von 19.02.2016 - 31.01.2017 im Esslmuseum Klosterneuburg
Klosterneuburg (esslmuseum) - Meisterwerke aus der Sammlung Essl werden in der Ausstellung Rendezvous präsentiert.
Im Rahmen der großen Sammlungspräsentation 2016 haben zentrale Werke und künstlerische Positionen
aus der Sammlung Essl ein Stelldichein, Max Weiler etwa mit Cecily Brown, Martha Jungwirth mit Asger Jorn oder
Kurt Kocherscheidt mit Antoni Tàpies.
Rendezvous in New York
Ein Rendezvous mit Folgen markiert den Beginn der Sammlung Essl und ist auch der Ausgangspunkt für die Ausstellung.
Agnes und Karlheinz Essl treffen einander 1959 in New York zum ersten Mal und werden ein Liebespaar. In den folgenden
Monaten tauchen sie in der pulsierenden Welthauptstadt der Kunst in die Galerien- und Museenszene ein und entdecken
dabei ihre Liebe zur Kunst, die bald zu einer lebenslangen Leidenschaft wird. Zurück in Österreich beginnen
sie, eine Sammlung aufzubauen, die heute zu den wichtigsten in ganz Europa zählt und als einzige dieser Art
das österreichische Kunstgeschehen seit 1945 in einem internationalen Kontext abbildet. Im Jahr 2012 portraitiert
der weltbekannte New Yorker Künstler Alex Katz das Sammlerpaar.
Eine französische Liebesgeschichte
Maria Lassnig / Arnulf Rainer, Georges Mathieu / Hans Hartung / Hans Bischoffshausen
Anfang der 1950er Jahren gingen zwei der bedeutendsten österreichischen KünstlerInnen, Maria Lassnig
und Arnulf Rainer, als Paar nach Paris. In dieser von den Nachwirkungen des 2. Weltkriegs und den kunstfeindlichen
europäischen Diktaturen geprägten Zeit befasste man sich in der europäischen Kunstmetropole mit
fernöstlichen Philosophien. Reduktion und Konzentration auf das Wesentliche waren große Themen, die
auch die beiden jungen KünstlerInnen beeinflussten. Besonders in den Zentralisationen von Arnulf Rainer aus
dieser Zeit sind diese Reflexionen spürbar. Ein Star im Paris der 50er Jahre war Georges Mathieu. Auch er
war von der asiatischen Kalligraphie in ihrer eleganten Konzentration beeinflusst. Mathieu malte theatralisch vor
Publikum, in Theatern oder in der freien Natur. Als er 1959 im Wiener Theater am Fleischmarkt eine seiner kalligraphisch
orientierten Linienkompositionen vor versammelten ZuschauerInnen malte, inspirierte er mit dieser Vorführung
des künstlerischen Aktes die Wiener Aktionisten. Mathieu trifft in der Ausstellung auf Hans Hartung, einen
Deutschen in Paris, dessen von chinesischer Tuschmalerei inspirierte Werke ebenso dem Informel zugerechnet werden.
Dazu gesellen sich noch die poetisch malerischen Reduktionen von Hans Bischoffshausen.
Zusammenkunft am Lagerfeuer: Grundfragen der Existenz
Antoni Tàpies / Kurt Kocherscheidt, Hermann Nitsch / Eduardo Chillida
Der katalanische Künstler Antoni Tàpies trifft auf Kurt Kocherscheidt, Hermann Nitsch und Eduardo Chillida.
In diesen Begegnungen spürt man die Affinität der vier ansonsten recht unterschiedlichen Künstler
zum Archaischen, zur Einfachheit, zum Ursprünglichen und Existenziellen. Kocherscheidt ging als junger Künstler
ohne Geld nach Südamerika, war fasziniert von den Formen der Natur, deren unheimliche Kraft er malerisch transformierte.
Hermann Nitsch arbeitet seit den frühen 1960er Jahren an seinem Orgien Mysterien Theater, einem hedonistischen,
alle Sinne ansprechenden transzendentalen Existenztheater, in dem die Malerei und deren Artefakte eine starke Rolle
spielen. Tàpies verwendet einfache Naturmaterialen wie Sand, Gips und Ton, die auch die reduzierte erdige
Farbigkeit seiner Bilder und Objekte bestimmen. Das Kreuz als archaisches Symbol für das Menschsein und für
eine Bestimmung des eigenen Standpunktes im Universum, abseits der Christlichen Konnotation, taucht in vielen seiner
Arbeiten auf.
Stelldichein in der Natur: Max Weiler / Per Kirkeby / Cecily Brown
Max Weiler hat mit Per Kirkeby wenig zu tun, so scheint es auf den ersten Blick, und ebenso wenig mit der Malerei
der New Yorker Künstlerin Cecily Brown. Aber den tiefreligiösen Maler Weiler aus Österreich und
den ausgebildeten Geologen Kirkeby aus Dänemark verbindet die Gewissheit, dass es nicht reicht, die Natur
in ihrer sichtbaren Oberfläche nach- oder abzubilden, um dem Geheimnis der Schöpfung und der Malerei
nahezukommen. Weiler transformiert die Naturbeobachtung in den schöpferischen Malprozess, er lässt das
Bild wachsen, aus Gesehenem, Gespürtem, dem Zufall heraus formiert sich die Malerei. Kirkebys Ausgangspunkte
für seine Kompositionen sind Schichtungen und grafische Strukturen, die aber immer an Natur denken lassen.
Die jüngere Cecily Brown ist eher durch den malerischen Prozess der Transformation des Gesehenen mit Max Weiler
verbunden – ein Rendezvous, bei dem der Ausgang noch ganz offen scheint.
Ein Fest der malerischen Intensität: COBRA und Wirklichkeiten
Als Karlheinz und Agnes Essl Ende der 1990er Jahre begannen, international zu sammeln, knüpften sie bei der
COBRA-Gruppe an, weil sie wussten, dass diese auf einige ihrer SammlungskünstlerInnen großen Einfluss
ausgeübt hatte. Die COBRA-Künstler waren kurz nach den Schrecken des 2. Weltkrieges in den westeuropäischen
Städten Kopenhagen, Brüssel und Amsterdam angetreten, um einen künstlerischen Neuanfang zu suchen,
sie sahen ihn in allen Entäußerungen nichtgelernter Kunst, wie z.B. bei den unbefangenen Bildern von
Kindern. So impulsiv, intensiv und unverstellt wollte man an den Malakt gehen. So schnell diese Gruppe sich auch
wieder auflöste, ihren Künstlern blieb diese Klassifizierung ein Leben lang. Auch einer Künstlergruppe
in Wien erging es am Ende der 1960er Jahre ähnlich. Auch sie hatten sich nur für die Ausstellung Wirklichkeiten
in der Secession formiert, die Bezeichnung blieb für immer. Künstlerisch wurde etwa Franz Ringel von
der COBRA-Gruppe beeinflusst, andere Affinitäten tauchen in der Sammlungsschau in den Begegnungen von Asger
Jorn, Karel Appel, Antonio Saura und Martha Jungwirth auf. Die Malerei ist furios, emotional, gestisch und spontan,
der malerische Akt ist im Werk immer spürbar, sehbar, erlebbar, ein Fest der malerischen Intensität.
Überraschende Dates
Wechselnde Rendezvous mit ungewissem Ausgang bilden den Abschluss der großen Sammlungspräsentation.
Dazu werden mehrmals im Laufe der Ausstellung Freunde der Sammlung Essl eingeladen, zwei Werke im Depot auszusuchen
und diese in einem Ausstellungsraum aufeinandertreffen zu lassen.
Künstlerliste
Pierre Alechinsky, Karel Appel, Enrico Baj / Asger Jorn, Hans Bischoffshausen, Herbert Boeckl, Cecily Brown,
Eduardo Chillida, Corneille, Adolf Frohner, Hans Hartung, Friedensreich Hundertwasser, Asger Jorn, Martha Jungwirth,
Andrea Kasamas, Alex Katz, Per Kirkeby, Kurt Kocherscheidt, Maria Lassnig, Markus Lüpertz, Georges Mathieu,
Josef Mikl, Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, M.J.M. Ringel, Antonio Saura, Pierre Soulages, Hans Staudacher, Antoni
Tàpies, Andreas Urteil, Max Weiler und Fritz Wotruba
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