Kardinal beim Ökumenischen Empfang in Wien: Soziale Spannungen und Flüchtlinge sind
gemeinsame Herausforderungen für alle Kirchen
Wien (kap) - Die Kirchen stehen angesichts der wachsenden Spannungen in der Gesellschaft und der vielen
Flüchtlinge, die nach Europa kommen, vor immensen gemeinsamen Herausforderungen. Das hat Kardinal Christoph
Schönborn am Abend des 13.01. beim traditionellen Ökumenischen Empfang im Wiener Erzbischöflichen
Palais betont. Der gesellschaftliche Zusammenhalt sei akut bedroht, sagte der Kardinal vor Spitzenvertretern aller
christlichen Kirchen in Österreich. Die sozialen Spannungen würden steigen. Dazu kämen nun die vielen
Flüchtlinge, die den europäischen Zusammenhalt auf eine neue Probe stellten. "Das alles stellt vor
allem auch die Christen auf die Probe, wie wir mit dieser dramatischen Situation umgehen", sagte Schönborn.
Die christliche Einheit müsse sich in diesen Herausforderungen in den kommenden Jahren bewähren.
Gerade auch gegenüber den vielen Muslimen, die nach Europa und Österreich kommen, sei ein rechtes Verhältnis
von Toleranz und interreligiöser Offenheit einerseits und dem klaren christlichen Zeugnis auf der anderen
Seite notwendig, betonte der Wiener Erzbischof. Der Kardinal appellierte zudem an die Vertreter der christlichen
Kirchen in Österreich, das Leid der verfolgten Christen in der Welt nicht aus dem Blick zu verlieren. Er rief
dazu auf, "dass wir hier das christliche Zeugnis genauso ernst nehmen wie die Christen in der Verfolgung".
Schönborn hob zugleich die Familie als jene "Urzelle der Gesellschaft" hervor, der in den kommenden
schwierigen Zeiten besondere Bedeutung zukomme. Die Familie sei aber von vielerlei Seiten bedroht. Die Kirchen
müssten darauf reagieren.
Am Ökumenischen Empfang nahmen u.a. der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich
(ÖRKÖ), Superintendent Lothar Pöll, und der Vorsitzende der Orthodoxe Bischofskonferenz, Metropolit
Arsenios, teil. Der lutherische Bischof Michael Bünker stellte beim Empfang eine neue ÖRKÖ-Broschüre
vor, die Pfarrgemeinden Hintergrundinfos zu sozialen Fragen und konkrete Handlungsanregungen zur Schärfung
ihres sozialen Profils liefert. Die Broschüre steht unter dem Leitwort "Solidarische Gemeinde" und
ist Ergebnis des Prozesses "sozialwort 10+".
Auch Bünker warnte davor, dass sich der gesellschaftliche Zusammenhalt im Land aufzulösen drohe. Immer
mehr Menschen würden dadurch zu "Verlierern". Die Kirchen seien aufgefordert, für diejenigen
einzutreten, deren Lebensgrundlagen und Lebensmöglichkeiten bedroht oder bereits in Frage gestellt sind.
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