Wien (bader und team) - Von 22. Januar bis 22. Mai 2016 präsentiert das Kunst Haus Wien, ein Unternehmen
der Wien Holding, mit Peter Pillers „Belegkontrolle“ und Anita Witeks „About Life“ zwei neue Einzelausstellungen,
die sich der Fotografie als Werkstoff widmen. Das Zurückgreifen auf vorhandenes Bildmaterial – Peter Piller
entnimmt seine Bilder Zeitungen und Magazinen, Anita Witek bedient sich großformatiger Plakatwände und
Hochglanzzeitschriften – eint Piller und Witek in ihrer künstlerischen Praxis und ihrer Methodik, abgelegte
Gebrauchsfotografie neu aufzuladen.
Fotografie neu sehen und bearbeiten
In jeweils verschiedener Weise und nach unterschiedlichen Kriterien sichten und befragen beide KünstlerInnen
das Bildmaterial: Peter Piller reiht wiederkehrende Motive seines Zeitungsarchivs wie „Eis essende Mädchen",
Menschen, die „in Löcher blicken" oder die „Autos berühren" aneinander und schreibt beinahe
lyrische Geschichten mit dokumentarischen Bildern von Alltäglichkeiten. Anita Witek hingegen schneidet die
zentralen Figuren oder Objekte, die Begierden, Wünsche und Versprechungen verkörpern, radikal aus ihren
Bildern aus. Wo Piller Bild an Bild setzt, setzt Witek Schicht über Schicht. Piller gelingt es, durch das
Arrangieren von Bildern banaler Alltagsvorkommnisse, die Schaulust der Betrachter zu wecken, während es Anita
Witek darum geht, gerade die Funktionsweisen und Fallstricke dieser Schaulust zu enttarnen.
„Mit Peter Piller und Anita Witek zeigt das Kunst Haus Wien zwei fotografische Positionen, die in ihren Arbeiten
auf vorhandenes Fotomaterial zurückgreifen, dieses neu kombinieren, arrangieren bzw. montieren. Anita Witek
hat für die Ausstellung im Kunsthaus eine neue raumgreifende Fotoskulptur entworfen. Sie verwendete hierzu
Plakate aus vergangenen Kunst Haus-Ausstellungen wie jene von Robert Mapplethorpe und Man Ray und lässt damit
einen neuen Bildraum im Kunst Haus Wien entstehen“, so Bettina Leidl, Direktorin des Kunst Haus Wien.
Peter Pillers Bildarchiv entdecken
Mitte der 1990er Jahre begann Piller durch seine Arbeit bei einer Medienagentur besondere Fotografien zur Seite
zu legen und mit Kategorien zu versehen. Über Jahre hinweg ist das bis heute über 7.000 Bilder umfassende
„Archiv Peter Piller“ entstanden, das der Künstler immer wieder neu befragt und in thematische Werkgruppen
sortiert und ablegt. Das Kunst Haus Wien bietet mit der Ausstellung „Belegkontrolle“ nun einen Einblick in dieses
große Bildarchiv.
Das Verhältnis von Wort und Bild ist in Pillers Werk ein wichtiges Kriterium der Sichtung. In Gruppen arrangiert
und durch Titel kodiert, bringt Piller das gefundene oder zugespielte Bildmaterial in andere Kontexte und überführt
es so in eine neue künstlerische Ordnung.
Bei der Serie „Erscheinungen“ fungierte Piller auch als Fotograf. Wie bei den Serien „Bereitschaftsgrad“ und „Umschläge“
– Arbeiten, denen Magazine der 1960-80er Jahre zugrunde liegen – hat der Künstler den Bildern die Textstellen
genommen, nur die grafischen und fotografischen Elemente transportieren Information.
Eine Ausstellung des Kunst Haus Wien in Kooperation mit dem Fotomuseum Winterthur, der Städtischen Galerie
Nordhorn und der Kunsthalle Nürnberg.
Anita Witeks Bilderwelten in „About Life“
Die österreichische Künstlerin Anita Witek schöpft für ihre Arbeiten aus der Bilderwelt
der Gebrauchsfotografie. Sie findet ihr Material dabei in historischen wie aktuellen Magazinen genauso wie auf
Werbeplakaten. Diesen Rohstoff unterzieht sie einer kritischen Analyse, befragt die Bilder auf Vordergrund und
Hintergrund, entfernt zentrale Motive. Was für Anita Witek von Interesse ist, sind die Kulissen, Versatzstücke,
die wiederkehrenden Elemente in Bildarrangements – ein möglicher kollektiver Bildhintergrund. Das dabei entstandene
Material dient Witek als Bausatz für ihre Montagen. Im Gegensatz zur Collage, bei der die Elemente aufeinander
geklebt werden, legt Anita Witek die Teile in unterschiedlichen Arrangements übereinander, um sie anschließend
abzufotografieren. Ein Zustand wird fotografisch fixiert, die einzelnen Elemente sind anschließend für
neue Konstellationen wiederverwendbar. Nur im fotografischen Abbild ist die von der Künstlerin erschaffene
Welt existent, in der Realität ist sie Vergangenheit.
Die Bilder, die Anita Witek erschafft, eröffnen, wie bei der großen Serie „Ordinary Subjects Larger
Than Life” (2011) bühnenhafte Räume. Lifestyle- und Modemagazine dienen für die Dia-Installation
„Retour en forme“ (2008) als Ausgangsmaterial. Mit der Werkgruppe „Draft #EsIstSoWieEsScheint“ (2015) reflektiert
Anita Witek einmal mehr die Scheinwelt der Bilder aus Unterhaltungsmedien. Mit dem Entschluss installativ in den
Raum zu gehen, wird Anita Witeks Arbeit zur Skulptur. Das Ausgangsmaterial sind Plakate aus dem Archiv des Kunst
Haus Wien. Die Grundstruktur der fotografischen Skulptur, der Rahmen, ist dem Ausstellungsraum entlehnt. Das bislang
bloß imaginierte räumliche Erlebnis wird durch das Durchschreiten zur tatsächlichen Erfahrung.
|