige türkische JournalistInnen-Delegation.
Im Vordergrund des Interesses standen vor allem die Strategien der österreichischen Bundeshauptstadt hinsichtlich
Stadterneuerung, geförderter Wohnbau und Sanierung von Altbeständen. In ihrer Heimat bekleiden die JournalistInnen
leitende Positionen bei den auflagenstärksten Zeitungen der Türkei, die unter anderem auch im deutschen
Sprachraum erscheinen. Auch ein Vertreter von Anadolu Ajansi, der größten Nachrichtenagentur des Landes,
war unter den BesucherInnen.
Gedankenaustausch mit Magistratsdirektor Erich Hechtner
Nach einer Führung durch das Rathaus lud Magistratsdirektor Erich Hechtner zu einem Gespräch in sein
Büro. In einem informellen Rahmen wurde über die Herausforderungen des Bevölkerungswachstums gesprochen
und die Situation in Wien mit jener in türkischen Städten verglichen. Auf die Frage, welche Dinge in
einer Stadt, die zuletzt im März 2015 wieder auf Platz 1 der lebenswertesten Städte gereiht wurde, noch
verbessert werden können, verwies Hechtner auf das Spannungsverhältnis zwischen Denkmalschutz und Stadtentwicklung:
„Wir sind stolz, dass mehr als 2.900 Objekte in Wien zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen. Allerdings macht es
angesichts der damit verbundenen Auflagen unsere Aufgabe nicht gerade leichter, im Zuge von Sanierungen und durch
Wohnraum-Verdichtungen neuen Wohnraum für eine wachsende Bevölkerung zu schaffen. Die große Herausforderung
ist es, immer mehr Menschen ein zu Hause bieten zu können und gleichzeitig die hohe Lebensqualität für
den Einzelnen dauerhaft zu gewährleisten“.
Ein dichtes Programm - von Menschenrechten bis Wohnbau
Wie in Österreich, wird auch in der Türkei die zukünftige Betreuung und Pflege von SeniorInnen
aufgrund von sich verändernden Familienstrukturen diskutiert. Am Kapaunplatz 7 im 20. Bezirk wurde die türkische
Delegation daher von Vertretern der GSD (Gesellschaft für Stadt- und Dorferneuerung) und Wiener Wohnen durch
einen sozialen Wohnbau geführt, in dessen Dachgeschoss eine 345 Quadratmeter große betreute SeniorInnen-WG
eingerichtet wurde. Im Zuge der Sanierung des in den 1950er Jahren errichteten Wohnbaus wurde auf Nachhaltigkeit
gesetzt: eine 80-prozentige Reduktion des Heizwärmebedarfs und Maßnahmen zur Reduktion des Trinkwasserverbrauchs
stehen hier an erster Stelle. 660 nachträglich eingebaute Balkone und 34 zusätzliche Liftanlagen sorgen
für mehr Lebensqualität.
Auf großes Interesse stieß auch der Besuch des Plus-Energie-Hochhaus der TU Wien. Hierbei handelt es
sich um das erste Hochhaus weltweit, das mehr Energie produziert, als für die Gebäude- und Betriebsnutzung
nötig wäre.
Eine Führung durch das Heeresgeschichtliche-Museum (HGM) fand insbesondere aufgrund der Nähe zum Stadtentwicklungsgebiet
Sonnwendviertel und aufgrund des derzeitigen Osmanen-Schwerpunktes statt. Im Sinne des HGM-Leitspruches „Kriege
gehören ins Museum“, trafen die MedienvertreterInnen auch Shams Asadi. Die Menschenrechtsbeauftragte der Stadt
Wien erzählte von ihrer Arbeit im Menschenrechtsbüro, welches von Stadträtin Sandra Frauenberger
im September 2015 eröffnet wurde und dazu beiträgt, Wien als „Stadt der Menschenrechte“ zu positionieren.
Den türkischen RedakteurInnen fiel während ihres Besuches besonders auf, mit welcher Vehemenz die Stadt
Wien die soziale Durchmischung in der Stadt fördert. Allein dass 60 Prozent der WienerInnen in Gemeinde- oder
geförderten Wohnungen leben, sei „bemerkenswert“, so der Tenor.
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