EU-Agrarkommissar betont Einbindung der nationalen Parlamente
Brüssel/Wien (pk) - Die Europäische Union wird nicht zulassen, dass es im Zuge des Transatlantischen
Freihandelsabkommens TTIP zu einer Verwässerung der hohen Lebensmittelstandards und zu Abstrichen beim Tierschutz
kommt. Bei seinem Treffen mit österreichischen Abgeordneten aus dem Landwirtschaftsausschuss im Parlament
steckte EU-Agrarkommissar Phil Hogan am 20.01. diesbezüglich die "roten Linien" für die Verhandlungen
mit den USA ab und stellte zudem klar, dass ein Abschluss des Vertragswerks jedenfalls die Zustimmung der nationalen
Parlamente benötigt. Die Union nehme die Bedenken der Bevölkerung ernst, niemandem "werde etwas
übergestülpt", versicherte er. Hogan bekannte sich überdies zur Erhaltung der bäuerlichen
Familienbetriebe und kündigte eine Exportoffensive sowie Vereinfachungen bei der Abwicklung der Förderungsanträge
an.
EU-Kommissar kündigt Verwaltungsvereinfachungen bei Förderungsanträgen an
Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) baue auf dem von EU-Kommissar Franz Fischler begonnenen Reformweg
auf, erinnerte Hogan, der der österreichischen Landwirtschaftspolitik großes Lob spendete. Durch die
für dieses Jahr vorgesehenen Vereinfachungen der GAP soll nun die Zahl der Verordnungen von 200 auf rund 40
bis 50 reduziert und der Zugang der Landwirte zu den Förderungen erleichtert werden. Große Bedeutung
räumt Hogan dabei den geplanten Vorab-Abgleichen ein, die es ermöglichen werden, kleine Fehler in den
Anträgen auf kurzem Weg zu korrigieren. Reduzieren will die Union auch die Anzahl der Kontrollen. "Die
Bauern sollen keine Angst mehr vor den Kontrolloren haben", betonte Hogan.
Hogan sieht ökologische Landwirtschaft als Win-win-Situation
Weiters kündigte der Agrarkommissar eine Überprüfung des "Greenings" und der ökologischen
Vorrangsgebiete an und sprach sich für eine verstärkte Förderung des Biolandbaus aus. Gerade Österreich
habe gezeigt, dass eine umwelt- und klimaverträgliche Landwirtschaft eine Win-win-Situation für alle
Beteiligten darstellt. Priorität werde darüber hinaus auch der Erschließung von neuen Märkten
für die nachhaltigen, qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Produkte eingeräumt, wobei den geschützten
geografischen Angaben spezielle Bedeutung zukommt.
Auch Rupprechter für "rote Linien" bei TTIP-Verhandlungen
Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter würdigte ebenso wie Ausschuss-Obmann Jakob Auer (V) das große
Engagement Hogans für die Landwirtschaft und die bäuerlichen Familienbetriebe und bezeichnete den EU-Kommissar
als Garant für Stabilität in der Landwirtschaftspolitik. Ausdrücklich begrüßte der Ressortchef
die Aussagen Hogans zu TTIP und appellierte auch seinerseits an die Union, sich bei den Verhandlungen an "rote
Linien" zu halten und nicht Kompromisse zu schließen, die dann keine Zustimmung finden. Klar ist für
Rupprechter überdies, dass gerade in den Bereichen Schweinefleisch und Milchwirtschaft noch weitere Anstrengungen
seitens der EU erforderlich sein werden, um auf die schwierige Marktsituation zu reagieren.
ÖVP bekennt sich zu den bäuerlichen Familienbetrieben
Die GAP-Reform garantiere nun, dass Österreich seinen Weg einer ökologisch nachhaltigen Landwirtschaftspolitik
fortsetzen kann, zeigte sich auch ÖVP-Abgeordneter Nikolaus Berlakovich erfreut. Er untermauerte in diesem
Zusammenhang sein Bekenntnis zu einer bäuerlichen, kleinstrukturierten und gentechnikfreien Landwirtschaft.
An Hogan richtete Berlakovich den Wunsch nach Maßnahmen, um die Produktion von Eiweißfrüchten
in Europa und Österreich zu forcieren. Seine Fraktionskollegen Hermann Gahr und Franz Eßl plädierten
für ein objektives und nachvollziehbares System bei der Almflächenfeststellung, während Manfred
Hofinger (V) seiner Sorge um die Preissituation auf dem Milchmarkt Ausdruck verlieh.
SPÖ will den ländlichen Raum stärken
Die Stärkung des ländlichen Raums sowie eine bessere Absicherung der Biobetriebe unter Betonung der Regionalität
der Produktion sind die Anliegen von Erwin Preiner (S). Bei TTIP kritisierte der Landwirtschaftssprecher der SPÖ
vor allem mangelnde Transparenz und forderte die Einbindung der nationalen Parlamente in den Verhandlungs- und
Entscheidungsprozess. Marianne Gusenbauer-Jäger (S) sah die Politik aufgefordert, Impulse für den ländlichen
Raum zu setzen und Arbeitsplätze für jene zu schaffen, die ihre Bauernhöfe aufgeben. Wolfgang Knes
(S) trat für die Unterstützung der sozialen Dienste im ländlichen Raum ein. Für Maximilian
Unterrainer (S) wiederum besteht Handlungsbedarf bei den Agrarförderungen. Sein Vorschlag einer Streichung
der Unterstützung aus der ersten Säule der GAP fand allerdings keine Zustimmung bei Phil Hogan.
FPÖ für Stopp der Russland-Sanktionen
Namens der Freiheitlichen drängte Harald Jannach auf eine rasche Beendigung der Russland-Sanktionen, um weiteren
Schaden für die Landwirtschaft abzuhalten. Bei TTIP geht es dem FPÖ-Agrarsprecher ebenfalls um die Beibehaltung
der hohen heimischen Lebensmittelstandards, wobei er allerdings Verbesserungsbedarf in Sachen Ursprungsbezeichnungen
ortete. Die aktuelle Regelung biete für die KonsumentInnen keine Klarheit über die tatsächliche
Herkunft der Produkte, wandte er ein. Kritisch sah Jannach zudem auch das System der Agrarförderungen. Hier
wäre eine Verschiebung weg von den großen Betrieben und hin zu den kleinen Familienbetrieben angebracht,
meinte er.
Grüne bekräftigen Vorbehalte gegen TTIP
Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber untermauerte die Vorbehalte seiner Fraktion gegenüber
TTIP, wobei er vor allem Einbußen bei Preisen und Qualität sowie eine Existenzgefährdung für
die landwirtschaftlichen Betriebe befürchtete. Gentechnikfreiheit, Aufrechterhaltung der hohen Standards in
der Lebensmittelproduktion und beim Tierschutz dürften nicht zur Disposition gestellt werden, mahnte er und
forderte von Hogan diesbezüglich "No-gos" ein. Sorgen bereitet Pirklhuber auch die Erwartung, dass
der von TTIP beabsichtigte Zollabbau zu einer Zunahme der Importe von landwirtschaftlichen Produkten aus den USA
führen werde.
NEOS und Team Stronach für Unterstützung der regionalen Produktion
Die Unterstützung der regionalen landwirtschaftlichen Produktion haben sowohl NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn
als auch Leopold Steinbichler vom Team Stronach auf ihre Fahnen geheftet. Schellhorn machte sich in diesem Zusammenhang
vor allem für eine Verknüpfung von Landwirtschaft und Tourismus stark, während der Team Stronach-Agrarsprecher
schwere Bedenken gegen die derzeitige Regelung der geografischen Angaben anmeldete, die seiner Meinung nach keinerlei
Klarheit über die tatsächliche Provenienz der Produkte gibt. Heftige Kritik übte Steinbichler auch
am immer stärker zunehmenden Import von Palmöl, wobei er argumentierte, diese Entwicklung sei weder umwelt-
noch klimapolitisch zu vertreten.
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