Schwebende Fische und balancierende Monster: Objekte aus dem 3D-Drucker kann man durch ein
Verfahren der TU Wien so anpassen, dass sie beeindruckende geometrische Eigenschaften zeigen.
Wien (tu) - Ein Kunststoff-Fisch wird ins Wasser geworfen und schwebt knapp unter der Wasseroberfläche,
weil er im Inneren einen Hohlraum mit exakt richtig gewählter Form und Größe hat. Um ein so genau
balanciertes Objekt herzustellen, hätte man bisher wohl eine ganze Reihe von Versuchen gebraucht. In Zukunft
werden sich solche geometrischen Sonderwünsche allerdings recht einfach realisieren lassen. An der TU Wien
wurde eine Methode entwickelt, mit der man den inneren Hohlraum von Objekten aus dem 3D-Drucker so anpassen kann,
dass ihre Balance oder andere physikalische Eigenschaften genau zum Einsatzzweck passen.
Was man am Institut für Computergraphik und Algorithmen der TU Wien produziert hat, sieht auf den ersten Blick
aus wie Kinderspielzeug, hat aber einen interessanten wissenschaftlichen Hintergrund. So wurde etwa die Drehachse
einer Plastikschildkröte so angepasst, dass man sie als Kreisel verwenden kann. Fische mit eingebautem Hohlraum
wurden so optimiert, dass ihre Dichte genau zu verschiedenen Flüssigkeiten passt. Besonders verblüffend
ist die Wunderflasche: Sie sieht aus wie eine merkwürdig verbogene Getränkeflasche. Wenn man sie mit
Wasser füllt, dann kippt sie um und läuft aus. Wenn man sie allerdings mit Alkohol füllt, dann bleibt
sie stehen.
Der Grund dafür ist, dass die Dichte von Alkohol geringfügig kleiner ist als die Dichte von Wasser. Die
Flasche wurde so optimiert, dass dieser kleine Dichteunterschied genau zwischen Stehenbleiben und Umfallen entscheidet.
Ausgeklügelte Wanddicke
Um das zu erreichen, muss die Wand der Flasche angepasst werden. Sie ist auf einer Seite viel dicker als auf der
anderen, um den Schwerpunkt der Flasche genau richtig zu justieren. Angepasst wird das ganz automatisch am Computer,
mit einem mathematischen Optimierungsverfahren, das Przemyslaw Musialski und sein Team an der TU Wien entwickelt
haben. „Eingegeben wird die äußere Form der Figur und zusätzlich bestimmte Vorgaben – etwa die
Rotationsachse oder die Schwebeausrichtung“, erklärt Musialski. „Die Software liefert dann zusätzlich
zur äußeren Form auch die Form des Hohlraums im Inneren des Objektes, so dass es die Wunschvorgaben
erfüllt.“
Dabei muss man dem Computer noch zusätzliche Beschränkungen auferlegen: Das Objekt muss am Ende von einem
3D-Drucker produziert werden können. Allzu komplizierte, zackige Formen sind also ungünstig, der Computercode
favorisiert einfache, weiche Formen. Ob auch die äußere Form angepasst werden darf oder ob sie streng
vorgegeben ist, kann von Fall zu Fall entschieden werden.
Individuelles Produktdesign
„Unsere Methode hat eine ganze Reihe von Vorteilen“, sagt Przemyslaw Musialski. „Sie ist schnell, denn die
Berechnung dauert nur einige Sekunden, sie ist wenig fehleranfällig und wie wir zeigen konnten, lässt
sie sich im Vergleich zu ähnlichen Methoden für viele ganz unterschiedliche Optimierungsaufgaben verwenden.“
In Zukunft wird man viele Objekte – vom Ziergegenstand bis zum technischen Ersatzteil – wohl nicht mehr im Geschäft
kaufen, sondern am Computer individuell gestalten und dann ausdrucken. Optimierungsverfahren sollen dann dafür
sorgen, dass die User-generierten Objekte auch zuverlässig die nötigen physikalischen Eigenschaften haben.
Für die Entwicklung der Methode wurde Przemyslaw Musialski mit dem Austrian Computer Graphics Award (ACCA)
in der Kategorie "Best Technical Solution" ausgezeichnet. Der Preis wurde bei der „PixelVienna“, einer
internationalen Konferenz für Computergraphik und Animation überreicht.
Video
https://youtu.be/L6o8w1BDajg
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