Das kurzfristige Aussetzen von Arbeitsverhältnissen spielt eine bedeutende Rolle in Österreich
Wien (wifo) - Die kurzfristige Unterbrechung von Beschäftigungsverhältnissen ist in Österreich
eine in vielen Betrieben gängige Praxis. 6,5% des Jahresdurchschnittsbestandes an Beschäftigungsverhältnissen
sind betroffen, mit leicht steigender Tendenz. Diese Strategie kann zur Abfederung branchenspezifischer Saisonschwankungen
oder auch zum Ausgleich konjunkturbedingter Veränderungen des Arbeitskräftebedarfs eingesetzt werden.
Die freigesetzten Arbeitskräfte sind während der Unterbrechung häufig arbeitslos und beziehen Leistungen
aus der Arbeitslosenversicherung. Dadurch können Betriebe ihre Personalkosten sehr flexibel anpassen, verursachen
aber Arbeitslosigkeit und damit eine beachtliche Belastung der öffentlichen Hand.
Unternehmen setzen unterschiedliche Flexibilisierungsstrategien ein, um betriebsinternen Schwankungen des Arbeitskräftebedarfs
möglichst kostengünstig zu begegnen. Dazu zählen flexible Arbeitszeitmodelle und leistungsabhängige
Entlohnung ebenso wie Anpassungen des Personalbestandes durch Einstellungen und Entlassungen, Outsourcing oder
auch die Nutzung von befristeter Beschäftigung und Leiharbeit. Eine Flexibilisierungsstrategie wurde bisher
im politischen Diskurs und in der empirischen Forschung weitgehend ausgeklammert: die vorübergehende Kündigung
("Layoff") und anschließende Wiedereinstellung von Beschäftigten durch denselben Arbeitgeber
("Recall") - kurz "temporäre Layoffs".
Um kurzfristige Nachfrageschwankungen abzufedern, kündigen viele Betriebe in Zeiten geringer Auslastung einen
Teil ihrer Belegschaft -häufig mit einer Wiedereinstellungszusage - und stellen dieselben Personen bei verbesserter
Auftragslage wieder ein. Dadurch sparen sie in Phasen schwachen Wachstums Personalkosten. Die während der
Arbeitslosigkeit von den freigesetzten Arbeitskräften bezogenen Existenzsicherungsleistungen könnten
oftmals als impliziter Bestandteil des vereinbarten Lohnes aufgefasst werden. Sobald sich der Arbeitskräftebedarf
wieder erhöht, können die Betriebe auf bewährte, bereits betriebsspezifisch qualifizierte Arbeitskräfte
zurückgreifen. Sie vermeiden durch temporäre Layoffs die üblicherweise mit einer Beschäftigungsbeendigung
verbundenen Nachteile wie den Verlust betriebsspezifischen Humankapitals und die Kosten einer Neueinstellung (etwa
von Personalsuche, Personalauswahl und Einschulung).
Diese Praxis hat über die betroffenen Betriebe und Arbeitskräfte hinaus Konsequenzen für die Systeme
der sozialen Sicherheit, da die freigesetzten Arbeitskräfte zu einem großen Teil während der Beschäftigungsunterbrechung
arbeitslos vorgemerkt sind und Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen. Temporäre Layoffs bedeuten
folglich eine vorübergehende Verlagerung von Auslastungsrisiken auf die betroffenen Arbeitskräfte und
von Teilen der Personalkosten auf die öffentliche Hand. Diskontinuierliche Erwerbsverläufe und zusätzliche
Ausgaben des sozialen Sicherungssystems sind die Folge.
Eine aktuelle Untersuchung des WIFO zeigt auf, dass temporäre Layoffs in Österreich eine bedeutende Rolle
spielen. Im Jahr 2013 waren 11,8% aller Neueinstellungen Wiedereinstellungen von temporär Arbeitslosen bei
demselben Arbeitgeber innerhalb einer Zeitspanne von einem halben Jahr. 6,5% des Jahresdurchschnittsbestandes an
Beschäftigungsverhältnissen entfielen auf Arbeitskräfte, deren Beschäftigungsverhältnisse
kurzfristige Unterbrechungen ("Recalls") aufwiesen. Die registrierte Arbeitslosigkeit während temporärer
Layoffs erreichte - unter Berücksichtigung von Wiedereinstellungen innerhalb eines halben Jahres - etwa 12,7
Mio. Tage und trug damit ein Achtel zur registrierten Gesamtarbeitslosigkeit bei. Dies war mit Kosten von rund
360 Mio. € für Existenzsicherungsleistungen der Arbeitslosenversicherung verbunden.
Rund die Hälfte der Recalls entfallen auf Bauwirtschaft, Tourismus und Landwirtschaft - Bereiche, die stark
durch saison- bzw. wetterabhängige Schwankungen der Beschäftigung geprägt sind. Temporäre Layoffs
sind aber auch in anderen Wirtschaftsbereichen zu beobachten. So ist z. B. in der Vermittlung und Überlassung
von Arbeitskräften jedes achte Beschäftigungsverhältnis ein Recall. Auf die Warenherstellung entfielen
im Jahr 2013 6,2%, auf den Handel 5,2%, auf Verkehr und Lagerei 5,1% und auf den Bereich "Öffentliche
Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung" 3,7% aller Wiedereinstellungen.
Innerhalb der Branchen ist das Ausmaß der Verwendung temporärer Layoffs sehr unterschiedlich. Betriebe,
die über hohen Beschäftigungsumschlag viel Arbeitslosigkeit herbeiführen, verursachen die gleiche
Beitragslast zur Finanzierung der Arbeitslosenversicherung wie Betriebe, die hohe Beschäftigungsstabilität
bieten und dadurch wenig Arbeitslosigkeit verursachen. Ein Ausbau von Elementen des Experience Rating in der Arbeitslosenversicherung
könnte zur Internalisierung der vom Arbeitslosenversicherungssystem getragenen Kosten beitragen und somit
den Anreiz verringern, das System der Arbeitslosenversicherung zur Finanzierung kurzfristiger Auslastungsschwankungen
zu missbrauchen. Ziel sollte dabei sein, stärkere Anreize zu einer kontinuierlichen Beschäftigung von
Arbeitskräften zu setzen, ohne die notwendige Reallokation auf dem Arbeitsmarkt zu behindern.
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