Diskurs über die Europäische Kulturhauptstadt 2024 in Dornbirn
Dornbirn/Bregenz (stadt) - Rund 200 Interessierte aus Kultur, Politik, Verwaltung, aber auch zahlreiche
interessierte Bürgerinnen und Bürger, konnte Bürgermeisterin Dipl.-Vw. Andrea Kaufmann am 11.02.
in der inatura begrüßen. Organisiert von der Arbeitsgruppe der Kulturhauptstadtbeauftragen, dieses Mal
unter der Federführung von Roland Jörg (Dornbirn), konnten wiederum viele neue Anregungen in den Diskurs
eingebracht werden.
Mit dem Statement „Kulturhauptstadt darf auch Spaß machen“, formulierte Verena Konrad, die Direktorin des
Vorarlberger Architekturinstuts vai gleich zu Beginn einen positiven Aspekt dieses Langzeitprozesses. Das Rheintal
sei längst ein urbaner Stadtraum geworden, ergänzte der gebürtige Vorarlberger Architekturprofessor
Roland Gnaiger, der zudem den positiven Blick von außen auf Vorarlberg thematisierte. Das Land habe sehr
viel zu bieten.
Im Fokus des nachmittäglichen Workshops und der Podiumsdiskussion stand die Frage nach einem sehr weit gefassten
Kulturbegriff, der auch Aspekte wie die Vielfalt des Lebens und des Zusammenlebens oder den Umgang mit Öffentlichkeit
und Privatheit, gerade in Zeiten der Hochdigitalisierung beinhaltet. Intellektuelle Zellen fehlten, thematisierte
Verena Konrad den Sachverhalt einer fehlenden Vorarlberger Universität. Der Kulturwissenschaftler Thomas
Macho von der Humboldt-Universität Berlin stellte die Betrachtung unterschiedlicher Kulturen, oder – besser
gesagt - Lebensformen in einer sich rasch wandelnden Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.
„Welche Potenziale sind zur Schaffung von dringend erforderlichen kreativen Räumen notwendig?“, formulierte
Reinhard Kannonier, Rektor der Kunstuniversität Linz, eine konkrete Frage. Interdisziplinäres Arbeiten
sei die Basis, nur so könne Neues entstehen; Pluralismus gelte es anzunehmen, so Kannonier weiter, man müsse
aus alten Mustern heraustreten, Neues zulassen, die Möglichkeit des Scheiterns einräumen. Grundsätzlich
sei eine Kulturhauptstadt ein Prozess, kein temporärer „Flash“, es gelte nachhaltige Entwicklungen zu betreiben.
Christoph Thoma, Kulturhauptstadtbeauftrager der Landeshauptstadt Bregenz, brachte es am Ende der Veranstaltung
nochmals auf den Punkt: „Die Europäische Kulturhauptstadt ist eine Kulturinitiative, die gesellschaftliche
Veränderungen thematisiert. Es geht um eine Neudefinition von Räumen, virtuell und physisch.“ Die Möglichkeit
der intensiven Selbstreflexion könne die Basis für neue Vermittlungsorte sein, war auch die einhellige
Meinung von Harald Petermichl (Feldkirch), Martin Hölblinger (Hohenems) und Roland Jörg (Dornbirn), der
die Diskussion moderierte.
Wenn das Leben durchmischt wird, wenn über einen neuen Stadttypus diskutiert wird, wenn der Kulturbegriff
weiter geschärft, über künstlerische und ästhetische Qualität gesprochen wird, dann kann
ein Lernprozess gestartet werden, der weit über das Jahr 2024 hinauswirken wird. Friederike Lutz von der Stadt
Friedrichshafen betonte einmal mehr die Bedeutung des grenzüberschreitenden Brückenschlags, im Sinne
des europäischen Gedankens. Der Prozess geht dynamisch weiter, dass der Spaß nicht zu kurz kommen darf,
war eine wichtige Erkenntnis des Abends, die breite Beteiligung der Bevölkerung eine mutige Verpflichtung
der Rheintalstädte, die so eine nachvollziehbare Kulturstrategie für das Rheintal entwickeln werden.
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