IV-GS Neumayer zu aktuellen Konjunkturdaten: Klarer Auftrag für weitere vertrauensbildende
und potentialstärkende Maßnahmen
Wien (pdi) - Die internationalen Börsen präsentieren sich zu Jahresbeginn in einer schwachen Verfassung.
So markant der Fehlstart an den Aktienmärkten ausgefallen ist, so gering ist er mit der tatsächlichen
Konjunkturentwicklung verknüpft. Vielmehr handelt es sich um die Korrektur einer Hausse, die von einer unkonventionellen
Geldpolitik, welche auf negative Einlagezinsen und – global betrachtet – billionenschwere Anleihenkäufe setzt,
befeuert wurde. Vorübergehend wurden im Ergebnis ambitionierte Bewertungsniveaus erreicht, sodass für
sich genommen wiederholt zu beobachtende, wenngleich eher kleine Unterschreitungen der erwarteten makroökonomischen
Dynamik genügten, um eine kräftige Kurskorrektur auszulösen.
Denn schon seit dem Sommer hat sich das globale Konjunkturumfeld abgekühlt. Sowohl in China als auch in den
USA hat sich diese Tendenz über den Jahreswechsel hinweg fortgesetzt. Der Verfall des Ölpreises, noch
verstärkt durch die Rückkehr des Irans auf die internationalen Märkte, und der Preise für Industrierohstoffe
spiegeln die globale Nachfrageschwäche wider. Selbige bremst die Erholung in Europa zwar, hält sie aber
(noch) nicht auf. Dementsprechend „berichten die Unternehmen einerseits von einem stabilisierten Geschäftsgang,
andererseits überwiegt ein skeptischer Tenor bei den Geschäftsaussichten“, so der Generalsekretär
der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit IV-Chefökonom
Dr. Christian Helmenstein zu den Ergebnissen des aktuellen Konjunkturbarometers aus dem 4. Quartal 2015 am 26.01.
Das IV-Konjunkturbarometer, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage
und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, erholt sich nach dem Rücksetzer im Vorquartal und
steigt von +16 Punkten auf +22 Punkte. Dieser Wert übertrifft zwar die bisherigen Ergebnisse des Jahres 2015,
liegt aber nach wie vor hinter den Werten der beiden letzten Erholungsphasen 2010/2011 und 2013/2014 zurück.
Getragen wird der Anstieg von einer verbesserten aktuellen Geschäftslage (+46 nach +35 Punkten). „Hingegen
verharren die Geschäftserwartungen nach ihrem Einbruch im Herbst weiterhin auf einem besorgniserregend tiefen
Niveau“, so Helmenstein. „Der negative Saldo von -2 nach -3 Punkten im Vorquartal bringt zum Ausdruck, dass der
Anteil jener Respondenten, die einen ungünstigen Geschäftsgang erwarten, weiterhin überwiegt“, so
Helmenstein.
Belastend wirkt dabei der Rückgang der Gesamtauftragsbestände, die um 2 Punkte von +43 Punkten per Saldo
auf +41 Punkte sinken. Zwar erweisen sich die Auftragsbestände noch als überwiegend auskömmlich,
um die Produktionskapazitäten weitgehend auszulasten. Auftragsmangel herrscht bei lediglich jedem fünfundzwanzigsten
Unternehmen. Allerdings entfernt sich der betreffende Wert immer weiter von den für eine normale Aufschwungsphase
typischen Niveaus, sodass sich bei schrumpfender Auftragsreichweite die Voraussetzungen für die Vornahme von
Erweiterungsinvestitionen weiter eintrüben. Stabilisierend wirkt derzeit vor allem die Komponente der Auslandsaufträge,
welche sich von +36 Punkten auf +41 Punkte verbessert, sodass sich die seit einem Jahr bestehende Lücke zwischen
Inlands- und Auslandsdynamik wieder geschlossen hat. Dies deutet darauf hin, dass die höhere Wachstumsdynamik
insbesondere auf den zentral- und osteuropäischen sowie den deutschen Märkten in abgeschwächter
Weise nunmehr auch die heimischen Betriebsstätten erreicht. Dennoch sind die Exporteure mit erheblichen Schwierigkeiten
konfrontiert, ihre internationale Marktposition trotz der exportfördernden absatzseitigen Preisvorteile im
Gefolge der deutlichen Abwertung der europäischen Gemeinschaftswährung zu halten.
Im Einklang mit der schwächeren Auftragslage gestalten die Unternehmen ihre Produktionsplanung für die
nächsten Monate weiterhin vorsichtig. Der saisonbereinigte Wert der Produktionstätigkeit auf Sicht eines
Quartals bildet sich von +16 auf +12 Punkte zurück.
Aufgrund grosso modo stagnierender Produktionserwartungen und einer abnehmenden Auftragsreichweite verfestigt sich
der im vorhergehenden Quartal zu beobachtende Trendwechsel bei der Einstellungsneigung: Der Saldo für den
Beschäftigtenstand bleibt mit -4 nach -5 Punkten in negativem Terrain.
Unverändert herausfordernd ist die Situation bei den Verkaufspreisen. Hier schlagen sich die international
weiterhin vorhandenen Überkapazitäten in einem hohen Preisdruck nieder (Saldo von -8 Punkten nach -7
Punkten im Vorquartal), der zu nach wie vor fallenden Verkaufspreisen für industriell erzeugte Güter
führt.
Im Einklang mit einer rohstoffkostenbedingten Entlastung auf der Beschaffungsseite, zugleich aber auch einem unverändert
hohen Druck auf die Verkaufspreise bei einer noch befriedigenden Auftragslage verbessert sich die aktuelle Ertragslage
etwas (Saldo +16 Punkte nach +12 Punkten). Auf Sicht von sechs Monaten hingegen zeichnet sich keine Verbesserung
der Ertragsaussichten ab, im Gegenteil: Auch dieser Indikator bleibt bei einem Saldo von -2 Punkten nach zuvor
-4 Punkten auf Schrumpfkurs.
Umso wichtiger ist die beschlossene Senkung der Arbeitszusatzkosten in mehreren Etappen. Sie kann den Einstieg
in eine nachhaltige Trendumkehr zugunsten einer kostenseitigen Entlastung der Produktion am Standort Österreich
markieren, sofern die Vorhaben den Auftakt für eine Serie weiterer Maßnahmen bilden. Kostensenkende
Reformen sind notwendig, aber nicht hinreichend, um verlorengegangene Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen.
Zugleich braucht es sowohl vertrauensbildende als auch potenzialerhöhende Maßnahmen, um den Standort
Österreich wieder an die europäische Spitze zurückzuführen.
Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 422 Unternehmen mit rund
265.400 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen
werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver
und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
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