EU-Ausschuss geteilter Meinung zu Datenerfassung für Harmonisierung des Energiemarkts
Wien (pk) - Wie kann die Energiepolitik in der Europäischen Union für Versorgungssicherheit zu
erschwinglichen Marktpreisen sorgen? Als Antwort auf diese Frage verabschiedete die Europäische Kommission
heuer ein Gesetzespaket für eine Energieunion. Weil Informationen über nationalstaatliche Erdgas- und
Strompreise die Basis für politische Maßnahmen zur vollständigen Harmonisierung des Energiemarkts
bilden, fordert die Kommission neben den Energiepreisstatistiken für die Industrie entsprechende Daten auch
für Haushalte. Übergeordnetes Ziel dabei ist, mehr Transparenz über die nationalstaatlichen Energiepreise,
gerade hinsichtlich Steuern und Subventionen durch die öffentliche Hand, zu schaffen, ergibt sich aus dem
entsprechenden Verordnungsvorschlag.
Während SPÖ, FPÖ und Grüne im EU-Ausschuss des Bundesrats die Schritte zur Transparenzsteigerung
bei Energiepreisen begrüßten, meldete die ÖVP Zweifel darüber an, ob die Erhebung weiterer
Daten tatsächlich bessere Vergleiche im EU-Raum ermöglicht. Das Wirtschaftsministerium bestätigt
diesen Einwand der Volkspartei mit der Bemerkung, schon aufgrund unterschiedlicher Steuersysteme sei die Kostenzusammensetzung
im Energiesektor bei den EU-Mitgliedsländern sehr inhomogen.
EU-Kommission verlangt Überblick über Energiekosten
Bislang war die Datenerhebung im Energiesektor der EU wie folgt geregelt: Das Statistische Amt der Europäischen
Union Eurostat erfasste namens der Europäischen Kommission Gas- und Strompreise für industrielle Endverbraucher
in den EU-Mitgliedsstaaten. Daten über die für Haushaltskunden geltenden Preise wurden von den nationalen
Behörden auf Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung der EU-Länder übermittelt. Mehrere Erdgas-
und Stromunternehmen, von denen die nötigen Daten geliefert werden, spielen der Kommission zufolge aber angesichts
knapper Mittel und Personalressourcen mit dem Gedanken, die zur Erstellung der Energiepreisstatistik notwendigen
Daten künftig nicht mehr zu erfassen. Brüssel will nun die Statistik für Haushaltskunden verpflichtend
machen, um auf Grundlage verlässlicher, vergleichbarer und hochwertiger Daten die Marktintegration im Energiebereich
voranzutreiben.
Demnach sollen ab 2016 jedes zweite Jahr nach dem System von Verbrauchergruppen in den EU-Mitgliedsländern
erhobene Daten zu Energiepreisen veröffentlicht werden. Bei den Netzwerkkosten der Energieversorgung würde
künftig in Kosten für die Verteilung zu den Haushalten und für die Übertragung im Stromnetz
unterteilt. Eine stärkere Differenzierung verlangt die Kommission auch bei den Steuern. Insgesamt sollen die
neuen Statistikvorgaben zur Berechnung europäischer Gesamtgrößen (Aggregate) die Markttransparenz
gewährleisten. Darauf würden sich wiederum die energiepolitischen Maßnahmen stützen, die auf
die Schaffung eines vollständig integrierten Energiebinnenmarkts abzielen, in dem Energieanbieter grenzübergreifend
frei wählbar sind. Im Sinne von Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Energieversorgungssicherheit
wolle man so eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie schaffen, hält
die EU-Kommission fest.
Bringen mehr Daten größere Transparenz?
Für die EndkundInnen verbessere sich mit dem neuen System aber wenig, gab im Ausschuss eine Vertreterin des
Wirtschaftsministeriums zu bedenken, als Bernhard Rösch (F/W) eine mehr Vergleichbarkeit der Energiepreise
durch die Regelung erhoffte. Die ausgeweitete Datenerfassung dient laut Ministerium vorrangig den Entscheidungsträgern
auf EU-Ebene, obwohl die Datenlage nicht unbedingt die Realität widerspiegle: Schon aufgrund der unterschiedlichen
Vorgaben der Mitgliedsstaaten bei Förderungen beziehungsweise Rückerstattungen könne die Preislage
in den Ländern nicht wirklich miteinander verglichen werden. Der Mehraufwand der Energiepreiserfassung sei
wiederum nicht zu unterschätzen, zumal die Aufteilung der Netzkosten nach den Sub-Komponenten "Übertragung"
und "Verteilung" nur durch eine Modellrechnung möglich sei und diese Berechnung in den jeweiligen
Mitgliedsstaaten in unterschiedlicher Qualität erfolge. Ferdinand Tiefnig (V/O) befürchtet in diesem
Zusammenhang, vor allem Länder mit Atomenergie zögen Nutzen aus der Neuregelung, da die Kosten der Entsorgung
von Atommüll nicht in die Preisvergleiche einfließen würden. Außerdem gab er zu bedenken,
geographische Unterschiede erschwerten Vergleiche zu Kosten der Stromnetze – in flachen Ländern gebe es viel
weniger Hindernisse als in bergigen Regionen.
Der Warnung von Martin Preineder (V/N) vor übermäßigem Verwaltungsaufwand zur Erstellung ausgeweiteter
Preisstatistiken hielt indes Heidelinde Reiter (G/S) entgegen, grundsätzlich seien tiefere Einblicke in die
Ausgestaltung der Netzpreise positiv zu werten. Die Europäische Union benötige fraglos mehr Homogenität
in diesem Feld, schon um die Energiewende politisch richtig steuern zu können. Stefan Schennach (S/W) fügte
an, damit die EU unabhängig von fossilen Energieträgern wird, erwarte er Preistransparenz speziell gegenüber
der Industrie als Großverbraucher von Energie.
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