Wien (belveder) - Im Rahmen der 2007 initiierten Ausstellungsreihe „Intervention“ lädt das Belvedere regelmäßig
nationale und internationale Künstler ein, ortsspezifische Arbeiten in Bezug zur Architektur des Hauses sowie
zur Sammlung und zur Geschichte der Institution zu entwickeln. Nach Werken von Brigitte Kowanz, Marco Lulic, Gudrun
Kampl, Tillman Kaiser, Marianne Gartner, Lisa Oppenheim und Agnieszka Polska, Gerold Tusch und Christian Mayer
präsentiert das Belvedere als erste Intervention des heurigen Jahres im Oberen Belvedere Arbeiten von Rudi
Stanzel.
Rudi Stanzel arbeitet seit den späten 1980er-Jahren an Werken, die wie Malerei aussehen, aber mehr Objekte
sind, bei denen die Farbe sowie vertikale und horizontale Linien im Zentrum stehen. Ausgehend von der Korrespondenz
des Philosophen, Mathematikers und Naturforschers Gottfried Wilhelm Leibniz mit dem ehemaligen Hausherrn des Belvedere,
Prinz Eugen von Savoyen, übersetzt er mit „Link-Chain-Curtain“ die Handschrift Leibniz’ in eine Struktur aus
Kettengliedern, die zugleich die vertikale Struktur des Treppenaufgangs aufnimmt und betont. In der Sala terrena
stellt der Künstler mit „A Pile of Primes“ dem Raum eine Primzahlenreihe gegenüber und lässt Ketten
in einem Durch- und Übereinander des am Boden endenden Kettenstrangs eine neue räumliche (Un-)Ordnung
schaffen. „Rudi Stanzel gelingt mit den beiden gezeigten Arbeiten ein Brückenschlag zwischen der Geschichte
und der Gegenwart des Hauses. Einerseits inszeniert er den historischen Briefwechsel zwischen Leibniz und Prinz
Eugen als Kunstwerk. Andererseits bricht er parallel dazu mit seiner in situ geschaffenen Installation in der Sala
terrena mit der Ordnung der barocken Architektur und bildet so einen zeitgenössischen Gegenpol zur traditionsreichen
Umgebung“, so Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere und des 21er Haus.
Stanzels Umgang mit Materialität führt entweder zu Arbeiten, die sich einer Abbildhaftigkeit entziehen,
oder zu Werken, die auf konkrete Inhalte verweisen. „Die zwei Interventionen von Rudi Stanzel wirken zwar abstrakt
und haben auch die für den Künstler charakteristische materielle Schwere. Was in der Detailbetrachtung
nicht viel Sinn ergibt, entfaltet sich dennoch im großen Ganzen zu etwas, das Themen anspricht, die heute
wieder besondere Relevanz haben – sei es nun die Aufklärung, deren Vordenker Leibniz war, oder die Kryptografie,
für die Primzahlen essenziell sind“, so Kurator Severin Dünser.
Rudi Stanzel (* 1958 in Linz) lebt in Wien. Er studierte bei Peter Weibel an der Hochschule für angewandte
Kunst Wien, nachdem er vom Schreiben zur Pantomime, von der Performance zur Leinwand und nun zu installativen Arbeiten
gefunden hat. Seine Werke waren zuletzt u. a. in „Vienna for Art’s Sake“, Winterpalais, Wien (2015), „Der Brancusi-Effekt“,
Kunsthalle Wien (2014), „China Revisited“, Galerie Ulysses, Wien (2014), „Surface Content“, Landesgalerie Linz
(2012), „Rudi Stanzel“, Galerie Julius Hummel, Wien (2011), und „Malerei: Prozess und Expansion“, mumok, Wien (2010),
zu sehen.
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