Berlin/St. Pölten (stadt) - Die Stadt St. Pölten nahm am europäischen Städtebauwettbewerb
EUROPAN 13 teil. Am 4. Dezember 2015 wurde offiziell das Ergebnis dieses Städtebauwettbewerbes bekanntgegeben.
In St. Pölten soll das Preisträgerprojekt „The Elastic City“ auf den WWE-Gründen umgesetzt werden.
Insgesamt waren 49 europäische Städte mit Planungsstandorten vertreten. Aus Österreich nahmen neben
St. Pölten auch Wien, Graz, Linz und Bruck an der Mur teil. Der St. Pöltner Wettbewerbsstandort der WWE-Gründe
zwischen Traisen und Austraße, südlich der Viehofner Seen stand im Rahmen des Wettbewerbs unter dem
Motto „A Vision of Housing for a sleeping Beauty“. Ein in Vergessenheit geratener Standort spielt sich durch die
Anbindung an das Schienennetz in das Blickfeld der Stadtentwicklung und fragt nach neuen Formen des Wohnens im
Grünen. Spuren der Vergangenheit, eine verwilderte Landschaft am Wasser und eine exzellente lokale und regionale
Vernetzung fordern zur Entdeckung einer einzigartigen Wohnadresse heraus.
Großes Interesse & hochkarätige Projekte
Der Standort in St. Pölten erzielte von den Teilnehmern aus Österreich erfreulicherweise sehr großes
Interesse. 27 Beiträge aus 11 Nationen wurden eingereicht. „Das große Interesse zeigt, dass der Wohnstandort
St. Pölten mittlerweile auch international von den Experten wahrgenommen wird“, freut sich Bürgermeister
Mag. Matthias Stadler.
Von den 27 Wettbewerbseinreichungen in St. Pölten wurden durch die österreichische Jury in der Erstbewertung
der Projekte fünf Beiträge zur Beurteilung durch die internationale Jury weitergereicht. Die hochkarätig
besetzte internationale Jury anerkannte die hohe Qualität der Einreichungen und vergab – für einen Europan-Wettbewerb
ungewöhnlich – vier Preise.
Der erste Preis – und damit Wettbewerbsgewinner – ist das Projekt „Ju(mp) in the Water - Kiss the Frog“ eines italienischen
Architektenteams.
Der zweite Preis ging an das Projekt „The Elastic City“ zweier Wiener Architektinnen.
Weiters wurden die Projekte „Osmose“ eines spanisch-italienischen Planerteams mit Sitz in Paris sowie das Projekt
„Austrium“ einer polnischen Architektengruppe mit einer besonderen Erwähnung („Special Mention“) geehrt.
Zweiter wird Erster
Die in den Wettbewerb involvierten Vertreter der Grundstücksgesellschaft führen nun gemeinsam mit
der Stadtplanung St. Pölten Gespräche mit den Autoren der Preisträgerprojekte und stellen konkrete
Überlegungen an, welches der Siegerprojekte am besten umgesetzt werden kann. „Wir haben uns mit den Projekten
bereits näher befasst und auch Grundlagen für die Umsetzung in Form von Gutachten erarbeitet. Aus derzeitiger
Sicht hat das Projekt „The Elastic City“ die größten Chancen auf die Realisierung. Das Siegerprojekt
sieht eine allzu langfristige Entwicklung des Gebietes vor und die Folge wäre wohl eine Dauerbaustelle, welche
die angestrebte hohe Wohnqualität auf längere Zeit nicht gewährleisten könnte. Außerdem
wäre die Umsetzung des Wasserkonzeptes, das einen wesentlichen Teil des Siegerprojektes darstellt - wenn überhaupt
- nur mit sehr großen technischem Aufwand realisierbar. Das Projekt „The Elastic City“ stößt hingegen
bei allen Grundeigentümervertretern auf breite und uneingeschränkte Zustimmung“, berichtet Stadtplaner
DI Jens de Buck und betont, „dass es sich bei der Standortentwicklung der WWE-Gründe um einen mittel- bis
langfristigen Planungs- und Realisierungsprozess handelt. Das Entstehen von ca. 500 neuen Wohnungen in diesem Areal
muss entsprechend geplant und vorbereitet werden.“
Auch DI Peter Wondra, Geschäftsführer WWE GmbH, sieht als Vertreter der Grundstücksgesellschaft
in diesem Wettbewerb und der großen Anzahl der eingereichten Projekte eine reelle Chance, dass der Standort
schrittweise mit Leben erfüllt werden kann: „Wir sind derzeit mit der Durchsicht und genaueren Betrachtung
der Projekte der Preisträger beschäftigt, um die bestmögliche Entwicklung der vorhandenen Flächen
in die Wege leiten zu können. Dies ist auch ganz im Sinne unserer Eigentümer, damit das gegenständliche
Immobilienprojekt aktiviert wird.“
„Die WWE-Gründe in St. Pölten bieten einen idealen Standort für einen Europanwettbewerb, wo städtebauliche
Innovation rund um den Wohnbau im Vordergrund steht. Die Anzahl und Qualität der Ergebnisse für St. Pölten
sind die Bestätigung dafür. Neben der Auseinandersetzung mit einem vielschichtigen, heterogenen Ort mitten
im Stadtgebiet war das Kernthema „WohnenPlus“: Wie kann man künftig im Einklang mit einer bewegten Stadtentwicklung
einen Mehrwert für das Wohnen schaffen? Europan hat einige interessante Beiträge hervorgebracht, deren
Realisierung einen deutlichen Mehrwert für St. Pölten schaffen wird“ betont der andere Geschäftsführer
der WWE GmbH DI Robert Hahn.
Details zu den Projekten
[left]Das Siegerprojekt „Ju(mp) in the Water - Kiss the Frog“ setzt sich sehr poetisch mit der am Standort
vorherrschenden Thematik der Landschaft und des Wassers als Refugium auseinander: „Die multifunktionale Verknüpfungen
von Wohnen und Arbeiten in der Natur und die Landschaft per se als gemeinsamer öffentlicher Raum werden neu
hinterfragt. Eine behutsame zeitliche und strategische Entwicklung des Projekts dient als Anregung zur Diskussion
über innovative Wohnqualitäten im Dialog mit der Landschaft. Im Gegensatz zur herkömmlichen klassischen
Urbanität handelt dieses Projekt vom Widerspruch und Umgang mit der Landschaft; und definiert so einen innovativen
Genius Loci des in Vergessenheit geratenen Standortes in St Pölten“, zitiert Architekt DI Bernd Vlay, Generalsekretär
von Europan Österreich, die Bewertung der internationalen Jury. Die Schwerpunktsetzungen des Projekts mit
den Elementen „Wasser“ & „Natur“ versus langfristiger aber dauerhaft im Ausbau stehender Bebauung wird seitens
der Grundeigentümervertreter jedoch auch zurecht kritisch gesehen.[/left]
Der zweite Preisträger „The Elastic city“ entzieht sich vordergründig dem Thema realisierbarer Planungsentwurf
und versucht stattdessen die Frage, wie sich Stadt als Organismus entwickeln kann, zu beantworten. „Der Vorschlag
eines elastischen Regelwerks zur Schaffung einer städtischen Flexibilität, Anpassbarkeit an gesellschaftliche
Veränderungen und sozialer Nachhaltigkeit eröffnet gerade heute essentielle Diskussionen im Wohn- und
Städtebau. Folgerichtig wird das Thema Wohnen grundsätzlich in einen breiten gesellschaftlichen Kontext
gestellt, permanente und temporäre Wohnformen sowie ergänzende Nutzungen miteinander eng verwoben um
eine heterogene Vielfalt im städtischen Raum zu schaffen. Während die städtischen Qualitäten
der Binnenräume weit über die Monotonie typischer Wohnsiedlungen hinausgehen, formulieren die klaren
Ränder der kompakten Entwicklung einen besonders gelungenen Bezug zum umgebenden Grünraum entlang der
Traisen, der großzügig freigehalten wird,“ resümiert der Generalsekretär von Europan Österreich,
Architekt DI Bernd Vlay, die Bewertung der internationalen Jury.
Projekte anschauen
Am 25. Februar 2016 findet die österreichweite Auszeichnungsveranstaltung zum EUROPAN Wettbewerb in Wien
(Depot – Raum für Kunst und Diskussion) statt. Für Mai 2016 wird eine Ausstellung aller prämierten
österreichischen Wettbewerbsbeiträge der teilnehmenden Städte Wien, Graz, Linz, St. Pölten
und Bruckan der Mur im Haus der Architektur in Graz vorbereitet.
Die St. Pöltner Bürger brauchen sich aber nicht so lang gedulden, bereits ab kommenden Mittwoch, den
17. Februar 2016 werden alle Wettbewerbsbeiträge drei Wochen lang, bis 6. März 2016, im Stadtmuseum St.
Pölten während der Öffnungszeiten Mittwoch bis Sonntag, jeweils 10 bis 17 Uhr, kostenfrei in einer
Ausstellung zu besichtigen sein.
Über EUROPAN
EUROPAN ist Europas größter Wettbewerb für Architektur und Urbanismus und agiert als europäische
Plattform für innovative Projektansätze, die sich zunehmend städtebaulichen Strategien verpflichtet.
Das Wettbewerbsverfahren ist anonym, europaweit offen und als einstufiger Ideenwettbewerb mit anschließendem
Umsetzungsprozess angelegt. EUROPAN wendet sich an alle jungen ArchitektInnen, Stadt- und LandschaftsplanerInnen
unter 40 Jahren, wobei auch Wert auf interdisziplinäre Kooperationen gelegt wird.
Mit Europan13 startete die dreizehnte Wettbewerbsrunde, sie setzte das Thema der letzten Europan12 Runde (Die Anpassbare
Stadt 1) fort. „Die Anpassbare Stadt 2“ fragte nach Ideen und Strategien, wie wir auf veränderte Anforderungen
in Bezug auf soziale, ökonomische und ökologische Verhältnisse reagieren sollen, wenn angesichts
der aktuellen raumpolitischen Dynamiken Begriffe wie „Self-organization, Sharing & Project-Process“ auf neue
Grundlagen gestellt werden müssen. Wenn Schrumpfen auch Wachsen bedeuten kann. Wenn Erweiterung auch Konzentration
bedeuten kann. Wie können wir gesellschaftsfähige Orte schaffen, die über das Errichten von Gebäuden
hinausgehende Werte bieten.
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