Wien (fma) - 2016 wird das Marktmissbrauchsrecht im Handel mit Finanzinstrumenten in der Europäischen Union
völlig neu geregelt. Die bisherige Marktmissbrauchsrichtlinie („Market Abuse Directive“, MAD) wird mit 3.
Juli 2016 durch die „Market Abuse Regulation“ (MAR) abgelöst. Diese Reform des Marktmissbrauchsrechts war
eine Reaktion auf die Finanzkrise 2007 und setzt zwei wesentliche Vorhaben um: Einerseits wird eine in allen EU-Mitgliedstaaten
direkt anwendbare Vorschrift gegen Marktmissbrauch geschaffen, andererseits werden die Sanktionsregelungen massiv
verschärft. Dies hat zur Folge, dass den Marktteilnehmern durch eine einheitliche Auslegung des Regelwerks
mehr Rechtssicherheit geboten, und Aufsichtsarbitrage vorgebeugt wird. Die drastische Verschärfung der Sanktionsregelungen,
sowie die verpflichtende öffentliche Bekanntmachung von Verstößen („naming and shaming“) soll vor
Verstößen gegen die Bestimmungen des Regelwerkes abschrecken. Die Sanktionsbestimmungen – in Form von
EU-weit vorgegebenen Mindeststrafen – sind weiterhin in einer EU-Richtlinie, der „Criminal Sanctions for Market
Abuse Directive“ (MAD II oder CSMAD), festgelegt, die bis 3. Juli 2016 in nationales Recht umzusetzen sein wird.
Zusätzlich zur europaweiten Vereinheitlichung verschärft und erweitert das neue Marktmissbrauchsrecht
die Bestimmungen und deren Anwendungen auch substanziell:
- So wird der Geltungsbereich auf sämtliche Finanzinstrumente, die zum Handel
an multilateralen Handelssystemen (MTF) oder auf anderen organisierten Handelssystemen (OTF) zugelassen sind, sowie
auch auf alle außerbörslich gehandelten Derivate, die Auswirkungen auf die zugrunde liegenden Märkte
haben können, ausgedehnt. Damit werden unter anderem künftig auch die Emittenten im Marktsegment „Dritter
Markt“ der Wiener Börse zur Ad-hoc-Publizität und zur Mitteilung von Directors‘ Dealings verpflichtet
sein. Die Ad-hoc-Publizität hat zum Ziel, dem Missbrauch von Insiderinformationen präventiv entgegenzuwirken,
indem sie deren unverzügliche Veröffentlichung verlangt. Die Directors‘ Dealings-Regelung verpflichtet
Führungskräfte und ihnen nahestehende Personen Eigengeschäfte in Finanzinstrumenten des Unternehmens
offenzulegen.
- Bei den Directors´ Dealings bezieht sich die Meldepflicht überdies
künftig nicht nur auf Eigengeschäfte in Aktien sondern auch auf sich darauf beziehende Derivate oder
andere damit verbundene Finanzinstrumente sowie Schuldtitel. Beispielsweise meldepflichtig werden dann auch Schenkungen
oder Erbschaften von Finanzinstrumenten (z.B. Aktien, Anleihen, …) eines Emittenten sein, die eine Führungskraft
dieses Emittenten empfängt.
- Neu sind auch Regeln für den Umgang mit Insiderinformationen im Rahmen einer
Marktsondierung oder „market sounding“ anlässlich der Platzierung von Wertpapieren, zum Beispiel: Ein Emittent
plant die Ausgabe einer Anleihe. Um den konkreten Umfang und die Preisgestaltung abschätzen zu können,
übermittelt er – vor der eigentlichen Ankündigung des Geschäfts – Informationen über die geplante
Emission an potentielle Anleger. Ziel dieser Informationsweitergabe ist die Auslotung der Bedingungen (Umfang,
Preis), zu denen potentielle Anleger bereit sind die Anleihe zu zeichnen. Über eine solche Marktsondierung
sind Aufzeichnungen zu führen, die allen beteiligten Personen zu übermitteln sind. Alle involvierten
Personen sind aufzuklären, dass die (versuchte) Nutzung der weitergegebenen Informationen untersagt ist.
- Künftig sind auch bestimmte marktmissbräuchliche, manipulative Techniken
bei algorithmischem Handel und dem Hoch-Frequenz-Handel ausdrücklich untersagt. Zum Beispiel ist die Eingabe
von Aufträgen bzw. Durchführung von Transaktionen verboten, wenn diese geeignet ist einen Trend auszulösen
und andere Marktteilnehmer dazu zu motivieren, diesen Trend zu beschleunigen, wodurch sich der Händler die
Möglichkeit schafft eine Position zu einem vorteilhaften Kurs zu schließen bzw. zu eröffnen („Momentum
Ignition“). Ebenso verboten ist „Phishing“, also die Ausführung von Transaktionen um Aufträge anderer
Marktteilnehmer aufzudecken und dann eigene Aufträge zu erteilen, und sich somit einen Vorteil zu verschaffen.
„Die neuen Regeln stellen sicher, dass alle Finanzmarktteilnehmer in Europa nach den gleichen Spielregeln spielen
und ermöglichen der FMA eine bessere und effizientere Beaufsichtigung des Marktes.“, betonen die Vorstände
der FMA, Mag. Helmut Ettl und Mag. Klaus Kumpfmüller.
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