Menschenrechtsausschuss im Zeichen des Asylgipfels
Wien (pk) - Kurz nach Beendigung des Asylgipfels stand am 20.01. die geplante Asyl-Obergrenze bzw. der zwischen
Bund, Ländern, Gemeinden und Städten vereinbarte Richtwert von 37.500 Flüchtlingen in diesem Jahr
im Mittelpunkt einer aktuellen Aussprache zwischen dem Menschenrechtsausschuss und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer.
Die Zahl habe sich von der Frage abgeleitet, was Österreich seriös bewältigen könne, um das
Land nicht über das Zumutbare hinaus zu belasten, wie Ostermayer erklärte. Beim Richtwert, der sich wie
beim Durchgriffsrecht an dem Wert von 1,5% der Wohnbevölkerung orientiert, handle es sich "letztendlich
um eine politische Festlegung". Nach der heute gefällten politischen Einigung soll nun ein Gutachten
erstellt werden, um das Vorhaben in verfassungs- und europarechtlicher Hinsicht zu prüfen. Es gehe jetzt darum,
das Vereinbarte in die Tat umzusetzen, so Ostermayer.
Grundsätzlich will die Bundesregierung den Flüchtlingszustrom nach Österreich deutlich reduzieren.
Für das bereits kontroversiell diskutierte Vorhaben "Asyl auf Zeit" gibt es Ostermayer zufolge einen
neuen Entwurf, der am Dienstag im Ministerrat beschlossen werden soll. Das neue Modell sei praktikabler als das
derzeit in Begutachtung befindliche, meinte der Minister, und sieht u.a. eine Limitierung der Aufenthaltsdauer
auf 3 Jahre vor. Asylberechtige sollen außerdem eine Karte bekommen, auf der der Name, ein Foto sowie der
Asylstatus abzulesen sind.
Kritik zur Asyl-Obergrenze kam von den Grünen. "Wie kann es sein, dass die Bundesregierung im Bewusstsein
der Genfer Flüchtlingskonvention und der geltenden Rechtslage allen Ernstes über Obergrenzen reden kann",
äußerte Alev Korun ihr Unverständnis und stellte die Frage in den Raum, wie die Regierung mit dem
37.501. Schutzsuchenden umgehen will. Zweifel an der praktischen sowie legistischen Umsetzung äußerte
ebenfalls Nikolaus Scherak (N). "Fakt ist, man kann das Asylrecht quantitativ nicht beschränken",
so seine Position. Scherak räumte zwar ein mögliches "faktisches Kapazitätsproblem" für
Österreich ein, die Lösungsvorschläge müssten aber zu Ende gedacht werden.
Probleme bei der legistischen Umsetzung von Asyl-Obergrenzen sah Georg Vetter von der ÖVP nicht. Es sei ein
Denkfehler, davon auszugehen, dass es sich beim Asylrecht um absolutes Recht handle, das nicht abgeändert
werden kann, meinte er und verwies auf die Güterabwägung.
Ostermayer: Müssen Druck auf andere Länder erhöhen
Konsens besteht laut Ostermayer darüber, die Flüchtlingsgründe an der "Quelle", sprich
in den Herkunftsländern, beseitigen zu wollen, die Kooperationen mit den Nachbarländern der Krisenregionen,
etwa der Türkei, dem Libanon und Jordanien voranzutreiben und sogenannte Hotspots an den EU-Außengrenzen
zu errichten. Zumindest bis Ende Februar sollen einige dieser Hotspots in Griechenland ausreichend funktionieren,
wie Ostermayer berichtete. Von Seiten Österreichs will man Druck ausüben, um die Umsetzung bereits getroffener
Vereinbarungen innerhalb der Europäischen Union, wie die faire Verteilung von 160.000 Flüchtlingen, voranzutreiben.
"Wir müssen den Druck auf die anderen Länder erhöhen", so der Kanzleramtsminister auf
Nachfrage von Elisabeth Pfurtscheller (V) und Petra Bayr (S).
Eine Forderung Österreichs innerhalb der EU ist außerdem ein neues Asylsystem, das Dublin II und Dublin
III gänzlich ablösen soll. Ein solches System könne etwa beinhalten, dass Hotspots an den EU-Außengrenzen
zugleich als Registrierstellen dienen, wo Schutzsuchende Asylanträge stellen. Von dort aus soll dann auch
die Verteilung in die EU-Mitgliedsstaaten erfolgen. Flüchtlinge können sich so nicht mehr selbst aussuchen,
in welchem Land sie Schutz suchen wollen.
Angesprochen von FPÖ und den Grünen auf das umstrittenen König Abdullah-Zentrum, kurz KAICIID, das
2011 in Wien für den interreligiösen und interkulturellen Dialog gegründet wurde, verwies Ostermayer
im Wesentlichen auf die Zuständigkeit des Außenministeriums. Die Finanzierungssituation - Hauptgeldgeber
ist Saudi-Arabien – habe sich aber nicht geändert, informierte er etwa Philipp Schrangl (F). Hinsichtlich
neuer Kooperationspartner habe es Gespräche mit Japan und Kanada gegeben.
Sicherung der Kinderrechte bleibt Thema
Kinderrechte beschäftigten den Ausschuss im weiteren Verlauf der Sitzung. Österreich habe die in der
UN-Kinderrechtskonvention eingeräumten Rechte von Kindern nur teilweise und unvollständig umgesetzt,
kritisierte NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak: "Kinder haben in Österreich nicht alle Rechte und können
sie außerdem nicht international einklagen". Das 3. Fakultativprotokoll zur Konvention, das Kindern
oder ihren VertreterInnen Individualbeschwerden an den Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen erlaubt, sei
nämlich immer noch nicht ratifiziert. Seinen Appell für die uneingeschränkte verfassungsrechtliche
Verankerung des "Übereinkommens über die Rechte des Kindes", wie die Konvention offiziell heißt,
konkretisierte der Menschenrechtssprecher in einem Gesetzesantrag (788/A), der das entsprechende Bundesverfassungsgesetz
abändert. Uneingeschränkten Beifall erhielt er dafür aber nur bei den Grünen.
Elisabeth Pfurtscheller (V) plädierte für eine Vertagung des Antrags, da nach dem Gleichheitsprinzip
auch sämtliche Rechte von Frauen und Menschen mit Behinderung Verfassungsrang erhalten müssten und Angela
Lueger (S) äußerte in Bezug auf das fragliche Fakultativprotokoll Bedenken, dadurch ermöglichte
Individualbeschwerden könnten bei Sorgerechtsstreitigkeiten missbraucht werden. Abgesehen davon seien einige
Teile des Protokolls hierzulande bereits umgesetzt und jene der insgesamt 54 Artikel der Kinderrechtskonvention,
die nicht in der Verfassung sind, fänden sich in anderen Gesetzen. Mit Stimmen der Regierungsfraktionen wurde
die Initiative folglich vertagt.
Neben der verfassungsrechtlichen Implementierung der gesamten Kinderrechtskonvention fordern die NEOS die Einrichtung
eines Nationalen Menschenrechtsinstituts, das mit eigenen Kommissionen das menschenrechtskonforme Vorgehen der
Behörden sicherstellt – speziell in Justizanstalten und bei der Polizei. Wichtig ist Antragsteller Scherak
dabei die politische und finanzielle Unabhängigkeit des Instituts, dessen Mitglieder verfassungsrechtlich
transparent zu bestellen seien (1091/A(E)).
Unter den übrigen Fraktionen fanden die NEOS aber kaum MitstreiterInnen für dieses Anliegen; dementsprechend
wurde ihr Antrag abgelehnt. Alev Korun (G) teilte zwar die Forderung, gemäß Pariser Prinzipien sei die
Unabhängigkeit nationaler Menschenrechtsinstitute zu gewährleisten. Sie sieht aber eine Verbesserung
des Bestellmodus bei der dazu in Österreich bestehenden Institution, der Volksanwaltschaft, zielführender
als den Aufbau eines weiteren Instituts mit gleicher Aufgabe. Seitens der SPÖ wandten sich Harald Troch und
Hannes Fazekas entschieden gegen die Schaffung einer "Parallelstruktur", wie Troch formulierte. Die Unabhängigkeit
der Volksanwaltschaft sei angesichts des parlamentarischen Bestellmodus, aus dem jeweils drei PräsidentInnen
unterschiedlicher parteipolitischer Zugehörigkeit als repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung
hervorgingen, nicht in Frage zu stellen. Zumal die Kommissionen der Ombudseinrichtung, die gemäß UN-Abkommen
zur präventiven Menschenrechtskontrolle Einrichtungen wie Justizanstalten, Jugend-, Behinderten-, und Pflegeheimen
sowie Polizeianhaltezentren besuchen, zahlreiche NGO-VertreterInnen als Mitglieder hätten, wie Franz-Joseph
Huainigg anfügte. Gleiches gelte für den Menschenrechtsbeirat der Volksanwaltschaft.
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