Wien (albertina) - Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder: "Soeben hat mich über die Tochter
von Joannis Avramidis die traurige Nachricht ereilt, dass dieser bedeutende Bildhauer in der heutigen Nacht im
Alter von 93 Jahren verstorben ist: zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau, der Bildhauerin und Dichterin Annemarie
Avramidis.
Avramidis hat zweifelsohne in der österreichischen Kulturgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg eine herausragende
Rolle gespielt. Seine strenge Auffassung von der präzisen Konstruktion der menschlichen Figur stellte gleichsam
den einflussreichen Gegenpol zu Wotrubas intuistischer Auffassung dar.
Dem großen Vorbild Constantin Brancusi verpflichtet, dachte Avramidis zeitlebens darüber nach, wie der
Mensch auf seine wesenhafte Struktur reduziert und von allen Schlacken des Zufälligen befreit werden kann.
Avramidis wurde 1922 in Batumi (damals Sowjetunion, heute Georgien) am Schwarzen Meer geboren. 1939 wandert er
nach Griechenland aus, übersiedelt 1943 als Fremdarbeiter nach Wien, wo er bereits 1945 an der dortigen Akademie
zuerst das Studium der Malerei und ab 1953 das Studium der Bildhauerei beginnt.
1962 vertritt Joannis Avramidis Österreich bei der Biennale von Venedig. Als Professor zählt er ebenfalls
zu den einflussreichsten Gestalten des österreichischen Kunstgeschehens der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Klaus Albrecht Schröder: „Ich glaube, dass wir die Bedeutung von Avramidis noch gar nicht wirklich abschätzen
können. Seine in jeder Hinsicht - formal wie moralisch - strenge Auffassung von Kunst kann als ein Fixstern
in der Zeit der sonst oft so unübersichtlichen Beliebigkeit von Kunst gelten. Die monumentale Ruhe seiner
Skulpturen - viele davon im öffentlichen Raum - atmen ein Pathos, das dem Menschen jene Würde verleiht,
die ihm das reale Leben so oft nimmt. Die Albertina wird diesem großen Bildhauer immer ein würdiges
Andenken bewahren."
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