Insgesamt fünf ERC Consolidator Grants an Forscher der Universität Wien
Brüssel/Wien (universität) - Der Chemiker Nuno Maulide erforscht neue Synthesetechniken zur Gewinnung
von medizinischen Wirkstoffen. Für ein innovatives Forschungsprojekt erhält er einen mit rund zwei Millionen
Euro dotierten ERC Consolidator Grant. Das Geld wird in Grundlagenforschung investiert. Insgesamt gingen damit
bisher 34 ERC Grants an die Universität Wien.
"ERC-Grants werden höchst kompetitiv vergeben und sind ein wichtiger Indikator für die internationale
Wettbewerbsfähigkeit einer Universität", so Rektor Heinz W. Engl. "Ich freue mich, dass nun
der 34. ERC Grant an die Universität Wien geht, diesmal an den Chemiker Nuno Maulide, der bereits mit einem
ERC Starting Grant 2013 an die Universität Wien gekommen ist".
Das Projekt VINCAT im Fokus
Die Synthese von Chemikalien jeglicher Art ist für die moderne Gesellschaft von immenser Bedeutung. Ohne
chemische Synthese gäbe es kaum Medikamente, keine moderne Kleidung, keine Reinigungsmittel, keine Düngemittel,
keine Kosmetika – diese Liste lässt sich beliebig lang fortsetzen.
Mittels chemischer Reaktionen werden Ausgangsstoffe, wie Reaktanden oder Reagenzien, in Produkte mit erhöhter
Wertigkeit umgewandelt. Ein Nachteil dieser Vorgangsweise besteht oftmals darin, dass während eines solchen
Prozesses auch ungewünschte Abfallprodukte entstehen. Diese Nebenprodukte müssen von den gewünschten
Stoffen getrennt und danach entsorgt werden.
Im Zuge des Versuchs, chemische Reaktionen effizienter und umweltfreundlicher zu machen, ist es eine große
Herausforderung der Gegenwart, neue Reaktionen zu entwickeln, die ohne die Bildung solcher Abfallprodukte ablaufen
können. Das bedeutet, dass alle eingesetzten Atome auch im Endprodukt zu finden sind – im Hinblick auf wirtschaftliche
Aspekte bezeichnet man solche Reaktionen als "atomökonomisch".
Im Rahmen seines ERC-Projekts mit dem Akronym VINCAT will Maulide nun untersuchen, wie dieses einfache Konzept
effektiv flächendeckend auf eine breite Familie von Reaktionen angewendet werden kann. "Es geht darum,
wie bei einem Orchester, dessen Dirigenten die Chemiker sind, Einfluss auf den Ablauf und die Reihenfolge einzelner
Ereignisse zu nehmen", sagt Nuno Maulide. "Es ist uns möglich, hochenergetische chemische Spezies
unter milden Reaktionsbedingungen zu generieren. Jedoch können wir zusätzlich diese hohe chemische Reaktivität
zähmen und durch einen präzise konstruierten Reaktionschritt die gewünschten Produkte erhalten."
Chemie ohne Verschwendung
Konkret handelt es sich bei den hochenergetischen Spezies um sogenannte Vinylkationen (Englisch: vinyl cations,
wovon sich VINCAT ableitet), die Maulides Arbeitsgruppe unter katalytischen Bedingungen leicht generieren und gezielt
in ihren Reaktionen einsetzen kann. "Von großer Wichtigkeit sind diese Reaktionen vor allem dann, wenn
möglichst alle Atome der Reagenzien in den Produkten enthalten sind, sie also mit de facto 100 Prozent Atomökonomie
ablaufen.
Die Reaktionsprodukte selbst sind überraschend vielfältig in ihren Strukturen und Eigenschaften und bieten
sich deshalb auch potenziell für eine Vielzahl an Anwendungsgebieten, beispielsweise als Wirkstoffe, an",
so der Professor für Organische Synthese, der 2013 im Alter von 33 Jahren an die Universität Wien berufen
wurde. "Die Natur schafft es spielend, chemische Reaktionen so atomökonomisch wie möglich zu gestalten.
Allerdings hatte sie dazu auch Milliarden von Jahren zur Optimierung zur Verfügung", sagt der aus Portugal
stammende Chemiker mit Augenzwinkern.
Vom Testimonial zum ERC-Grant
Im Jubiläumsjahr der Universität Wien, 2015, waren in der Station Schottentor mehrere Plakate zu
sehen, die sich der Kampagne "Wir stellen Fragen – seit 1365" widmeten. Eines dieser Plakate zeigte Nuno
Maulide zusammen mit der Frage "Chemie ohne Verschwendung, ganz wie in der Natur – geht das?". Nun hat
der Chemiker die Ressourcen, sich in den nächsten fünf Jahren der Beantwortung dieser Frage zu widmen.
Über Nuno Maulide
Nuno Maulide, geboren 1979 in Lissabon, Portugal, hat am Lissabonner Instituto Superior Técnico und
an der Pariser École Polytechnique Chemie studiert und 2007 mit einer Arbeit im Bereich der Organischen
Chemie an der Katholischen Universität Louvain, Belgien, promoviert. Nach einem Postdoktorandenaufenthalt
in den USA war Maulide von 2009 bis 2013 Nachwuchsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung
in Mülheim an der Ruhr. 2011 erhielt er einen ERC-Starting Grant. Seit Oktober 2013 ist er Professor für
Organische Synthese an der Universität Wien. Hier forscht er vor allem im Bereich der stereoselektiven Synthese
von organischen Verbindungen und an der Entwicklung von neuen Synthesemethoden, sowie deren Anwendungen für
die gezielte Herstellung bioaktiver Naturstoffe.
European Research Council
Die Förderung von grundlagenorientierter Pionierforschung ist einer der Schwerpunkte der Europäischen
Union. Dafür wurde der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) geschaffen. ERC Consolidator
Grants unterstützen exzellente WissenschafterInnen in einem noch relativ frühen Stadium ihrer Karriere
darin, ihre Position als eigenständige ForscherInnen zu konsolidieren. Ein internationales Gutachtergremium,
bestehend aus renommierten ExpertInnen, entscheidet über die Förderungswürdigkeit der Anträge.
Den ausgewählten ForscherInnen wird entsprechender Freiraum zur Verwirklichung ihrer Visionen zugestanden.
Insgesamt bereits 34 ERC Grants für die Universität Wien
Seit 2007 wurden bisher 16 ForscherInnen mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet. Dank zwölf Advanced
Grants, einem ERC Proof of Concept und nunmehr fünf ERC Consolidator Grants liegt die Universität Wien
bei nunmehr 34 ERC-Förderungen seit 2007.
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