Innenausschuss will Beratungen nach heutigem Hearing im April fortsetzen
Wien (pk) - Die Diskussion wurde vergangenen Herbst von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angestoßen.
Geht es nach ihr, soll künftig systematisch geprüft werden, ob anerkannte Flüchtlinge in Österreich
tatsächlich noch Schutz brauchen oder sich die Lage vor Ort so weit entspannt hat, dass sie in ihr Heimatland
zurückkehren können. Seither wird über diese Frage unter dem Stichwort "Asyl auf Zeit"
debattiert, wobei ein von der Regierung dem Parlament im Jänner vorgelegter Gesetzentwurf neben einem vorläufig
nur befristeten Aufenthaltsrecht für anerkannte Flüchtlinge auch Restriktionen beim Familiennachzug vorsieht.
Damit will man nicht zuletzt die Attraktivität Österreichs als Zielland für Flüchtlinge verringern,
wie aus den Erläuterungen hervorgeht. Vorgesehen ist außerdem die Ausstellung von Identitätskarten
für Asylberechtigte.
Am 17.02. hat der Innenausschuss des Nationalrats ein Hearing zum Regierungsentwurf ( 996 d.B.) abgehalten, wobei
das Vorhaben nicht nur bei Grünen und NEOS, sondern auch bei den von ihnen nominierten ExpertInnen Nadja Lorenz
und Georg Bürstmayr auf Kritik stieß. Die beiden RechtsanwältInnen fürchten, dass Flüchtlinge
Schwierigkeiten haben werden, einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung zu finden, wenn sie nur einen befristeten Asylstatus
erhalten. Zudem verwiesen sie auf den enormen bürokratischen Aufwand durch die Gesetzesnovelle. Anders als
Lorenz sieht Bürstmayr auch offene verfassungsrechtliche Fragen. Vom Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts
Gerhard Hesse gab es allerdings in diesem Punkt Entwarnung, seiner Meinung nach ist die Gesetzesnovelle sowohl
verfassungs- als auch unionskonform.
Als Vertreter des Innenministeriums zeigte sich der zuständige Sektionschef Mathias Vogl überzeugt, dass
das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit der vorgesehenen
Personalaufstockung bewältigen wird. Seiner Ansicht nach sind die neuen Bestimmungen eine adäquate Reaktion
auf die aktuelle Situation.
Vogl und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nannten den Abgeordneten auch aktuelle Zahlen. Demnach befinden sich
derzeit mehr als 85.000 Flüchtlinge in der Grundversorgung, täglich werden aktuell rund 200 bis 250 Asylanträge
gestellt. Seit Anfang Jänner waren es in etwa 11.000. Rund 780.000 Flüchtlinge sind seit Anfang September
2015 in Österreich eingereist bzw. durch Österreich durchgereist. Die Zahl der im vergangenen Jahr eingeleiteten
Asyl-Aberkennungsverfahren bezifferte Vogl mit 363, in 140 Fällen wurde Asyl tatsächlich aberkannt.
Seitens der FPÖ äußerte Abgeordneter Gernot Darmann Zweifel daran, dass durch den vorliegenden
Gesetzentwurf die Attraktivität Österreichs als Zielland für Flüchtlinge geringer wird. Er
hält weitaus strengere Bestimmungen für notwendig. Christoph Hagen vom Team Stronach meinte, man würde
das Gesetz nicht brauchen, würden die geltenden Bestimmungen vollzogen. Die Beratungen wurden schließlich
vertagt und sollen bei der nächsten Ausschusssitzung am 14. April fortgesetzt werden.
Bürstmayr: Gesetzesnovelle erschwert Integration von Flüchtlingen
Eingeleitet wurde das Hearing durch den Fremdenrechtsexperten Georg Bürstmayr. Er hält die Schaffung
von "Asyl auf Zeit" verfassungsrechtlich zwar für unbedenklich, seiner Meinung nach machen die neuen
Bestimmungen verwaltungsrechtlich aber wenig Sinn. Sollte es wider Erwarten zu einer Vielzahl von Aberkennungsverfahren
kommen, wären diese seiner Meinung nach administrativ kaum bewältigbar. Schließlich müssten
alle Fälle einzeln geprüft werden. Während Asylbescheide mit ein paar Seiten meist recht knapp gehalten
seien, würden Aberkennungsbescheide nicht selten 50 bis 100 Seiten umfassen.
Schwerer wiegen für Bürstmayr allerdings die drohenden Erschwernisse für Flüchtlinge bei der
Integration. Auch wenn die vorgesehene Befristung des Asylstatus auf drei Jahre nur eine scheinbare sei und sich
an der geltenden Rechtslage wenig ändere, schaffe man damit ein "Asyl zweiter Klasse", welches es
Flüchtlingen erschweren werde, einen Arbeitsplatz zu finden. Er ist sich außerdem sicher, dass spätestens
am Tag der Beschlussfassung des Gesetzes eine Debatte über die Kürzung von Sozialleistungen für
die Betroffenen ausbrechen wird, da sie nur eine befristete Aufenthaltsberechtigung haben.
Was die Restriktionen beim Familiennachzug betrifft, sieht Bürstmayr nicht alle verfassungsrechtlichen Bedenken
ausgeräumt, insbesondere was die Beachtung der UN-Kinderrechtskonvention betrifft. Auch wenn diese nicht im
Verfassungsrang stehe, könnte der Verfassungsgerichtshof seiner Meinung nach Artikel 8 der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) im Sinne der Kinderrechtskonvention auslegen. Seiner Einschätzung nach könnte
die Einschränkung beim Familiennachzug außerdem dazu führen, dass sich künftig von Vornherein
gleich die ganze Familie auf Flucht begibt, eine Tendenz dazu sei bereits feststellbar. Damit fördere man
aber Schlepperei.
Lorenz: Flüchtlinge brauchen Hilfe
Ähnliche Bedenken wie von Bürstmayr kamen von der Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin Nadja
Lorenz, auch wenn sie die Regierungsvorlage nicht für EU- bzw. verfassungswidrig hält. Werde das Gesetz
beschlossen, nehme man in Kauf, dass in Österreich massiv Desintegration stattfinde. Lorenz rechnet wegen
der vorläufig auf drei Jahre befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht nur mit Schwierigkeiten für Flüchtlinge
am Arbeitsmarkt, sondern auch bei der Wohnungssuche und bei der Unterstützung durch das AMS. Rechtlich wäre
das Gesetz ihrer Meinung nach gar nicht notwendig, Asyl könnte jetzt schon aberkannt werden, wenn sich Umstände
im Heimatland deutlich geändert haben. Es kommt ihr zufolge aber nicht von ungefähr, dass es extrem wenige
Aberkennungsverfahren gibt, die noch dazu meist ohne Aberkennung von Asyl enden.
Lorenz hinterfragte auch das Ziel der Novelle, Österreich als Asylland weniger attraktiv zu machen. Auch wenn
die Situation schwierig sei, bräuchten die Flüchtlinge Unterstützung. Österreich solle sich
nicht dem derzeit in der EU zu beobachtenden "Strudel nach unten" anschließen. Lorenz plädierte
vielmehr dafür, verstärkt Energie darauf zu verwenden, zu europäischen Lösungen zu kommen.
Hesse: Novelle ist unions- und verfassungsrechtlich unbedenklich
Auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Regierungsvorlage beschränkte sich Gerhard Hesse, Leiter des
Verfassungsdiensts des Bundeskanzleramts. Er hält sowohl die vorgesehene Befristung der Aufenthaltsberechtigung
als auch die Restriktionen bei der Familienzusammenführung für unions- und verfassungsrechtlich unbedenklich.
Hesse zufolge gibt es nach wie vor hohe Hürden für die Aberkennung von Asyl. Es müsse sich die Lage
im Flüchtlingsherkunftsland nicht nur wesentlich und dauerhaft geändert haben, es sei auch jeder Einzelfall
zu prüfen. Bei der Familienzusammenführung halte man sich genau an das Unionsrecht. Die Behörden
könnten im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention von den gesetzlich geforderten Kriterien abweichen.
Artikel 8 der EMRK sehe allerdings kein Recht auf Familienzusammenführung vor, hob Hesse hervor.
Auch dass die neuen Bestimmungen für alle AsylwerberInnen gelten, die ihren Antrag nach dem 15. November 2015
gestellt haben und erst nach Inkrafttreten des Gesetzes Asyl erhalten, ist für Hesse in Ordnung. Es handelt
sich ihm zufolge um keine Rückwirkung. Im Verwaltungsrecht sei grundsätzlich immer die zum Zeitpunkt
der Entscheidung geltende Rechtslage maßgeblich. Inwieweit der Gesetzgeber davon abweichende Regelungen treffe,
stehe ihm frei.
Vogl: Neue Bestimmungen sind "adäquat"
Seitens des Innenministeriums wertete Mathias Vogl die vorliegende Gesetzesnovelle angesichts der aktuellen Krisenlage
als "adäquat". Seiner Ansicht nach ist es notwendig, auf den zunehmenden Flüchtlingsstrom zu
reagieren. Es gebe nach der Genfer Flüchtlingskonvention kein Recht, in einem bestimmten Staat einen Asylantrag
zu stellen, bekräftigte er. Vogl ist auch überzeugt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
den zusätzlichen administrativen Aufwand durch die vorgesehene massive Personalaufstockung bewältigen
kann.
Inwieweit die Zahl der AsylwerberInnen durch die vorliegende Novelle zurückgehen wird, wagte Vogl nicht zu
prognostizieren. Er erwartet sich aber einen deutlichen Rückgang der Anträge. Ihm zufolge ziehen derzeit
auch andere EU-Länder wie Ungarn, Deutschland, Frankreich, Dänemark oder Schweden die Schrauben enger
an. Vorteile gegenüber der jetzigen Rechtslage bringt die Novelle seiner Meinung nach auch wegen der verbesserten
Staatendokumentation mit jährlichen Analysen und aufgrund der neuen Karte für Asylberechtigte. Diese
sei nicht nur eine Identitätskarte, sondern diene auch dem Nachweis des rechtmäßigen Aufenthalts.
Gegenüber Abgeordnetem Darmann räumte Vogl ein, dass das Gesetz keine Sanktionen vorsehe, wenn ein Asylberechtigter
seiner Verpflichtung zur Meldung beim österreichischen Integrationsfonds nicht nachkomme. Die Integrationsbemühungen
würden aber im Rahmen eines etwaigen Aberkennungsverfahren berücksichtigt. Klargestellt wurde von Vogl
auch, dass nicht intendiert sei, in laufende Familienzusammenführungen einzugreifen. Die derzeitige Verfahrensdauer
von Asylverfahren gab er er mit rund sechs Monaten an.
Kritische Stimmen der Opposition
Die Debatte wurde von VertreterInnen der Opposition dominiert, wobei die FPÖ und das Team Stronach auf der
einen Seite sowie die Grünen und die NEOS auf der anderen Seite konträre Positionen verfolgten. So qualifizierte
FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann die Gesetzesnovelle als zu wenig weitgehend. Er glaubt nicht, dass die derzeitige
Attraktivität Österreichs für Flüchtlinge mit den neuen Bestimmungen beeinträchtigt wird.
Darmann plädierte unter anderem dafür, das Recht auf Familiennachzug zur Gänze abzuschaffen und
Abschiebungen zu intensivieren. Statt die Integration anerkannter Flüchtlinge in Österreich zu verfestigen,
hält er es überdies für vorrangig, sie auf die Rückkehr in ihre Heimat vorzubereiten. Bekräftigt
wurde von Darmann, dass es kein Menschenrecht auf eine Asyl-Wunschdestination gebe.
Seitens der Grünen sieht Abgeordnete Alev Korun die Regierungsparteien "auf einem totalen Holzweg".
Ihrer Meinung nach ist es eine Illusion zu glauben, dass weniger Flüchtlinge kommen werden, wenn man "besonders
grausam" mit ihnen umgehe. Die Flüchtlinge würden sich dadurch nicht in Luft auflösen und auch
nicht davon abhalten lassen, sich in Boote zu setzen. Sollten Österreich und andere europäische Länder
ihre Grenzen dicht machen, rechnet Korun mit einer humanitären Katastrophe in Griechenland.
Korun machte überdies geltend, dass Deutschland vor kurzem die Asylbefristung abgeschafft habe, da 95 % der
begonnenen Aberkennungsverfahren nicht in eine Aberkennung des Asylstatus gemündet hätten. Sie fürchtet
auch in Österreich nur unnötige Bürokratie durch "Asyl auf Zeit". Gleichzeitig würde
die Integration von Flüchtlingen massiv erschwert. Aufgrund der dreijährigen Wartezeit wird es ihr zufolge
außerdem für jugendliche Flüchtlinge, die nur subsidiären Schutz erhalten haben, extrem schwierig
werden, ihre Eltern nachzuholen.
Für NEOS-Abgeordneten Nikolaus Scherak hat "Asyl auf Zeit" angesichts der geltenden Rechtslage lediglich
Symbolcharakter. Er fürchtet allerdings negative Auswirkungen auf die Integration von Flüchtlingen in
den Arbeitsmarkt. Was den Familiennachzug betrifft, schloss sich Scherak den Bedenken Bürstmayrs an. Man rede
ständig über die Schaffung legaler Einreisemöglichkeiten und schränke nun ausgerechnet die
einzige legale Einreisemöglichkeit für Flüchtlinge ein, kritisierte er. Wie Abgeordnete Korun äußerte
er außerdem Bedenken gegen die dreimonatige Frist für die erleichterte Familienzusammenführung.
Nach Meinung von Christoph Hagen (T) wäre das vorliegende Gesetz überflüssig, wenn die Behörden
die geltenden Bestimmungen zur Aberkennung von Asyl vollziehen würden. Er hob überdies hervor, dass AsylwerberInnen
grundsätzlich im ersten sicheren Land um Asyl ansuchen müssten. Einmal mehr bekräftigte Hagen die
Forderung seiner Fraktion nach einer 48-stündigen Schnellprüfung von Asylanträgen.
Verteidigt wurde der Gesetzentwurf von ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon. Da es keine verfassungs- und unionsrechtlichen
Bedenken gebe, gehe es letztlich um eine politische Bewertung der Sachlage, hielt er fest. Zu den mit der Regierungsvorlage
mitverhandelten Oppositionsanträgen merkte sein Fraktionskollege Michael Hammer an, Österreich setze
zahlreiche Maßnahmen zur Grenzsicherung und zur Abschiebung von abgelehnten AsylwerberInnen.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gab zu bedenken, dass in Österreich im vergangenen Jahr über 90.000
Asylanträge gestellt wurden, so viel wie in 18 EU-Mitgliedsländern zusammen. Heuer wurden ihr zufolge
bisher 11.000 Asylanträge verzeichnet. Seit September 2015 sind rund 780.000 Flüchtlinge in Österreich
ein- bzw. durchgereist. Da eine europäische Lösung noch einige Zeit brauchen werde, hält Mikl-Leitner
als Reaktion auf die Entwicklung nationale Maßnahmen für erforderlich. Man müsse das Asylrecht
wieder auf seinen Kern zurückführen. Die Innenministerin plädierte dabei "für einen Weg
der Vernunft" und bekräftigte, dass sie nie einen Hehl daraus gemacht habe, dass sie sowohl gegen eine
"grenzenlose Willkommenskultur" als auch gegen eine "Politik der Hetze" sei.
Jährliche Analysen zur Lage in den Herkunftsländern der Flüchtlinge
Konkret soll das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit der von der Regierung vorgelegten Gesetzesnovelle
angewiesen werden, jährlich Analysen zu erstellen, inwieweit sich die Gefährdungslage in den wesentlichsten
Herkunftsländern der Flüchtlinge geändert hat. Bei einer positiven Einschätzung der Situation
vor Ort ist ein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus einzuleiten. Anerkannte Flüchtlinge werden außerdem
künftig in einem ersten Schritt nur noch eine befristete Aufenthaltsberechtigung für drei Jahre erhalten,
die sich jedoch automatisch verlängert, wenn kein Asyl-Aberkennungsverfahren eingeleitet bzw. ein solches
eingestellt wurde. Mit Rechtskraft der Aberkennung von Asyl erlischt die Aufenthaltsberechtigung.
Was den Familiennachzug betrifft, werden nahe Angehörige von Flüchtlingen – Ehegatten und minderjährige
Kinder – dem Gesetzentwurf zufolge künftig nur noch drei Monate Zeit haben, um bei einer österreichischen
Vertretungsbehörde im Ausland eine Einreise zu beantragen. Erfolgt die Antragstellung später, hat der
Familienangehörige Unterkunft, Krankenversicherung und ein ausreichendes Einkommen gemäß Niederlassungs-
und Aufenthaltsgesetz nachzuweisen. Subsidiär Schutzberechtigte, also Flüchtlinge, die zwar keinen Asylstatus
erhalten haben, wegen drohender Gefahr jedoch nicht in ihr Heimatland abgeschoben werden können, müssen
generell zumindest drei Jahre auf den Nachzug ihrer Familie warten und ausreichend Geldmittel vorweisen. Das Innenministerium
erwartet sich dadurch eine geringere Attraktivität Österreichs als Zielland für Flüchtlinge,
wie aus den Erläuterungen hervorgeht. Allerdings können im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention
auch Ausnahmen gewährt werden. Für Eltern unbegleiteter minderjähriger Asylberechtigter gelten die
neuen Hürden von Vornherein nicht.
Anerkannten Flüchtlingen will die Regierung künftig eine Identitätskarte ausstellen, die auch als
Nachweis für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich dient. Bei Aberkennung von Asyl
ist diese Karte zurückzustellen.
Verpflichtender Integrations-Check
Um die Integration zu fördern, werden Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte mit der Gesetzesnovelle
ausdrücklich dazu angehalten, sich zum Zweck der Integrationsförderung beim für das jeweilige Bundesland
zuständigen Integrationszentrum des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) zu melden. Wer Deutschkurse
und andere Integrationskurse, etwa zur Vermittlung von Grundkenntnissen der demokratischen Ordnung in Österreich,
absolviert, hat eine höhere Chance, aufgrund von erfolgreicher Integration nicht in sein Heimatland zurückgeschickt
zu werden, sollten die Fluchtgründe wegfallen. Die Kurse dürfen nach Maßgabe vorhandener Ressourcen
künftig auch AsylwerberInnen angeboten werden, wenn diese eine gute Chance auf internationalen Schutz haben.
Schließlich reagiert die Regierung mit einer Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes auf ein vom Verfassungsgerichtshof
eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren. Demnach soll die verkürzte zweiwöchige Beschwerdefrist
in allen Verfahren betreffend Zuerkennung und Aberkennung von Asyl künftig nur noch für solche Entscheidungen
gelten, die mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einhergehen.
Gelten sollen die neuen Bestimmungen grundsätzlich für alle Flüchtlinge, die nach dem 15. November
2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, außer sie haben inzwischen bereits Asyl erhalten.
Die Kosten des Pakets werden auf rund 600.000 € jährlich geschätzt, im Gegenzug geht das Innenministerium
von Kostendämpfungseffekten bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung aus.
FPÖ fordert Abwicklung von Asylverfahren innerhalb von drei Monaten
Mitverhandelt mit der Regierungsvorlage wurden eine Reihe von Oppositionsanträgen. So fordert die FPÖ
die konsequente Abschiebung von Wirtschaftsflüchtlingen ( 1429/A(E)), die Abwicklung von Asylverfahren innerhalb
von drei Monaten und die ausnahmslose Unterbringung von AsylwerberInnen in Bundeseinrichtungen ( 1528/A(E)). Gleichzeitig
wünscht sich die FPÖ, dass das Weiterbestehen der Asylgründe halbjährlich geprüft wird.
Hauptstoßrichtung eines Antrags der Grünen ist eine nachhaltige und solidarische Flüchtlingspolitik
in der Europäischen Union ( 333/A(E)). Dazu gehören nach Meinung von Abgeordneter Alev Korun auch eine
gemeinsame Krisenprävention, legale Einreisemöglichkeiten für AsylwerberInnen und einheitlich hohe
Standards für Asylverfahren. Die NEOS wiederum mahnen genauere Asylstatistiken ( 789/A(E)) sowie eine generelle
Vereinfachung des ihrer Ansicht nach viel zu komplizierten Fremdenrechts ( 1020/A(E)) ein.
Kriminalitätsstatistik: Team Stronach für Angabe des Migrationshintergrunds
Abseits des Themas Asyl geht es dem Team Stronach darum, in der Kriminalitätsstatistik künftig den Migrationshintergrund
bei Täterinnen und Tätern mit österreichischer Staatsbürgerschaft auszuweisen, und zwar sowohl
in der 1., 2. und 3. Generation ( 1522/A(E)). Nach Meinung von Abgeordnetem Christoph Hagen wäre es zur Sicherstellung
einer gelungenen Integration wichtig zu wissen, wie viele Personen mit Migrationshintergrund eine Straftat begehen.
Damit könnte man Integrationsmaßnahmen zielgerichteter gestalten. Alle sechs Entschließungsanträge
wurden gemeinsam mit dem Regierungsentwurf vertagt.
Migrations- und Sicherheitsfragen im Fokus der EU
Neben den beabsichtigten nationalstaatlichen Nachschärfungen im Asylrecht stand im Innenausschuss zudem auch
das Arbeitsprogramm über geplante EU-Maßnahmen für 2016 im Kompetenzbereich des Innenministeriums
auf der Tagesordnung. Laut Bericht will die EU-Kommission in diesem Jahr ernst machen, wenn es um die Sicherung
der EU-Außengrenzen geht. Eine neue europäische Agentur für Grenz- und Küstenschutz soll die
bisherige Grenzschutzagentur Frontex ablösen, Änderungen des Schengener Grenzkodex, die auf systematische
Kontrollen von EU-Bürgerinnen und Bürgern an den Land-, See- und Luftaußengrenzen abzielen, sollen
die Sicherheit im Schengen-Raum erhöhen, so die Absicht. Im Fokus der diesjährigen EU-Vorhaben steht
damit die Umsetzung der europäischen Sicherheitsagenda. Richtlinienvorschläge zur Terrorismusbekämpfung
und einer Verschärfung für Feuerwaffen sind derzeit dazu in Diskussion, wie es im Bericht ( III-232 d.B.)
heißt.
Priorität hat das sogenannte "Intelligente Grenzmanagement" auch im 18-Monatsprogramm des nunmehrigen
Ratspräsidentschaftstrios Niederlande, Slowakei und Malta. "Intelligente" Grenzen bedeutet dabei
die Einführung eines EES (Entry-Exit System) sowie eines RTP (Registered Traveller Programme). Hierzu wird
es voraussichtlich im März neue, von der Kommission überarbeitete Legislativvorschläge geben. Vorantreiben
will der gemeinsame niederländische, slowakische und maltesische Ratsvorsitz auch die Evaluierung und gegebenenfalls
Änderung der Dublin-Verordnung, überprüfen will das Trio zudem die "Blue Card"-Richtlinie.
Zu den Projekten, die der Rat außerdem ins Auge fassen will, gehören unter anderem Visaerleichterungs-
und Liberalisierungsabkommen mit einer Reihe von Staaten Ost- und Südosteuropas und der Schwarzmeerregion,
die Frage der Erweiterung des Schengen-Raums um Bulgarien, Rumänien und Kroatien und die Richtlinie über
Fluggastdatensätze.
Zu einer großen Debatte über die Vorhaben der EU in Sachen Migrations- und Sicherheitspolitik kam es
im Ausschuss jedoch nicht. Hannes Fazekas von der SPÖ meinte, dass die aktuell schwierige Situation in Europa
durch das Arbeitsprogramm zum Ausdruck gebracht werde. Wichtig erachtete er die forcierte Zusammenarbeit zwischen
nationalen Sicherheitsbehörden. In Sachen Grenzmanagement lässt sich der Rat seiner Meinung nach aber
zu viel Zeit. Philipp Schrangl (F) konnte nicht nachvollziehen, warum sich Österreich nicht wie andere EU-Mitgliedsstaaten
gegen die Erweiterung des Schengen-Raumes ausspricht. Für Christoph Hagen (T) enthält das EU-Arbeitsprogramm
"lauter Absichtserklärungen". Alev Korun von den Grünen bemängelte, dass das Arbeitsprogramm
zwar teilweise sinnvolle Vorhaben enthält, essentielle Fragen nach legalen Fluchtwegen oder den Gründen
von irregulärer Einreise aber nicht aufgegriffen werden. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
|