Von 22. Januar - 22. Mai 2016 im Kunsthaus Wien
Wien (kunsthaus) - Mitte der 1990er Jahre arbeitete der deutsche Künstler Peter Piller während
des Kunststudiums bei einer Medienagentur. Regionale Werbekunden und Firmen ließen von ihm prüfen,
wo und in welcher Form ihre geschalteten Anzeigen tatsächlich auch erschienen waren. Ähnlich wie Richard
Prince während seines Jobs bei der Time Life Company (der Ursprung seiner heute weltbekannten Serie der Cowboys),
stieß Peter Piller beim täglichen Durchblättern der Presse auf besondere Fotografien, die er schon
bald zur Seite legte und mit Kategorien wie "Auto berühren", "Noch ist nichts zu sehen",
"Bauerwartungsflächen" oder "Schießende Mädchen" versah. Über Jahre hinweg
ist das bis heute über 7.000 Bilder umfassende "Archiv Peter Piller" entstanden, das der Künstler
immer wieder neu befragt und in thematische Werkgruppen sortiert und ablegt. Das Kunsthaus Wien bietet mit der
Ausstellung "Belegkontrolle" nun einen Einblick in dieses große Bildarchiv.
Das Verhältnis von Wort und Bild ist in Pillers Werk ein wichtiges Kriterium der Sichtung. Wo andere nichts
erkennen, entwickelt der Künstler durch wiederholtes, konzentriertes Betrachten ein feines Gespür für
die verborgenen Qualitäten der Gebrauchsfotografie. In Gruppen arrangiert und durch Titel kodiert, bringt
Piller das gefundene oder zugespielte Bildmaterial in andere Kontexte und überführt es so in eine neue
künstlerische Ordnung. "Von Erde schöner" beispielsweise ist eine raumgreifende Installation
eines Archivs unzähliger Luftbildaufnahmen von Einfamilienhäusern aus den 1980er Jahren. "Nimmt
Schaden" ging aus dem digitalen Foto- Fundus einer Schweizer Versicherungsgesellschaft hervor und ist eine
stille Ode an die unbekannten Fotografen.
Mit der Serie "Erscheinungen" lernen wir Piller auch als Fotografen kennen. Wie bei den Serien "Bereitschaftsgrad"
und "Umschläge" - Arbeiten, denen Magazine der 1960-80er Jahre zugrunde liegen - hat der Künstler
den Bildern die Textstellen genommen, nur die grafischen und fotografischen Elemente transportieren Information.
Mit "Nachkriegsordnung" gelingt dem Künstlern durch die Zusammenstellung von 35 Abbildungen desselben
Motivs - einer Explosion nach einem Bombenabwurf über Bagdad im Jahr 2003 - verschiedenen deutschen Tageszeitungen
entnommen und freigestellt, eine pointierte Aussage über das politische Gewicht von Fotografien.
Der Blick des Künstlers gilt hier wie dort dem täglichen Leben und gibt unseren profanen Handlungen und
Ritualen einen heiteren und zuweilen ernsten Erkenntnisraum. Seine Zusammenstellungen und Analysen ermöglichen
fotografische Repräsentation und deren Rezeption kritisch zu hinterfragen.
Peter Piller, geboren 1968 in Fritzlar in Deutschland, lebt in Hamburg. Seit 2006 ist er Professor an der Hochschule
für Grafik und Buchkunst in Leipzig.
Eine Ausstellung des Kunsthaus Wien in Kooperation mit Fotomuseum Winterthur, Städtische Galerie Nordhorn
und Kunsthalle Nürnberg.
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