Berufsanerkennung und Rufbereitschaft: Bundesrat macht Weg frei für Neuerungen im medizinischen
Bereich
Wien (pk) - Reformen im Gesundheitsbereich sind meist eine heikle Operation, so auch am 11.02. im Bundesrat.
Sowohl die Anerkennung von Gesundheitsberufen in der Europäischen Union als auch die gelockerte Anwesenheitspflicht
von Ärztinnen und Ärzten in Universitätskliniken boten je nach Fraktion Anlass für Lob oder
Tadel. Positiv äußerten sich SPÖ, ÖVP und Grüne etwa in Hinblick auf die Berufsanerkennung.
Vermehrte Mobilität im Gesundheitsbereich könne bei regionalen Mängeln Abhilfe schaffen und der
Wissenserweiterung dienen. Die FPÖ prophezeit dagegen weniger Behandlungsqualität durch die Anerkennung
ausländischer Abschlüsse.
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser unterstrich, man stelle die Sicherheit der ÖstereicherInnen in den
Mittelpunkt aller gesundheitspolitischen Veränderungen. Rasche Fortschritte würden dabei leider von einzelnen
Akteuren behindert, beschrieb sie am Beispiel des von beiden Kammern des Parlaments beschlossenen Zentralregisters
zur Registrierung von Gesundheitsberufen, das derzeit von nur zwei Bundesländern blockiert werde. Generell
sei das heimische Gesundheitswesen aber ausgezeichnet aufgestellt, hob sie hervor und verwies auf die hohe Versicherungsrate.
Im Rahmen der Gesundheitsreform würden Maßnahmen wie die Primärversorgungszentren auch Schwachstellen,
etwa im Spitalsbereich, beheben. Zur Rufbereitschaft in Zentralkrankenanstalten hielt sie fest, diese werde nie
umgesetzt, wenn PatientInnen dadurch gefährdet sind.
Gesundheitsberufe in der EU leichter zugänglich machen
Ungeachtet der heftigen Debatte passierten die letzten Nationalratsbeschlüsse zu Gesundheitsthemen die Länderkammer
mit mehrheitlicher Zustimmung. Im Detail umfasste der Sitzungsblock Gesundheit das 1. EU-Berufsanerkennungsgesetz
Gesundheitsberufe 2016 und das 2. EU-Berufsanerkennungsgesetz Gesundheitsberufe 2016, mit denen die entsprechende
EU-Richtlinie in heimisches Recht implementiert wird. Primäres Ziel dieser Bestimmungen ist es, Anerkennungsverfahren
zu verbessern, um die Mobilität der ArbeitnehmerInnen in Gesundheitsberufen weiter zu erleichtern.
Hauptkritikpunkt an den Neuerungen ist wiederum für Gerd Krusche (F/St) die ihm zufolge unklare Regelung,
wie Ausbildungen aus dem Ausland faktisch anerkannt werden – etwa im gehobenen medizinisch-technischen Dienst.
Qualität und Patientensicherheit könnten darunter leiden. Diese Einschätzung teilt Renate Anderl
(S/W) nicht. Elektronische Verfahren vulgo Europäische Berufsausweise würden künftig qualifizierten
EuropäerInnen ermöglichen, dort zu arbeiten, wo sie gebraucht werden, begrüßte sie die Verbesserung
bei der Berufsanerkennung ebenso wie Angela Stöckl (V/N) und Ferdinand Tiefnig (V/O). Medizinischen Berufsgruppen
und Personen in Ausbildung erhalten Stöckl zufolge nun die Chance, im Ausland wertvolle Erfahrungen zu sammeln,
was in einem gemeinsamen Europa fraglos wichtig sei. Tiefnig bekräftigte, die Anerkennung eines Medizinstudiums
mit entsprechenden Kriterien trage viel zur Versorgungssicherheit bei.
Grundsätzlich teilte Heidelinde Reiter (G/S) die Meinung der Regierungsfraktionen zum Nutzen europaweiter
Arbeitsmobilität im Gesundheitssektor, wenn sie auch leichte Zweifel an der Umsetzung hegte. Bestehende Probleme
des Gesundheitswesens wie die faktische Zwei-Klassen-Medizin, überlange Spitalsaufenthalte oder die Abwanderung
von ÄrztInnen würden mit derartigen Reformschritten aber nicht behoben. Das System kranke vor allem an
der schwachen Stellung der Bundessteuerung gegenüber den Ländern, sagte sie.
Debatte über Versorgungssicherheit bei Rufbereitschaft
Außerdem stand eine Novelle zum Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz auf der Tagesordnung, die auf mehr
Rufbereitschaft in Nachtstunden und vorübergehend auch an Wochenenden abstellt. Im Gegenzug muss auch an Zentralkrankenanstalten
künftig nicht mehr rund um die Uhr in jedem einzelnen Sonderfach ein Facharzt vor Ort anwesend sein.
Die Gesetzesänderung helfe, eine qualitätsgesicherte und flächendeckende Gesundheitsversorgung sicherzustellen,
befürwortete Adelheid Ebner (S/N) die neuen Bestimmungen. Falls eine laufende Therapie erforderlich ist, werde
weiterhin eine Fachärztin oder ein Facharzt vor Ort sein. Andreas Köll (V/T) begrüßte die
Änderungen im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz angesichts des Ärztemangels im Land. Flexiblere
Regelungen wünschte er sich allerdings bei den Ersatzruhezeiten.
Wie genau die Rufbereitschaft in Verbindung mit der neuen Ärztearbeitszeit sinnvoll umgesetzt werden soll,
hinterfragte dagegen David Stögmüller (G/O). Immerhin sei hier einmal mehr eine Zuständigkeit der
Bundesländer betroffen. FPÖ-Mandatar Gerd Krusche (F/St) disqualifizierte die fachärztlichen Rufbereitschaft
vor dem Hintergrund der neuen Ärztearbeitszeit vollständig als Notlösung. Die Zufriedenheit von
MedizinerInnen erhöhe man damit nicht.
|