Gleichbehandlungsausschuss bespricht sich mit Sozialpartnern
Wien (pk) - Der letzte Bericht zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen des Frauenministeriums zeigt,
dass der Gender Gap am österreichischen Arbeitsmarkt noch immer hoch ist. Rund drei Viertel jener, die in
Österreich in Teilzeit arbeiten, sind Frauen zwischen 25 und 49 Jahren mit Kindern. Die Einkommensschere zwischen
Frauen und Männern macht sich dabei auch in den Kollektivverträgen bemerkbar. Warum die Situation für
Frauen am Arbeitsmarkt trotz aller Bemühungen gegen Entgeltdiskriminierung noch immer keine bessere ist, wollte
der Gleichbehandlungsausschuss am 19.01. in einer allgemeinen Aussprache mit den Präsidenten der Arbeiter-
, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer sowie dem Österreichischen Gewerkschaftsbund besprechen. Der Einladung
sind aber nicht die Sozialpartner-Chefs selbst gefolgt, sondern ihre VertreterInnen Alice Kundtner (AK), Anna Maria
Hochhauser (WKO), Josef Plank (LKÖ) sowie Bernhard Achitz (ÖGB), was im Ausschuss wiederum besonders
bei den Grünen und der FPÖ zu Kritik führte und etwa von Seiten Carmen Schimaneks (F) als "Nichtachtung
des Parlaments" ausgelegt wurde.
Heinisch-Hosek will Gesetz für Einkommenstransparenz "nachschärfen"
In ihrem Einleitungsstatement meinte die Frauenministerin, dass es ein "Bündel an Maßnahmen"
etwa auch in der Familien- und Länderpolitik brauche, um die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern
zu verringern. Sie selbst steht dafür ein, beim Gesetz zur Einkommenstransparenz und den verpflichtenden Gehaltsangaben
bei Stellenausschreibungen nachzuschärfen.
"Der Gender Pay Gap muss weiter geschlossen werden. Gleichwertiger Lohn für gleichwertige Arbeit,"
sagte auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer, für den es als SPÖ-Kandidat für die Bundespräsidentenwahl
der letzte parlamentarische Ausschuss als Sozialminister war. Die erst kürzlich verabschiedeten gesetzlichen
Schritte, etwa die Informationspflicht für Unternehmen gegenüber Teilzeitbeschäftigten, wenn eine
Vollzeitstelle ausgeschrieben wird, oder die arbeitsrechtlichen Verbesserungen bei All-In-Verträgen müssten
weiter fortgeführt werden. Aus seiner Sicht sind es nämlich diese "kleinen Maßnahmen",
die die Vereinbarkeitsfrage verbessern können. Es sei zwar ein Beschäftigungsanstieg bei Frauen zu verzeichnen,
besonders aber bei jenen zwischen 55 und 60 Jahren müsse die Situation noch verbessert werden.
Geht es um Frauenteilzeit, ist für Heinisch-Hosek der bundesweite Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen
"das Gebot der Stunde". Hundstorfer machte klar, dass herbeigewünschte Öffnungszeiten von 60
Stunden pro Woche mit ausschließlich Vollzeitarbeitsplätzen nicht abzudecken seien. Aus diesem Grund
gebe es etwa im Einzelhandel vermehrt Teilzeitjobs. "Es ist aber besser, ich steige mit Teilzeit ein, als
gar nicht", meinte er. Als Verpflichtung erachtete es Hundstorfer zudem, Frauen über Arbeitszeitmodelle
ausreichend zu informieren. Dass in Österreich so wenige Männer Teilzeitjobs haben, sei mit Blick nach
Skandinavien zudem gesellschaftspolitisch begründet.
Angesprochen von Elisabeth Grossmann (S) auf die Situation von Migrantinnen, verwies der Sozialminister auf das
Zusatzbudget von 70 Mio. € für Asylberechtigte, von denen wiederum die Hälfte, wie bei der aktiven Arbeitsmarktförderung
der Fall, an Frauen geht. "Die Grundsatzlogik wird auch hier durchgezogen", so Hundstorfer.
Achitz kann sich anonymisierte Bewerbungen vorstellen
Der leitende Sekretär des ÖGB Bernhard Achitz sagte, dass durch die verpflichtenden Einkommensberichte
für ArbeitgeberInnen, die mehr als 150 ArbeitnehmerInnen beschäftigen, Diskriminierung abgebaut werden
konnte. Als einen wesentlichen Schritt sah er zudem die verpflichtenden Gehaltsangaben bei Stelleninseraten, regte
zugleich aber auch eine Ausweitung auf den Öffentlichen Dienst an. Dass Kollektivverträge seit nunmehr
zwei Jahren online abrufbar sind, helfe Frauen zudem bei Gehaltsverhandlungen. "Kollektivverträge sind
ein wesentliches Instrument, um Diskriminierung vorzubeugen", meinte er, aber auch das beste Instrument könne
falsch angewendet werden. So würden etwa vermehrt Frauen in der falschen Entlohnungsgruppe unterentlohnt werden.
Als weitere Maßnahme gegen Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern kann sich Achitz anonymisierte
Bewerbungen vorstellen. Diese Option sollte aus seiner Sicht evaluiert werden. In Sachen Einkommensberichte müssten
ihm zufolge "überbordende Geheimhaltungsbestimmungen" gelockert werden, um es BetriebsrätInnen
zu ermöglichen, die Belegschaft im Unternehmen zu informieren.
Plank: Hohe Flexibilität in der Landwirtschaft kommt Frauen entgegen
Josef Plank, Generalsekretär-Stellvertreter der Landwirtschaftskammer Österreich berichtete dem Gleichbehandlungsausschuss,
dass 35% der bäuerlichen Betriebe von Frauen geführt werden. Obwohl es in der Landwirtschaft zirka 70
unterschiedliche Berufsbilder gibt, existieren in diesem Sektor noch immer traditionelle frauen- sowie männerdominierende
Berufe, was sich auch im Gehalt widerspiegeln würde, so Plank. An sich gehe man in der Land- und Forstwirtschaft
aber einen guten Weg in der Frage der Gleichbehandlung. Was den Frauen in der Landwirtschaft aber entgegenkommen
würde, sei die hohe Flexibilität.
Kundtner: Längere Abwesenheiten von Frauen am Arbeitsmarkt vermeiden
Alice Kundtner, Direktor-Stellvertreterin und Bereichsleiterin für Soziales der Bundesarbeiterkammer brachte
die Problematik bei der Berechnung von Einkommensunterschieden in die Diskussion ein. Es komme darauf an, in welcher
Berufssparte man sich befinde, dennoch würden Frauen grundsätzlich noch immer als "Zuverdienerinnen"
gesehen. Frauen würden aber auch weniger stark um ihr Gehalt verhandeln, meinte sie. Was die Einkommensberichte
betrifft, müssten die Ergebnisse und Analysen nun in die Personalentwicklung von Betrieben einfließen.
Die größte Ursache für die Einkommensunterschiede ist aus ihrer Sicht aber die Arbeitszeit. Handlungsbedarf
sah sie auch in Sachen Einkommenstransparenz. Wichtig sei zudem die Abkehr von traditionellen Rollenbildern, meinte
sie und sprach sich deswegen für den sogenannten Papamonat aus, um längere Abwesenheiten von Frauen auf
dem Arbeitsmarkt zu vermeiden.
Hochhauser: Von Diskriminierung kann keine Rede sein
Die Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich, Anna Maria Hochhauser, verwies darauf, dass es
bei Zahlen über Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern unterschiedliche Studien mit unterschiedlichen
Ergebnissen gebe. An sich könne von Diskriminierung keine Rede sein, meinte sie. Berücksichtige man nämlich
objektive Faktoren wie das Alter, die Berufserfahrung oder die Arbeitszeit, ergebe sich ein Wert von lediglich
5,4%. Trotzdem dürfe dieser Wert nicht totgeschwiegen werden, obwohl das Credo "gleicher Lohn für
gleiche Arbeit" aus Sicht Hochhausers der Realität entspricht. Rund 99% der ArbeitnehmerInnen in Österreich
seien durch Kollektivverträge abgedeckt, führte die WKO-Generalsekretärin ins Treffen. Bei der Einkommenstransparenz
gesetzlich nachzubessern, ist für sie deshalb nicht notwendig. Angesetzt werden müsse hingegen beim Abbau
von Stereotypen in der Berufswahl und dem flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung, um Frauen mehr Vollzeitbeschäftigung
zu ermöglichen.
Dass auch der Öffentliche Dienst bei den Einkommensberichten nachziehen soll, erachtet neben Achitz auch Plank
für erforderlich. Von Sanktionen gegenüber Unternehmen hielt er nichts. Auch Hochhauser meinte, dass
man keine Strafkultur fördern dürfe, mit Anreizen für Betriebe könne man aus ihrer Sicht mehr
für Frauen erreichen. Gegen Sanktionen wandte sich außerdem Dorothea Schittenhelm (V). Berivan Aslan
(G) hingegen sprach sich dafür aus, die Einkommensberichte zu verbessern. Unternehmen müssten daraus
aber auch die notwendigen Handlungen setzen, sonst würden diese nichts bringen, gab sie zu bedenken.
Für den Abbau der "strukturellen Benachteiligung" von Frauen, etwa wenn diese durch fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten
zur Teilzeit gezwungen werden, trat Claudia Gamon (N) ein. Christoph Hagen (T) meinte, dass es in vielen Fällen
zu einfach gemacht werde, in Teilzeit zu arbeiten. Frauen werden aus seiner Sicht zu viele Anreize gegeben, nur
50% zu arbeiten.
Die FrauensprecherInnen werden nächste Woche darüber beraten, die Präsidenten der Sozialpartner
im zweiten Halbjahr erneut zu einer Aussprache in den Gleichbehandlungsausschuss einzuladen.
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