Alkoholische Hepatitis bislang nicht therapierbar – Protein spielt entzündungsfördernde
Rolle – Erkenntnisse liefern Ansatz für neue Therapie
Innsbruck (i-med) - Neue entzündungsbiologische Erkenntnisse aus dem Team um Univ.-Prof. Dr. Herbert
Tilg von der Medizinischen Universität Innsbruck könnten die Grundlage für eine effiziente Behandlung
der alkoholbedingten Hepatitis liefern. Die schwerwiegende Entzündung führt als Folge einer jahrelangen
Alkoholerkrankung in 50 Prozent der Fälle binnen kurzer Zeit zum Tod. Bis heute gibt es abseits einer nur
in wenigen Fällen in Frage kommenden Lebertransplantation keine wirksame Therapie.
Lipocalin 2 (LCN2) heißt das kleine Protein, das sich nach der Forschungsarbeit des Teams um den Gastroenterologen
Herbert Tilg als neuer, vielversprechender Angriffspunkt für die Therapie der alkoholischen Hepatitis erweisen
könnte. Herbert Tilg ist Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin I an der Medizinischen Universität
Innsbruck und ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der gastroenterologischen Entzündungsbiologie. „Eine akute
alkoholische Hepatitis tritt im Rahmen einer schweren Alkoholerkrankung auf, wenn die Leber bereits vorgeschädigt,
also das Gewebe vernarbt ist. Fieber, Gelbsucht und ein extrem schlechter Allgemeinzustand begleiten die Entzündungsvorgänge,
die die Leberfunktion zusätzlich verschlechtern. Kortison ist die Therapie der Wahl, kann die Entzündung
aber nicht mehr stoppen. Eine wirksame, lebensrettende Behandlung ist daher dringend erforderlich“, weiß
Prof. Tilg aus klinischer Erfahrung.
Kleines Protein als therapierelevanter Akteur
In ihrer kürzlich im renommierten Magazin Journal of Hepatology veröffentlichten und in Nature Reviews
Gastroenterology & Hepatology hervorgehobenen Forschungsarbeit interessierten sich die Innsbrucker WissenschafterInnen
nun für jene Akteure und Steuerungsmechanismen, die zu dieser schweren Form der Leberentzündung führen.
„Wir wussten, dass die Leber in diesem chronisch entzündlichen Stadium von bestimmten weißen Blutkörperchen,
den neutrophilen Granulozyten, überschwemmt ist und dass LCN2, ein kleines, aus weißen Blutkörperchen
gebildetes Eiweiß, eine relevante Rolle bei Entzündungsprozessen spielt“, berichtet Erstautorin Verena
Wieser, die in ihrer Arbeit von KollegInnen der Univ.-Klinik für Innere Medizin VI unterstützt wurde.
Die ForscherInnen verglichen zunächst Lebergewebe von Alkohol-Hepatitis PatientInnen mit Lebergewebe von PatientInnen
mit nicht-alkoholischer Fettleber und stellten fest, dass LCN2 nur im Gewebe von Alkohol-Hepatitis PatientInnen
hoch exprimiert ist.
Ob es sich dabei um ein Nebenphänomen oder ein krankheitsrelevantes Ereignis handelt, konnte in einem seit
vielen Jahren etablierten alkoholischen Lebermodell in der Maus überprüft werden. „Wir konnten sehen“,
so Prof. Tilg, „dass LCN2-Knockout-Mäuse trotz Alkohol-Gabe vor Hepatitis geschützt blieben, also nicht
krank wurden“. In einer Antikörper-Studie wurde zudem nachgewiesen, dass die Blockade von LCN2 eine Infiltration
durch neutrophile Granulozyten weitgehend verhindert. Damit dürfte ein neuer und innovativer Therapiezugang
für dieses späte und mit hoher Mortalität assoziierte Stadium der Alkoholerkrankung gefunden sein.
LCN2 spielt in der Entstehung dieser letalen Erkrankung also eine essentielle Rolle, erfüllt grundsätzlich
aber auch immunmodulierende Funktionen. „Dieser Umstand muss bei der pharmakologischen Weiterentwicklung und Nutzung
im Sinne einer genau abgestimmten Antikörper-Therapie mitberücksichtigt werden“, schließt Prof.
Tilg.
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