Gemeinwohl-Ökonomie und Projekt Bank für Gemeinwohl präsentieren ihre bisherigen
Erfolge und weitere Aktivitäten
Wien (martschin) - Die Zeit ist reif für eine Gemeinwohl-Ökonomie und eine Bank für Gemeinwohl.
In ihrem 5-jährigen Bestehen verbreitete und organisierte sich die Idee der Gemeinwohl-Ökonomie in bereits
50 Ländern. Fast 2.000 Unternehmen haben sich der Bewegung angeschlossen, 70.000 verkaufte Gemeinwohl-Ökonomie-Bücher
und erste Gemeinwohl-Gemeinden zeigen die große Resonanz des Modells in der Bevölkerung. Auch die Gründung
der Bank für Gemeinwohl, die seit 2010 vorangetrieben wird, hat im vergangenen Jahr große Dynamik gewonnen.
Derzeit umfasst die Genossenschaft fast 2.800 Mitglieder, die ein Startkapital von zwei Millionen Euro bereit gestellt
haben.
In einer Pressekonferenz in den Räumlichkeiten des Projektes Bank für Gemeinwohl in Wien präsentierten
dieses erste ethische Alternativbank-Projekt und die Gemeinwohl-Ökonomie die Erfolge ihrer ersten 5 Jahre
und informierten über die weiteren Schritte.
Weltweite Verbreitung der Gemeinwohl-Ökonomie
„Die rasche Verbreitung der Idee der Gemeinwohl-Ökonomie zeigt die länderübergreifende Sehnsucht
der Menschen nach einem neuen, ethischen Wirtschaftssystem, das uns Menschen und dem Gemeinwohl dient“, sagte Christian
Felber, Buchautor und Mitinitiator der Gemeinwohl-Bewegung. Statt rücksichtsloser Profitmaximierung soll das
Wohl aller Menschen und die ökologische Verantwortung im Mittelpunkt stehen. Am Beginn der Bewegung im Jahr
2010 in Österreich standen 12 engagierte Unternehmen, die gemeinsam mit Christian Felber das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie
entwickelten. Ausgehend von Wien hat sich die Gemeinwohl-Ökonomie in fünf Jahren weltweit verbreitet:
Fast 2.000 Unternehmen, über 250 Vereine, rund 20 Gemeinden und mehr als 6.000 Privatpersonen unterstützen
aktiv die Bewegung. In mehr als 100 lokalen Gemeinwohl-Gruppen wird aktuell die Gemeinwohl-Idee verbreitet und
weiterentwickelt. Der ergebnisoffene Weg zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaftsordnung soll so langfristig
in demokratischen Wirtschaftskonventen entwickelt, vom Volk als Souverän entschieden und in den nationalen
Verfassungen und EU-Verträgen verankert werden.
Gemeinwohlökonomie-Projekte in Forschung, Politik und Gemeinden
Beispiel Forschung: Die Gemeinwohl-Bilanz wird seit 1. März 2015 von der Europa Universität Flensburg
(Norbert Elias Center) genau unter die Lupe genommen. Mit Praxispartnern wie der Deutschen Post, dem dm drogerie
markt, dem Anbieter für Öko-Tiefkühlkost Ökofrost oder dem Outdoor-Ausstatter VAUDE startete
das Forschungsprojekt „Gemeinwohl-Ökonomie im Vergleich unternehmerischer Nachhaltigkeitsstrategien“. Im deutschen
Sprachraum haben bereits 180 Unternehmen eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt, darunter auch die drei Hochschulen FH
Burgenland, International Graduate Center Bremen und die Business School Lausanne.
Beispiel Politik: Mit 1. Jänner 2017 wird die EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung in Kraft
treten. Großunternehmen mit über 500 Beschäftigten müssen ab diesem Zeitpunkt verpflichtend
sogenannte „Nichtfinanz-Berichte“ vorlegen. Die Gemeinwohl-Ökonomie strebt eine Anerkennung der Gemeinwohl-Bilanz
als Berichtstandard innerhalb dieser EU-Richtlinie an. Unabhängig davon erfolgte eine Abstimmung über
die Gemeinwohl-Ökonomie im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) mit einer überragenden
Mehrheit von 86% Zustimmung im September 2015. Im Oktober und Dezember wurde in zwei Veranstaltungen des Europaparlaments
über die Gemeinwohl-Ökonomie als nachhaltiges Wirtschaftsmodell für den sozialen Zusammenhalt diskutiert;
weitere Parlamentsaktivitäten zur Gemeinwohl-Ökonomie werden folgen.
Zudem empfiehlt der EWSA die Gründung von Gemeinwohl-Banken – mit Nennung der österreichischen Gemeinwohl-Bank
als vorbildlichen Prototyp – sowie die Gründung sogenannter „Gemeinwohl-Börsen“ durch gemeinwohlorientierte
ethische Banken. Deren Investoren „würden eine andere Art von Gewinn anstreben, bspw. Sinn, Nutzwerte und
Ethik (die sog. ’triple Skyline’). Die europäischen Bürger und Bürgerinnen und Unternehmen hätten
so die Möglichkeit, ethische Investitionen auf der Grundlage jener Werte zu tätigen, die den Verfassungen
der Mitgliedstaaten und den EU-Verträgen zugrunde liegen“, so der EWSA in seiner Stellungnahme vom 17. September
2015.
Beispiel Gemeinden: Die drei spanischen Gemeinden Miranda de Azán (Salamanca), Carcaboso (Extremadura) und
Orendain (Baskenland) sind die ersten Gemeinwohl-Gemeinden Spaniens. In Südtirol bilden die vier Gemeinden
Laas, Mals, Latsch und Schlanders die weltweit erste Gemeinwohl-Region. Ziel der Gemeinwohl-Ökonomie ist es,
auf kommunaler Ebene mit Wirtschaftskonventen Praxiserfahrung für einen demokratischen Prozess zur Neuformulierung
des Wirtschaftsteils der Verfassung zu sammeln.
Projekt Bank für Gemeinwohl vor Start
Das Projekt einer Bank für Gemeinwohl startete 2010 als Verein tatkräftiger Menschen, die entschlossen
waren, sich für einen Wandel am österreichischen Finanzmarkt persönlich zu engagieren. Durch die
Bankenkrise hatte ein großer Vertrauensbruch stattgefunden. Nun sollte eine Bank in Österreich entstehen,
die dieses Vertrauen wieder herstellt und zu den ursprünglichen Kerngeschäften von Geldinstituten zurückkehrt:
Kredite, Sparen, Zahlungsverkehr. „Wir werden eine Bank sein, die nicht zockt und die ihren Kunden und Kundinnen
transparent macht, was mit den anvertrauten Geldern passiert. Wir werden Projekte unterstützen, die dem Gemeinwohl
dienen, wie zum Beispiel alternative Energie, Wohnprojekte und Bildungsinitiativen“, erläuterte Vorständin
Christine Tschütscher die Pläne der zukünftigen Bank. In den letzten fünf Jahren ist viel passiert:
2012 wurde vom strategischen Bankenconsultant Ralf Widtmann ein Business Plan entwickelt. 2014 wurde die Bank als
Freie Genossenschaft eingetragen, seither schreitet die Gründung voran. Im zweiten Halbjahr 2015 wurden von
rund 2.800 Privatpersonen knapp zwei Millionen Euro an Startkapital gezeichnet. Diese Genossenschafterinnen und
Genossenschafter werden Teil einer visionären Community und können im Rahmen von Abstimmungen und Versammlungen
die Entwicklungen der Bank mitgestalten. Ab 200 Euro ist jede und jeder eingeladen, die Bank mitzugründen.
Zum kürzlich gewählten Aufsichtsrat zählen mehrere Bankvorstände anderer Institute – ein Zeichen
dafür, dass die Gründung der ersten ethischen Alternativbank in Österreich auch in der zukünftigen
KollegInnenschaft Rückhalt findet. Sobald sechs Millionen Euro Startkapital erreicht sind, wird der Banklizensierungsprozess
bei der österreichischen Finanzmarktaufsicht FMA begonnen. Demnächst wird der neue Vorstand Marktfolge
präsentiert.
UnternehmerInnen- und ExpertInnen-Zitate bei der Pressekonferenz:
Mag. Claudia Gutmann, Gemeinwohl-Beauftragte der Fachhochschule Burgenland: "Wir sind stolz auf unserer Vorreiterrolle,
als erste Hochschule Österreichs (und erste Fachhochschule Europas) eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt zu haben.
Gerade wir als öffentliche Organisation, die sich nicht am Gewinnstreben orientieren muss, sind prädestiniert
dafür, als Pioniere die Werte der Gemeinwohl-Ökonomie zu leben und in Form der Gemeinwohl-Bilanz auch
zu dokumentieren."
Prof. Dr. Gerald Hüther, Neurobiologe, Buchautor, Botschafter der Gemeinwohl-Ökonomie: "Wenn im
Gehirn eines jeden Menschen ein weitaus größeres Vernetzungspotenzial angelegt ist, als wir uns das
bisher vorstellen konnten, so sollten wir unser Zusammenleben so gestalten, dass sich dieses Potenzial auch wirklich
entfalten kann. Es wird Zeit, dass wir uns gemeinsam mit anderen auf den Weg machen. Nicht nur in Schulen, auch
in Kommunen und in Unternehmen, damit wir zu dem werden, was wir sein könnten: eine menschliche Gemeinschaft."
Dr. Ha Vinh Tho, Leiter des Zentrums für Bruttonationalglück in Bhutan: "Solange es keine Alternative
gibt, wissen es die Menschen nicht besser. Daher ist das Nachdenken über ein alternatives Wirtschaftssystem
sehr wichtig. Im Westen kommt das mehr von der Zivilgesellschaft, nicht von der Politik. Denken Sie an Umweltschutzbewegungen
oder die Gemeinwohl-Ökonomie."
Josef Umathum, ökologischer Weinbauer, Bank für Gemeinwohl-Genossenschafter: "Seit etwa einem Jahr
bin ich mit meinem Weingut Genossenschafts-Mitglied bei der Bank für Gemeinwohl. Der Erfolg eines Unternehmens
wird in unserer Gesellschaft immer nur in nackten Zahlen gemessen, dabei sind es ganz andere Werte die den Betriebserfolg
aufzeigen - gesunder Boden, lebendige Pflanzen, Biodiversität, engagierte Mitarbeiter. Gerade heute brauchen
wir mehr von diesem Gemeinwohl und daher unterstütze ich dieses Projekt."
Die Gemeinwohl-Ökonomie – Ein ethisches Wirtschaftsmodell.
Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) wurde 2010 vom Wirtschaftsreformer und Buchautor Christian Felber gemeinsam
mit einer Gruppe österreichischer Pionier-Unternehmen initiiert. Es handelt sich um ein ethisches Wirtschafts-
und Gesellschaftsmodell, dessen Ziel es ist, die freie Marktwirtschaft über einen demokratischen Prozess an
Gemeinwohl-Werten auszurichten.
Aktuell wird sie von über 2130 Unternehmen und Vereinen (wie z.B. aap.architekten, FH Burgenland, GEA, Göttin
des Glücks, Lebenshilfe Tirol, Sparda Bank München, Sonnentor, oder VAUDE) unterstützt, rund 250
haben eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt. Auch Gemeinden und Universitäten zählen zu den PionierInnen. Grundlage
für die internationale Verbreitung in mittlerweile 50 Staaten ist das Buch „Gemeinwohl-Ökonomie“, das
in 9 Sprachen vorliegt und bereits 70.000 mal verkauft wurde.
http://www.ecogood.org
Projekt Bank für Gemeinwohl – Österreichs erste ethische Alternativbank entsteht.
Zum ersten Mal entsteht eine Ethikbank, die den BürgerInnen Österreichs gehören wird und die sich
dem Gemeinwohl verschreibt: die Bank für Gemeinwohl. Sie lehnt Spekulation sowie intransparente Finanzprodukte
ab und besinnt sich auf das ursprüngliche Kerngeschäft von Banken: Sparen, Kredite, Zahlungsverkehr.
Diese Bank wird Kredite nur an Unternehmen vergeben, die Gemeinwohlorientierung nachweisen – nach Kriterien wie
Ökologie und Nachhaltigkeit.
Eine freie Genossenschaft trägt die zukünftige Bank und stellt das Startkapital zu Verfügung. Seit
dem Sommer 2015 haben fast 2.800 GenossenschafterInnen mehr als zwei Millionen Euro bereit gestellt Ab € 200,-
kann jede/r mitgründen und damit den Weg der Bank für Gemeinwohl mitgestalten. Alle Mitglieder haben,
unabhängig vom gezeichneten Zeichnungsbetrag, eine Stimme und werden somit Teil einer visionären Community.
http://www.mitgruenden.at
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