Linz (lk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Landeshauptmann Josef Pühringer
am 22.12. gemeinsam mit Präsident Dr. Aichinger, LH Dr. Pühringer, Obmann Maringer, Präsident Dr.
Niedermoser, Kurienobmann-Stv. Dr. Ziegler die Sicherung der allgemeinmedizinischen Versorgung in Oberösterreich
vor.
Die niedergelassenen Allgemeinmediziner und Allgemeinmedizinerinnen bzw. Hausärzte und Hausärztinnen
stellen ein Herzstück für die Versorgung der oberösterreichischen Bevölkerung dar. Diese begleiten
und unterstützen die Patientinnen und Patienten in den Regionen. Um den ärztlichen Nachwuchs und die
Begleitung durch die Ärztinnen und Ärzte in allen Regionen Oberösterreichs auch in Zukunft zu sichern,
ist es notwendig, das gut etablierte System laufend weiterzuentwickeln.
Auf Basis der demographischen Entwicklung, der sich ändernden Arbeits- und Lebensumstände sowie der Bedürfnisse
der Medizinerinnen und Medizinern sowie der Patientinnen und Patienten war die Weiterentwicklung des Hausärztlichen
Notdienstes unbedingt notwendig. Aufgrund der neuen Ärzte-Ausbildungsordnung war auch eine Regelung über
die Finanzierung der Lehrpraxen dringend erforderlich.
Das Land Oberösterreich, die OÖ Gebietskrankenkasse, die Ärztekammer für Oberösterreich
und das Rote Kreuz Oberösterreich haben daher in den letzten Monaten intensive Gespräche geführt
und ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das die allgemeinmedizinische / hausärztliche Versorgung in Oberösterreich
sicherstellt.
Hausärztlicher Notdienst (HÄND) durch Neuorganisation gesichert
Der hausärztliche Notdienst steht allen Oberösterreichinnen und Oberösterreichern zur Verfügung,
die außerhalb der Ordinationszeiten dringend eine Ärztin (Hausärztin) oder einen Arzt (Hausarzt)
brauchen. Die bisherige Regelung des allgemeinärztlichen Notdienstes in den ordinationsfreien Zeiten, in der
Nacht, an Feiertagen und an Wochenenden wurde in den Grundzügen in den 1990er Jahren konzipiert. Seither haben
sich die Rahmenbedingungen wesentlich verändert.
Es bestehen zunehmend Schwierigkeiten, in Sprengeln mit wenigen Ärztinnen und Ärzten Nachfolgerinnen
und Nachfolger für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zu finden (vor allem im ländlichen Raum).
Die ärztliche Versorgung der Bevölkerung wäre daher unter den derzeitigen Rahmenbedingungen in mehreren
Bezirken in OÖ auf Dauer nur schwerlich gewährleistet.
Zur Sicherstellung des hausärztlichen Notdienstes bedurfte es daher einer Neuorientierung dieses Aufgabenbereiches
unter Berücksichtigung folgender Ziele:
- Langfristige Sicherstellung einer guten Versorgung der Bevölkerung im Hausärztlichen
Notdienst
- Reduktion der Belastung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte durch
viele Wochenend- und Nachtdienste und damit Erhöhung der Akzeptanz unter den aktiven Vertragsärztinnen
und Vertragsärzten, womit auch der Arztberuf attraktiver wird und
- Gewinnen von neuen / jungen Ärztinnen und Ärzten und allenfalls auch
Wahlärztinnen und Wahlärzten für die Aufgabe des HÄND.
Neue Sprengelstrukturen, flexible Modelle
Um diese Ziele zu erreichen, wurden neue Sprengelstrukturen und eine attraktive Zusammenarbeitsform mit dem
Roten Kreuz zur Unterstützung der Ärzteschaft in der Organisation der Visitendienste erarbeitet.
Für die Organisation des Notdienstes wird Oberösterreich (ohne Linz-Stadt) in 22 Regionen aufgeteilt.
Die Akzeptanz bei der niedergelassenen Ärzteschaft war dabei ein besonders Anliegen, weshalb die Flexibilität
der Organisation innerhalb der Regionen dadurch erhöht werden soll, indem unterschiedliche Modelle (mit oder
ohne Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz) ermöglicht werden.
Umsetzung durch Ärztekammer gemeinsam mit Vertragsärzten der Region
Die Neustrukturierung der Regionen erfolgt durch die Ärztekammer. Die Art und Ausgestaltung der Notdienste
in den einzelnen Regionen wird von der Ärztekammer unter Einbindung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte
in den einzelnen Regionen festgelegt. Ein HÄND-Modell mit dem Roten Kreuz wird dann in einer Region umgesetzt,
wenn in einer von der Ärztekammer organisierten Abstimmung 2/3 der Vertragsärzte in den betroffenen Sprengeln
diesem Modell zustimmen.
Folgende Varianten sind daher innerhalb eines Sprengelgebietes möglich:
- HÄND ohne Rotes Kreuz (entspricht dem bisherigen Sprengeldienst)
- neues HÄND-Modell mit einem vom Roten Kreuz beigestellten Fahrdienst
- neues HÄND-Modell ohne Fahrdienst vom Roten Kreuz
Finanzierung über Sozialversicherung und Land OÖ
Die Honorierung des HÄND kann ebenso auf unterschiedliche Arten, wie bisher auf Basis einer Einzelleistungshonorierung
oder als Alternative in Form einer Pauschalhonorierung, erfolgen. Die Entscheidung über das Honorierungsmodell
treffen die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in der Region. Die Gesamtfinanzierung des Hausärztlichen
Notdienstes erfolgt über die Sozialversicherung sowie das Land Oberösterreich.
Wie funktioniert der HÄND?
Wer medizinische Hilfe außerhalb der Ordinationszeiten, in der Nacht, am Wochenende oder an Feiertagen
braucht, ruft den Notruf 141. Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter des Roten Kreuzes vermittelt die Patientin
bzw. den Patienten an die Ärztin bzw. den Arzt weiter oder organisiert bei Bedarf einen Hausbesuch. Der HÄND
ist nur für akute, nicht lebensbedrohliche Beschwerden gedacht, bei denen die Patientin bzw. der Patient medizinische
Hilfe benötigt. Der in allen Regionen parallel bestehende Notdienst mit Notärztinnen und Notärzten
und das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) sind von dieser Regelung nicht betroffen.
"Die Neuorganisation des hausärztlichen Notdienstes war notwendig, um die ländliche Versorgung auch
für die Zukunft abzusichern. Mit weniger Zusatzdiensten wird der Beruf ‚Haus- oder Landarzt' wieder attraktiver
gemacht", so Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer.
"Der HÄND ist ein leuchtendes Beispiel für zukunftsweisende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich.
Es ist nicht immer einfach, die Interessen von Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten, Sozialer
Krankenversicherung und Politik zu verbinden. Der HÄND ist wieder einmal ein gelungenes Beispiel dafür.
Und wieder einmal zeigt Oberösterreich, dass man gemeinsam vorwärts kommen kann", so Obmann Albert
Maringer.
"Der HÄND ist ein Versuch und auch ein gemeinsamer Kraftakt der niedergelassenen praktischen Ärztinnen
und Ärzte, die zunehmende Belastung der Nachtdienste zu reduzieren und trotzdem in dringlichen Fällen
rund um die Uhr für ihre Patientinnen und Patienten da zu sein. Wir hoffen, mit diesem Versorgungsmodell durch
den Talboden Ärztemangel und Pensionierungswelle zu kommen. Dieser ist aber noch nicht erreicht", sagt
MR Dr. Wolfgang Ziegler, stv. Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für OÖ.
"Das Rote Kreuz wird zunehmend mehr der Vernetzer zwischen Patientinnen und Patienten, Gesundheitseinrichtungen,
Ärztinnen und Ärzten und anderen Gesundheitsberufen. Es entsteht dadurch ein großer Vorteil für
die Patientinnen und Patienten sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im System, da alle Leistungen
dokumentiert und Daten und Fakten erhoben werden, wie die Gesundheitsplanung in Zukunft auf valide Daten gestellt
wird," so RK-Präs. Prim. Dr. Walter Aichinger.
Finanzierung der Lehrpraxen gesichert
Mit der neuen Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 hat der Bundesgesetzgeber eine Tätigkeit in einer Lehrpraxis
für die Ausbildung zur Ärztin bzw. zum Arzt für Allgemeinmedizin als letzten Ausbildungsabschnitt
verpflichtend vorgesehen. Die Dauer wird stufenweise von sechs Monaten auf neun Monate (ab 1. Juni 2022) bzw. auf
zwölf Monate (ab 1. Juni 2027) erhöht.
Die ersten Studierenden, die nach der Absolvierung der neunmonatigen Basisausbildung wählen können, ob
sie die Ausbildung zur Ärztin bzw. zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zur Fachärztin bzw. zum Facharzt
einschlagen, müssen sich spätestens im März 2016 für eine der beiden Ausbildungsschienen entscheiden.
Gemeinsame oö. Lösung schafft klare Rahmenbedingungen
Die Finanzierung der Tätigkeit in der Lehrpraxis hat der Bundes-Gesetzgeber leider nicht geregelt. Daher war
es den Systempartnern in Oberösterreich wichtig, rasch eine (Übergangs-)Lösung zu erarbeiten, damit
der erste Medizinerturnus auch klare Rahmenbedingungen hat. Langfristiges Ziel ist jedoch, dass anstelle der "OÖ-Übergangslösung"
eine bundeseinheitliche Finanzierungsregelung kommt.
Eckpunkte der oö. Lehrpraxen-Regelung:
- 40 Lehrpraxisstellen im Erstausbau
- Anstellung der Lehrpraktikantin bzw. des Lehrpraktikanten beim Lehrpraxisinhaber
bzw. der Lehrpraxisinhaberin
- Entlohnung gemäß Kollektivvertrag der Österreichischen Ärztekammer
- Aufteilung der Lehrpraxiskosten zwischen OÖGKK und Land OÖ (nach Abzug
der Bundesförderung)
Die Lehrpraxis wird am Ende der gesamt 42-monatigen Ausbildungszeit absolviert, daher ist zu diesem Zeitpunkt gewährleistet,
dass der betreffende Ausbildungsarzt bereits den Großteil des Allgemeinmedizinischen Spektrums abdecken kann.
Die Mitarbeit in einer bestehenden Arztpraxis wird daher zu einer weiteren Versorgungswirksamkeit dieser Ärztinnen
und Ärzte führen.
"Nach zehn Jahren intensiver Diskussion mit dem Ministerium, Trägern und dem Hauptverband ist es heuer
endlich gelungen, das neue Ausbildungscurriculum für Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner mit einer
verpflichtenden Lehrpraxis abzuschließen. Nun ist die Ärzte-Ausbildung neu in Kraft getreten, womit
zu hoffen ist, dass wieder mehr junge Menschen diesen spannenden Berufsweg nehmen werden. Eine wichtige Voraussetzung
dafür ist aber die Finanzierung der Lehrpraxis, die bis jetzt noch offen war. Wir haben es als erstes Bundesland
gemeinsam geschafft, in erster Ausbaustufe eine Finanzierung für 40 Ausbildungsplätze zu gewährleisten.
Darauf können wir wirklich stolz sein", sagt Dr. Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer
für OÖ.
"Die Finanzierung der Lehrpraxis ist ein erster, kleiner, aber wichtiger Schritt, dem niedergelassenen Bereich
jene Aufwertung erfahren zu lassen, die ihm seit Jahrzehnten versprochen wurde und nun dringender denn je ist",
sagt MR Dr. Wolfgang Ziegler, stv. Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für OÖ.
Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung der niedergelassenen Ärzteschaft und des bereits
bestehenden Mangels an Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern kann mit der Lehrpraxenförderung die
dringend notwendige Stabilisierung der Kapazitäten der extramuralen allgemeinmedizinischen Versorgung deutlich
unterstützt werden.
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