"Die drei Jahresringe des Parlaments": Ausstellungseröffnung
und Podiumsdiskussion
Wien (pk) - Dass die Architekturgeschichte des Parlamentsgebäudes durch "Jahresringe" markiert
wird, macht derzeit eine Ausstellung in der Säulenhalle deutlich, die zudem Gelegenheit gibt, den Blick auch
auf die bevorstehende Generalsanierung des Hohen Hauses am Ring zu richten. Für Parlamentsvizedirektor Alexis
Wintoniak, der die Schau eröffnete, erschließt sich dabei die Notwendigkeit der Sanierung nicht nur
durch die festgestellten Schäden und Mängel, sondern auch durch den Bedarf an zusätzlichen Raumkapazitäten.
"Über zwei Jahresringe – die Errichtung durch Theophil Hansen und den Wiederaufbau nach dem Krieg - haben
wir Gewissheit, den dritten Jahresring prägen wir als Parlament nun selbst", brachte er die Herausforderung
der Sanierung auf den Punkt.
Generalsanierung will neuen Raum für modernen Parlamentarismus schaffen
Die Vorgaben sind hoch, betonte Wintoniak, der das Projekt Generalsanierung leitet. Nachdem der Hansen-Bau trotz
seiner historischen Symbolik durch die funktionale Grundstruktur und die Integration der damals neuesten technischen
Errungenschaften einen Aufbruch in die Moderne signalisierte und das Wiederaufbauprojekt von Fellerer & Wörle
mit seiner reduzierten Formensprache das neue Zeit- und Demokratieverständnis zum Ausdruck brachte, geht es
nun bei der Generalsanierung – dem dritten Jahresring – darum, die bestehenden Strukturen weiterzuentwickeln und
neuen Raum für modernen Parlamentarismus zu schaffen.
Nicht nur die Architektur des Hauses, sondern auch die Bauherrnschaft ist durch Jahresringe gekennzeichnet. Wintoniak
erinnerte, dass schon 1883 alle politischen Kräfte in die Baukommission einbezogen wurden, die letzte Entscheidungsinstanz
allerdings beim Innenministerium lag. 1945 bildete dann die Präsidialkonferenz des Nationalrats ein informelles
Baukomitee, wobei die Letztverantwortung dem Ministerium für Handel und Wiederaufbau zukam. Die bevorstehende
Generalsanierung wiederum baut nun auf einer komplexen Struktur aus Nutzerbeirat und Bauherrnausschuss auf und
wird gemeinsam von der Parlamentsdirektion und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) durchgeführt. Im Unterschied
zu den beiden früheren Bauphasen trägt heute aber das Parlament selbst, und damit die Präsidentin
des Nationalrats unterstützt von den Fraktionen, die Letztverantwortung für das Projekt, gab Wintoniak
zu bedenken. Aus der zeitlichen Distanz lassen sich das Gelingen und die herausragende Bedeutung der beiden ersten
Jahresringe klar erkennen. Der Parlamentsvizedirektor drückte seine Hoffnung aus, "dass auch der dritte
Jahresring von unseren Nachfahren einmal als großer Erfolg gesehen wird".
Generalsanierung im Geiste Theophil Hansens
Das Parlament wird im Geiste Hansens saniert werden, stimmten in einer von der Architekturpublizistin Franziska
Leeb moderierten Podiumsdiskussion die maßgeblich mit dem Projekt befassten ArchitektInnen überein.
Friedrich Dahm (Landeskonservator Bundesdenkmalamt Wien), der den Begriff der Jahresringe prägte, argumentierte,
bauliche Veränderungen seien notwendig, um die Abläufe des Parlaments zu gewährleisten. Gleichzeitig
gelte es, die wesentlichen Charakteristika des Hansen-Baus zu erhalten, sodass ein funktionierendes Haus im neuen,
alten Glanz erstrahlt. Die Baumaßnahmen werden auf die Funktionalität des Hauses abgestimmt, pflichtete
Andras Palffy (Projektleiter Generalplanung Sanierung Parlament) bei, der die Sanierung auch unter dem Aspekt der
Öffnung des Parlaments betrachtete.
Ernst Beneder (Kommissionsvorsitzender Generalplanersuche Sanierung Parlament) begrüßte das nach anfänglichem
"Erklärungsbedarf" nun positive Echo in den Medien und sah die Herausforderung vor allem darin gelegen,
das Parlamentsgebäude an neue Aufgaben anzupassen. Genau dies – und nicht die Form der Baumaßnahmen
– sei Gegenstand des parteienübergreifenden Konsenses. Man habe bei der Generalsanierung eine Organisation
gewählt, die rasche und effiziente Entscheidungen ermöglicht, stellte Heide Fritz (Verfahrensbegleitung,
Generalplanersuche Sanierung Parlament) anerkennend fest und zeigte sich zuversichtlich, dass die gründliche
Planung des Projekts die Einhaltung des Kostenrahmens gewährleisten werde.
Die Schau in der Säulenhalle führt anhand von Plänen, Modellen und Originalmöbeln aus den Beständen
des Parlaments durch die Baugeschichte des Hauses. Viele Objekte werden dabei erstmals der Öffentlichkeit
präsentiert.
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