Wien (wifo) - Wirtschaftsindikatoren aus dem Ausland deuten auf eine Abschwächung der Konjunktur hin. Auch
der WIFO-Konjunkturtest zeigt eine leichte Zunahme der Skepsis unter den heimischen Unternehmen. Davon scheint
vorerst allerdings weniger die konjunkturempfindliche Sachgütererzeugung als vielmehr der Dienstleistungsbereich
betroffen zu sein. Vor allem die Tourismusunternehmen beklagten im Jänner einen wetterbedingt schlechten Geschäftsgang.
Nach ersten Berechnungen wuchs Österreichs Wirtschaft bis Ende 2015 relativ konstant. Das Wachstum verstärkte
sich von real 0,2% gegenüber der Vorperiode im I. Quartal auf 0,3% im IV. Quartal. Insgesamt ergibt sich für
2015 ein Anstieg des BIP von real 0,9%. Damit lag das Wachstum das vierte Jahr in Folge unter 1%. Belastend wirkte
2015 die Schwäche sowohl des Konsums der privaten Haushalte als auch der Bruttoanlageinvestitionen. Beide
Aggregate expandierten gegenüber dem Vorjahr real um nur 0,3%. Der Export trug auch 2015 zum Wachstum der
Wirtschaft bei und erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 1,8%.
Wie der jüngste WIFO-Konjunkturtest zeigt, dürfte sich die heimische Wirtschaft auch über den Jahreswechsel
verhalten positiv entwickelt haben. Zwar ging der Index der aktuellen Lagebeurteilungen geringfügig zurück
(-0,5 Punkte), er lag damit jedoch unverändert im leicht positiven Bereich. Im Dienstleistungsbereich und
vor allem im Tourismus und Transportwesen waren die Einschätzungen ungünstiger, in der Sachgüterproduktion
unverändert positiv.
Der Erwartungsindex für die Zukunft verschlechterte sich allerdings zum zweiten Mal in Folge. Dies könnte
mit den zunehmenden Hinweisen auf eine Abkühlung der internationalen Konjunktur zusammenhängen. Das Wirtschaftswachstum
der USA schwächte sich im IV. Quartal merklich ab, der Einkaufsmanagerindex weist auf ein Nachlassen der Industriekonjunktur
hin. Auf eine Flaute der Weltnachfrage und somit eine Abkühlung der Weltkonjunktur könnte auch der jüngste
Abwärtsschub der Rohölpreise hinweisen. Dem entsprechen auch die Verschlechterung der Erwartungen zu
den Auslandsaufträgen in der Sachgütererzeugung im WIFO-Konjunkturtest und der Rückgang des ifo-Geschäftsklimaindex
für Deutschland.
Wie in den Jahren zuvor belastete auch 2015 die Schwäche der Konsumnachfrage der privaten Haushalte die gesamtwirtschaftliche
Entwicklung in Österreich. Obwohl die Inflation durch den Verfall der Energiepreise gedämpft wurde und
die Entlastung der Einkommen durch die Steuerreform bevorstand, weiteten die privaten Haushalte ihren Konsum real
um nur 0,4% aus. Das Verbrauchervertrauen verharrte auch im Jänner auf außerordentlich niedrigem Niveau.
Weil sich der preisdämpfende Effekt der Heizöl- und Treibstoffverbilligung im Vorjahresvergleich verringerte,
kamen die bereits in der Vergangenheit stark preistreibenden Auswirkungen von Mieterhöhungen und der Verteuerung
von Bewirtungsdienstleistungen stärker zur Geltung. Die Inflationsrate erhöhte sich deshalb in Österreich
im Dezember 2015 wieder auf 1%, nach 0,6% im November.
Die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt ist weiterhin angespannt. Im Jänner 2016 stieg die Zahl der vorgemerkten
Arbeitslosen und Personen in Schulungsmaßnahmen gegenüber dem Vorjahr um 17.700 auf 490.300; der Anstieg
war aber geringer als in den Vormonaten. Unter Ausschaltung der Saisonschwankungen stagniert die Zahl der Arbeitslosen
seit November.
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte
bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der
Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik
Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen
BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente
bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser
interpretierbar.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten
Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als
die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres
t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone ( siehe auch http://www.statistik.at/
).
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenzdiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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