EU-Hauptausschuss zum Thema Asyl vor Tagung des Europäischen Rats
Wien (pk) - Wenig zuversichtlich zeigte sich Bundeskanzler Werner Faymann am 17.02. im Hauptausschuss des
Nationalrats im Vorfeld der Tagung des Europäischen Rats kommenden Donnerstag und Freitag. Die Sicherung der
europäischen Außengrenzen sei gescheitert, weshalb nationale Lösungen notwendig seien, beschrieb
Faymann die aktuelle Lage.
Ausweitung der nationalen Anstrengungen zur Sicherung der Grenzen
"Dublin gilt", auch wenn es schlecht funktioniere, führte Bundeskanzler Werner Faymann aus. Österreich
könne stolz sein, sich nicht gedrückt zu haben. In den kommenden vier Jahren sollen Flüchtlinge
im Ausmaß von 1,5 % der österreichischen Bevölkerung akzeptiert werden, erinnerte der Kanzler.
Dennoch verbiete es der Realitätssinn zu glauben, dass alle Flüchtlinge, die nach Österreich kommen
wollen, aufgenommen werden können. Da Faymann von der kommenden Sitzung des Europäischen Rats keine endgültigen
Lösungen erwarte, werde Österreich selbst handeln und die Grenzkontrollen massiv ausweiten, außerdem
würden die Abschlüsse von Rückführungsabkommen weiter vorangetrieben. Die österreichischen
Schritte interpretierte Faymann dabei als bloße Notmaßnahmen, die er sich nicht gewünscht habe.
Die faktische Geltung des Dublin-Abkommens sei eingeschränkt, erläuterte der Bundeskanzler am Beispiel
der beschränkten Rückführbarkeit von Flüchtlingen nach Griechenland und hob die Rechtsstaatlichkeit
Österreichs hervor. Um zu einem Europa mit einheitlichem Flüchtlingsrecht zu kommen, sei ein qualitativer
Sprung erforderlich. Von 28 Einzelmeinungen müsse zu einer Gesamtlösung übergegangen werden, dies
sei ein "schwieriger Prozess". Dieser befinde sich momentan in der kompliziertesten Phase, weshalb Plan
B eingeleitet wurde. In Bezug auf die Türkei werde er versuchen, zu möglichst vielen gemeinsamen Lösungsschritten
zu kommen und den Schleppern an der türkisch-griechischen Grenze entgegenzutreten. Dies dürfe jedoch
nicht der einzige Lösungsansatz sein, führte Bundeskanzler Werner Faymann ins Treffen.
Österreich als Flüchtlingsmagnet
Mangels europäischer Solidarität und Gemeinsamkeit seien Grenzsicherungen notwendig, führte auch
Christine Muttonen (S) aus. Es handle sich dabei um kurzfristige Zwischenlösungen, denn vorrangige Ziele seien,
auf globaler Ebene auf eine Kriegsbeendigung hinzuwirken und zu einer europäischen Lösung, im Sinne einer
Verteilung der Flüchtlinge auf alle Mitgliedstaaten, zu kommen. Dies ist auch im Sinne der EU-BürgerInnen,
zitierte Muttonen eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung, wonach über 80 % der europäischen Bevölkerung
für eine Verteilung der Flüchtlinge sei.
Ähnlich sah dies auch Fraktionskollege Josef Cap (S), für den die Aufrechterhaltung der europäischen
Handlungsfähigkeit im Vordergrund stand. Aufgrund seines herzeigbaren, menschlichen Kurses sei Österreich
ein Magnet für alle Flüchtlinge. Nun ist jedoch die Grenze der Aufnahmekapazität erreicht und es
müssten Handlungen gesetzt werden, bedauerte Cap und betonte, Menschenrechte erfüllen zu wollen. Aufgrund
dieser magnetischen Wirkung auf Syrer, Pakistani und Afghanen müssten nationale Maßnahmen gesetzt werden,
erklärte auch Georg Vetter (V) die aufgrund des Flüchtlingsanstroms notwendig gewordene politische Entscheidung.
Der europäische Fokus liege auf der Wirtschaft, dabei komme der Sicherheitspolitik zu wenig Bedeutung zu,
brachte Vetter zur Sprache. Um dem Signal sicherheitspolitischer Schwäche entgegenzuwirken, müssten die
Hotspots in Griechenland funktionsfähig gestaltet werden. In diesem Sinne sei auch die Schengen-Fähigkeit
Griechenlands in Frage zu stellen. Für Fraktionskollegin Michaela Steinacker stand die Weiterentwicklung des
Dublin-Abkommens bis zur tatsächlichen Anwendbarkeit im Vordergrund. Getroffene Beschlüsse seien umzusetzen,
drängte sie und sprach sich für die schnellstmögliche gemeinsame Sicherung der europäischen
Außengrenzen aus.
Die Grenze zwischen Tirol und Südtirol am Brennerpass sei ein Ort der Begegnung, betonte Maximilian Unterrainer
von der SPÖ. Bei der Einführung der Grenzkontrollen sei mit entsprechender Sensibilität vorzugehen,
forderte der Abgeordnete und stellte in den Raum, dass der Wille zur gemeinsamen Sicherung der europäischen
Außengrenzen sinken würde, wenn alle Länder ihre nationalen Grenzen schützen. Dem pflichtete
Gisela Wurm (ebenso S) bei. Die aktuelle Ausnahmesituation mache nationale Maßnahmen erforderlich, dennoch
sei die EU nicht auf eine Wirtschaftsgemeinschaft zu reduzieren.
Grüne: Dominoeffekt auf der Balkanroute
Die Grenzschließungen der österreichischen Bundesregierung lösen einen Dominoeffekt auf der Balkanroute
aus, wodurch es zu einer humanitären Katastrophe in Griechenland kommen wird, lautet der Vorwurf des Grün-Mandatars
Werner Kogler. Um das Funktionieren der Hotspots in Griechenland zu sichern, müssten die Flüchtlings-Verteilungsquoten
thematisiert werden, nur so könne mittelfristig das gemeinsame Asylrecht aufrecht erhalten werden. Dem konnte
sich Christoph Vavrik (N) vollinhaltlich anschließen.
Österreich sei ein Land in dem humanitäre Hilfe Tradition habe, erinnerte Tanja Windbüchler-Souschill
(G), daher müsse in Hilfsprojekte vor Ort investiert werden. Zudem sei Dublin zu reformieren. Fraktionskollege
Harald Walser hakte bei der Lösung des Problems auf europäischer Ebene ein und forderte den Bundeskanzler
dazu auf, beim Europäischen Rat für verbindliche Verteilungsquoten eintreten.
Team Stronach: EU als Haus ohne Fundament
Demgegenüber verglich Waltraud Dietrich vom Team Stronach den Beitritt zur Europäischen Union mit einer
Waagschale. Einerseits könne Österreich von den Vorteilen, beispielsweise dem Euro oder freien Grenzen,
profitieren, andererseits seien gemeinsame Spielregeln einzuhalten. Aufgrund der langsamen Reaktion der EU auf
die Migrationsströme sei es völlig verständlich, dass Mitgliedstaaten dazu übergehen, selbst
Aktionen zu setzen. Die EU sei nicht in der Lage Probleme zu lösen, weshalb Dietrich zu dem Schluss kommt,
dass dieses "Haus ohne Fundament" einsturzgefährdet ist.
FPÖ für Einhaltung des Dublin-Abkommens
Reinhard Bösch (F) trat an Bundeskanzler Werner Faymann mit dem Auftrag heran, am kommenden Asyl-Gipfel auf
eine Entscheidung bezüglich der Geltung des Dublin-Abkommens hinzuwirken. Wenn dies tatsächlich in Kraft
sei, müsste die Verantwortung von allen Mitgliedstaaten getragen werden, so Bösch. Daher stellte der
Abgeordnete den Antrag auf Einhaltung des EU-Rechts im Zusammenhang mit der Asylkrise. In diesem Sinne sollte Dublin
anerkannt und umgesetzt werden. Nur so könne die europäische Glaubwürdigkeit wiederhergestellt werden.
Seine Hoffnungen in die EU seien gescheitert, weshalb nationale Maßnahmen dringend notwendig seien, erläuterte
Bösch. Der Antrag fand bei den Ausschussmitgliedern keine Mehrheit.
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