Sozialministerium legt Nationalrat Bericht über aktuelle EU-Vorhaben vor
Wien (pk) – Für bestimmte Dienstleistungen und Produkte sollen künftig EU-weit die gleichen Anforderungen
in Bezug auf Barrierefreiheit gelten. Außerdem will die EU-Kommission in den nächsten Monaten mehrere
Verbraucherschutz-Richtlinien einem "Fitness-Check" unterziehen, die Entsende-Richtlinie überprüfen
und den Mitgliedstaaten der Union Vorschläge zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterbreiten.
Das geht aus einem Bericht von Sozialminister Alois Stöger an den Nationalrat über aktuelle EU-Vorhaben
in seinem Zuständigkeitsbereich hervor ( III-230 d.B.). Auch über die schon seit Jahren diskutierte Ausweitung
des Diskriminierungsschutzes sowie die Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten soll demnach weiter
verhandelt werden. Grundgerüst für die Vorhaben bieten die zehn prioritären Politischen Leitlinien
der Kommission, dazu zählen unter anderem die Ankurbelung von Wachstum und Beschäftigung und ein vertiefter,
digital vernetzter Binnenmarkt.
Neuer Richtlinien-Vorschlag zur Barrierefreiheit
Mit dem Richtlinien-Vorschlag zur Barrierefreiheit, dem so genannten European Accesibility Act, will die EU-Kommission
Hürden für behinderte Menschen beseitigen, etwa bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, der
Bedienung von Geld- und Ticketautomaten und bei der Nutzung von Kommunikationstechnologien, z.B. via Smartphone
oder Computer. Durch die derzeit bestehenden unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen EU-Ländern gebe
es nicht nur Rechtsunsicherheit, auch Investitionen in neue und innovative Produkte und Dienstleistungen würden
gebremst, wird die Initiative begründet. Angedacht ist die Abgabe einer EU-Konformitätserklärung
durch Anbringen eines CE-Zeichens auf Produkten sowie eine staatliche Marktüberwachung, neben Produzenten,
sollen auch Händler und Importeure in die Pflicht genommen werden.
Die Verhandlungen über die vergangenen Dezember vorgelegte Richtlinie wurden noch nicht aufgenommen, im EU-Ausschuss
des Bundesrats fand dazu aber bereits eine erste Debatte statt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 21/2016).
Für heuer hat die EU-Kommission laut Bericht unter anderem legislative und nicht-legislative Vorschläge
zur Förderung der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben für erwerbstätige Eltern und zur Förderung
der Erwerbsbeteiligung von Frauen in Aussicht gestellt. Außerdem erwartet das Sozialministerium ein Paket
zur Frage der Mobilität von Arbeitskräften, das unter anderem auch eine gezielte Überprüfung
der Entsende-Richtlinie zum Inhalt haben soll.
EU-Kommission will Verbraucherschutz-Richtlinien evaluieren
Auch andere Richtlinien will die EU-Kommission evaluieren. So soll etwa überprüft werden, ob die bestehenden
Pflichten von Arbeitgebern, was die Unterrichtung der Beschäftigten über ihren Arbeitsvertrag bzw. ihr
Arbeitsverhältnis betrifft, einen zu hohen Verwaltungsaufwand, insbesondere für KMU, verursachen. Ebenso
sollen sechs zentrale Konsumentenschutz-Richtlinien, etwa jene über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen,
jene über Preisangaben und jene über unlautere Geschäftspraktiken, einem "Fitness-Check"
unterzogen werden. Bereits evaluiert wurden die bestehenden Vorschriften über Gesundheit und Sicherheit am
Arbeitsplatz, nun rechnet das Sozialministerium mit Folgemaßnahmen, zumal das Thema auch zu den Schwerpunkten
der derzeitigen niederländischen Ratspräsidentschaft gehört.
Besserer Diskriminierungsschutz: Verhandlungen gehen weiter
Schon seit geraumer Zeit auf der politischen Agenda, konkret seit 2008, steht ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission
zur Ausweitung des Diskriminierungsschutzes beim Zugang zu Bildung, Sozialleistungen, Gesundheitsleistungen, Waren
und Dienstleistungen. Derzeit sind Diskriminierungen – außerhalb der Arbeitswelt – lediglich aufgrund des
Geschlechts und der ethnischen Herkunft ausdrücklich verboten, künftig soll das auch für die Bereiche
Alter, Behinderung, sexuelle Orientierung sowie Religion und Weltanschauung gelten. Laut Bericht wurde von den
EU-SozialministerInnen zuletzt im Dezember ein Fortschrittsbericht angenommen, es gebe aber nach wie vor in etlichen
Punkten Verhandlungsbedarf.
Nicht ganz so lange, mittlerweile aber auch schon seit mehr als drei Jahren, wird auf EU-Ebene über einen
Richtlinienentwurf zur ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter
Gesellschaften verhandelt. Der Vorschlag der Kommission wurde bereits mehrfach abgeschwächt, dennoch konnten
die SozialministerInnen auch im letzten Dezember-Rat keine Einigung erzielen, wie im Bericht festgehalten wird.
Das Sozialressort geht von weiteren Beratungen unter niederländischem Vorsitz aus, Österreich unterstützt
den Richtlinien-Vorschlag.
Weiter strittig ist auch ein im Februar 2013 von der Kommission vorgelegter Verordnungsentwurf zum Bereich Produktsicherheit,
wobei vor allem über die Frage einer verpflichtenden Ursprungslandkennzeichnung diskutiert wird. Die weitere
Vorgangsweise ist laut Bericht angesichts der unüberbrückbar scheinenden Differenzen offen, eventuell
könnte die EU-Kommission den Vorschlag zurücknehmen.
Als Schwerpunkte der derzeitigen niederländischen Ratspräsidentschaft nennt der Bericht für den
Bereich Beschäftigung und Soziales neben der Revision des Gemeinschaftsrechts im Bereich Gesundheit und Sicherheit
am Arbeitsplatz unter anderem auch die Themen Arbeitskräftemobilität und angemessene Arbeit, die Bekämpfung
von Armut, Gendergleichheit sowie wirtschaftliche Selbständigkeit.
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