90 Prozent des Kohlendioxids können aus dem Abgas entfernt und danach genutzt werden,
beispielsweise in der Landwirtschaft.
Wien (tu) - Kohlendioxid ist ein nützlicher Rohstoff für die Industrie – es wird beispielsweise
in Glashäusern eingesetzt um das Pflanzenwachstum zu verbessern. Eigens dafür CO2 aus fossilen Quellen
zu produzieren ist aus Klimaschutzgründen allerdings problematisch. Viel umweltfreundlicher wäre es,
CO2 aus den Abgasen industrieller Prozesse zu filtern, zu konzentrieren und nutzbar zu machen.
Im vom Klima- und Energiefonds geförderten Leitprojekt „ViennaGreenCO2“ arbeitet die TU Wien mit der Universität
für Bodenkultur, Shell und anderen Partner zusammen, um eine neuartige, billige und energieeffiziente Kohlendioxid-Abscheidetechnik
zu entwickeln. Erste Abscheidetests in den Laboranlagen der TU Wien verliefen bereits sehr erfolgreich. Im Rahmen
des Projekts „ViennaGreenCO2" soll die Abscheidetechnologie weiterentwickelt werden, am Kraftwerksstandort-Simmering
von Wien Energie will man dann die Praxistauglichkeit des neuen Konzepts demonstrieren.
Wirbelschicht statt Flüssigkeit
„Wenn man Kohlendioxid möglichst selektiv aus Abgasen entfernen möchte, verwendet man normalerweise wässrige
Aminlösungen als Waschmittel“, sagt Gerhard Schöny (Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik
und technische Biowissenschaften, TU Wien). Die Aminwäsche hat allerdings entscheidende Nachteile. Um aus
den verwendeten Lösungsmitteln das CO2 am Ende wieder zu entfernen braucht man viel Energie.. Außerdem
muss man hohe Absorber-Türme bauen, damit das Rauchgas ausreichend lange Zeit hat, mit der Aminlösung
in Kontakt zu kommen und die gewünschte CO2-Menge abzugeben. An der TU Wien entwickelt man nun allerdings
ein ganz anderes Verfahren der CO2-Abscheidung.
„Auch wir arbeiten mit Aminen“, erklärt Schöny. „Allerdings nicht in flüssiger Form.“ An der TU
Wien kommt ein Wirbelschichtverfahren zum Einsatz, in dem feste Partikel mit dem Rauchgas in Kontakt gebracht werden.
An der Oberfläche der hochporösen Partikel werden die Amine aufgebracht, die bei der CO2-Abscheidung
die entscheidende Rolle spielen. Schöny geht davon aus, dass die bekannten Nachteile bisheriger Abscheideverfahren
mit wässrigen Aminlösungen dadurch weitegehend behoben werden können. Die Verwendung von Wirbelschichtsystemen
ermöglicht darüber hinaus eine gegenüber der Aminwäsche wesentlich kompaktere Bauweise des
CO2-Abscheidesystems.
Der Prozess wurde im Lauf der vergangenen Jahre an der TU Wien in Kooperation mit Shell entwickelt. Entscheidend
ist, dass sich das Rauchgas und der Strom aus Amin-funktionalisierten Partikeln in entgegengesetzte Richtungen
bewegen. Das Rauchgas strömt von unten nach oben und gibt dabei immer mehr CO2 ab, die Partikel strömen
von oben herab und nehmen auf ihrer Reise durch die mehrstufige Wirbelschichtkolonne immer mehr CO2 auf. Danach
werden die Partikel in eine zweite Wirbelschichtkolonne umgeleitet. Dort werden sie aufgeheizt, geben dabei das
CO2 wieder ab und können danach für die CO2-Abscheidung wiederverwendet werden.
Eine erste Versuchsanlage wurde an der TU Wien bereits gebaut, nun soll das Konzept auf vorindustriellen Maßstab
hochskaliert werden. „Unsere Versuchsanlage kann pro Tag etwa fünfzig Kilo CO2 abscheiden, nun wollen wir
eine Pilotanlage bauen, mit der man auf fünf Tonnen pro Tag kommt“, sagt Schöny.
Kohlenstoffneutrale Technik
Der Versuchsreaktor hat bereits bewiesen, dass das Prinzip funktioniert: Mehr als 90% des Kohlendioxids konnte
damit abgeschieden werden. Eines Tages könnte man solche CO2-Abscheidereaktoren mit Biomasseverbrennungsanlagen
kombinieren. Dadurch könnte man auf kohlenstoffneutrale Weise elektrischen Strom und CO2 für die Industrie
produzieren. Gemeinsam mit den Projektpartnern will die TU Wien nun in den nächsten Jahren die letzten technischen
Details klären. Im Rahmen des Forschungsprojekts „ViennaGreenCO2“ soll eine Pilot-Anlage in Wien Simmering
errichtet werden und 2018 in Betrieb gehen. Ein Teil des dort abgeschiedenen Kohlendioxids wird dann weiter aufbereitet
und kommt dann versuchsweise in einem Testgewächshaus der LGV Frischgemüse als Düngemittel zum Einsatz.
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