Schandlöhne, Abgabenbetrug, keine Gewährleistung: Ausländische Anbieter nehmen
der heimischen Bau- und Transportwirtschaft mit Billigstangeboten die Aufträge weg.
Klagenfurt (wkk) - Von 273 im Jahr 2015 in Kärnten tätigen ausländischen Betrieben haben
sich 234 nicht an die sozial- und abgabenrechtlichen Bestimmungen gehalten. Diese Horrorzahlen gab der Leiter der
Finanzpolizei in Kärnten und der Steiermark, Rigobert Rainer, am 28.01. bei einem gemeinsamen Pressegespräch
mit Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl und dem Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk, Klaus Peter
Kronlechner, bekannt. Obwohl nur acht Prozent der Kontrollen der Finanzpolizei auf diesen Bereich entfallen, machen
sie mehr als 50 Prozent der gesamten Strafanträge aus. Rainer: „Das hat massive Auswirkungen auf die heimischen
Betriebe, denen die Aufträge abgehen, und auf den Fiskus, dem die Steuereinnahmen fehlen.“
Eine Entwicklung, die auch WK-Präsident Jürgen Mandl nicht tatenlos hinnehmen will: „Die Märkte
sind hart umkämpft, und es tut unendlich weh, wenn man als Unternehmer dem Wettbewerb nicht mit fairen Mitteln
begegnen kann.“ Dies gilt auch für die transportierende Wirtschaft, wenn slowenische Frächter ohne Beachtung
der EU-weit geltenden Kabotagebestimmungen in Österreich Transportdienstleistungen erbringen. Man werde allerdings
deshalb nicht die sozialen Standards nach unten drehen und die Mitarbeiter auch weiterhin adäquat entlohnen,
versicherte Mandl: „Drei Euro Stundenlohn, die die ausländischen Arbeitnehmer hier oft bekommen – das entspricht
nicht unserer Kultur und Umgebung.“
Die Auswirkungen dieses unfairen Wettbewerbs sind aber dramatisch, betont Spartenobmann Kronlechner: „Leider sind
die heimischen Betriebe auf Grund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen gegenüber den ausländischen
Mitbewerbern extrem benachteiligt. Vor allem in Grenzregionen verzeichnen bauschaffende Betriebe Umsatzrückgänge
bis zu 50 Prozent. Umgekehrt müssen unsere Firmen, wenn sie beispielsweise nach Ungarn oder Slowenien Dienstleistungen
erbringen, umfangreiche Vorschriften beachten. Das kann zum Abbau weiterer Arbeitsplätze und zu einem massiven
Kaufkraftverlust führen.“ Dieser Trend trifft den Arbeitsmarkt zu einem äußerst ungünstigen
Zeitpunkt: Noch nie seit 1988 – dem Beginn der verfügbaren Aufzeichnungen – waren in Kärnten im Dezember
so viele Menschen arbeitslos. 32.436 Kärntnerinnen und Kärntner waren laut AMS Statistik mit Jahresende
als Arbeit suchend gemeldet. Davon waren im Dezember speziell in der Bauwirtschaft über 6.500 Personen ohne
Beschäftigung.
Finanzpolizei und Wirtschaftskammer wollen auf diese Missstände nun mit einer gemeinsamen „Aktion scharf“
reagieren. Während die WK mit einer Informationsoffensive auch in den jeweiligen Landessprachen die ausländischen
Betriebe über die rechtliche Situation in Österreich aufklären wird, setzt Finanzpolizei-Chef Rainer
auf repressive Betrugsbekämpfung: „Wir werden sicherstellen, dass die heimischen Betriebe gleiche Voraussetzungen
im Wettbewerb haben.“ Dazu filtert die Finanzpolizei Risikofälle aus den 114.000 ausländischen Unternehmen,
die sich in den beiden vergangenen Jahren gemäß dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG)
der Zentralen Koordinationsstelle (ZKO) für die Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung des Bundesministeriums
für Finanzen gemeldet haben. Zusätzlich werden in den kommenden Monaten entsprechende Firmenfahrzeuge
an allen Kärntner Grenzübergängen penibel kontrolliert, ob die Tätigkeit ordnungsgemäß
angemeldet wurde. Weitere Kontrollen auf den entsprechenden Baustellen sind ebenfalls geplant. Die Folgen für
ausländische Unternehmen, die gegen das AVRAG oder das Lohn- und Sozialdumpinggesetz verstoßen, können
gravierend sein, unterstreicht Rainer: „Seit einer Gesetzesnovelle im vergangenen September ist die Finanzpolizei
berechtigt, im Falle von Gesetzesverstößen auch Geräte zu beschlagnahmen und Sicherheitsleistungen
– also Bargeld - einzuheben.“
Die Aktion richtet sich gegen ausführende ausländische Firmen, nicht gegen deren inländische Auftraggeber.
Die könnten aber mit einem vermeintlichen Billigangebot schon genug gestraft sein, warnt Mandl: „Die angeblich
günstigen Preise im Vergleich zur heimischen Wertarbeit entstehen meist aus mangelnder Qualität bei Material
und Ausführung und durch die fehlende Gewährleistung. Mängel treten oft erst nach Jahren auf, und
einen Gewährleistungsprozess in einem der Herkunftsländer durchzusetzen – da wünsche ich jeder privaten
Kundschaft viel Glück.“
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