Sichere Energieversorgung: EU-Kommission
 will Europa krisenfester machen

 

erstellt am
17. 02. 16
11:00 MEZ

Brüssel (ec) - Die Europäische Kommission hat heute (Dienstag) eine Reihe konkreter Vorschläge vorgelegt, um Europa besser gegen Störungen bei der Gasversorgung zu wappnen, die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zu verbessern und den Energiebinnenmarkt transparenter zu gestalten. Die Vorschläge sind Teil der Strategie für eine Europäische Energieunion, eine der Prioritäten der Juncker-Kommission. Sie stehen auch im Zeichen des globalen Klimaabkommens von Paris vom Dezember 2015, das die Weichen für eine globale Energiewende stellt. In einem nächsten Schritt müssen nun das Europäische Parlament und die EU-Staaten über die Kommissionsvorschläge beraten.

Die Vorschläge umfassen eine Überarbeitung der Verordnung über die Sicherung der Gasverordnung hin zu mehr Solidarität und einem regionalen Ansatz und inklusive mehr Transparenz zu Gaslieferverträgen, die für die Versorgungssicherheit relevant sein können, die Einführung einer Vorab-Prüfung zwischenstaatlicher Abkommen, die Mitgliedstaaten im Energiebereich abschließen, durch die Kommission, eine Strategie für Flüssig-Erdgas (LNG) und die Gasspeicherung und eine Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung und eine Analyse der Energieeinsparpotentiale des Sektors.

Der für die Energieunion zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefcovic, sagte: "Mit der Strategie für die Energieunion haben wir versprochen, alle Europäer mit sicherer, nachhaltiger und unter Wettbewerbsbedingungen gelieferter Energie zu versorgen. Das heutige Maßnahmenpaket betrifft in erster Linie die Sicherung unserer Energieversorgung, berührt aber alle drei übergeordneten Ziele."

EU-Kommissar Miguel Arias Cañete, zuständig für Klimapolitik und Energie, sagte: "Nach den Gaskrisen von 2006 und 2009, durch die viele Millionen der Kälte ausgesetzt waren, haben wir gesagt: 'Niemals wieder'! Aber die Stresstests von 2014 haben gezeigt, dass wir noch viel zu anfällig für größere Störungen der Gasversorgung sind. Die politischen Spannungen an unseren Grenzen führen uns außerdem deutlich vor Augen, dass sich dieses Problem nicht einfach in Luft auflösen wird. Bei den heutigen Vorschlägen geht es um ein zuverlässiges, wettbewerbsorientiertes und flexibles System, in dem Energie über Grenzen hinweg fließt und die Verbraucher von den Vorteilen profitieren können. Es geht darum, zusammenzustehen, um die Schwächsten zu schützen. Und es geht darum, unsere Zukunft mit sauberer Energie zu gestalten."

Im Einzelnen schlägt die Kommission folgendes vor:

Überarbeitung der Verordnung zur Sicherung der Gasversorgung
Gas spielt bei der Umstellung auf eine Wirtschaft mit geringen CO2-Emissionen eine zentrale Rolle und bleibt eine wichtige Komponente im Energiemix der EU. Wegen der derzeitigen Abhängigkeit von Lieferanten aus Drittländern muss sich die EU auf ihren Märkten für eventuelle Störungen der Gasversorgung aber besser wappnen. Dafür wird erstmalig ein Solidaritätsgrundsatz eingeführt, nach dem benachbarte Mitgliedstaaten sich gegenseitig helfen werden, im schweren Krisenfall die Gasversorgung der Privathaushalte und der grundlegenden sozialen Dienste (Gesundheits-, Not- und Sicherheitsdienste) zu sichern.

Bei der Konzeption der Versorgungssicherung will die Kommission von einem nationalen zu einem regionalen Ansatz überzugehen. Dabei kommt es vor allem darauf an, die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, wozu auch eine genaue Bewertung gemeinsamer Risiken, möglicher gleichzeitiger Krisen und tatsächlich verfügbarer Ressourcen gehört. Dies trägt dazu bei, die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu erhöhen und deren Kosten für die EU-Verbraucher zu senken.

Die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern der EU wird verstärkt, indem die Länder der Energiegemeinschaft in eine effektivere Vorbeugung und in die Bewältigung möglicher Gasversorgungskrisen an den Grenzen zwischen der EU und den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft einbezogen werden. Als zusätzliche Transparenzmaßnahme wird vorgeschlagen, dass bestimmte Verträge, die für die Gasversorgungssicherheit relevant sind, von den Erdgasunternehmen bei Abschluss oder Änderung automatisch der Kommission und den Mitgliedstaaten gemeldet werden müssen.

Zwischenstaatliche Abkommen im Energiebereich
Für alle zwischenstaatlichen Abkommen zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten und einem oder mehreren Nicht-EU-Staaten, die Auswirkungen auf die Sicherheit der Energieversorgung und das Funktionieren des Energiebinnenmarktes der EU haben, will die EU-Kommission eine verbindliche Vorab-Prüfung (derzeit ex-post) einführen. Einbezogen werden neben den Abkommen selbst auch Vereinbarungen, die nicht rechtsverbindlich sind, wie z. B. gemeinsame politische Erklärungen und Absichtserklärungen, die die Auslegung des EU-Rechts betreffen oder aber Bedingungen für die Energieversorgung (Preise) oder den Ausbau der Energieinfrastruktur festlegen.

Konkret bedeute das, dass die Mitgliedstaaten der Kommission ihre Abkommens-Entwürfe vor deren Abschluss übermitteln müssen. Die Mitgliedstaaten werden keine zwischenstaatlichen Abkommen im Energiebereich unterzeichnen, bevor die Kommission ihre Stellungnahme abgegeben hat. Bei Abschluss eines zwischenstaatlichen Abkommens oder einer entsprechenden Änderung müssen die Mitgliedstaaten künftig die Stellungnahme der Kommission in allen Punkten berücksichtigen.

Seit 2012 wurden der Kommission 124 zwischenstaatliche Abkommen gemeldet. Davon betreffen 60 Prozent die allgemeine Zusammenarbeit im Energiebereich und 40 Prozent die Versorgung mit oder die Einfuhr oder den Transit von Erdöl, Erdgas oder Strom, den Ausbau der Energieinfrastruktur oder Vorschriften für die Nutzung von Öl- und Gasfeldern. Nach ihrer Analyse äußerte die Kommission bei 17 dieser Abkommen Zweifel an der Übereinstimmung mit dem EU-Recht.

Eine Strategie für Flüssigerdgas (LNG) und die Speicherung von Gas
Europa ist der weltgrößte Importeur von Erdgas. Europa verfügt insgesamt über beträchtliche LNG-Einfuhrkapazitäten – momentan reichen sie aus, um rund 43 Prozent des derzeitigen Gasbedarfs (Stand 2015) zu decken. Allerdings gibt es nach wie vor beträchtliche regionale Unterschiede, was den Zugang zu Flüssigerdgas (LNG) angeht. Die Kommission legt eine Strategie für Flüssigerdgas (LNG) fest, um den Zugang aller Mitgliedstaaten zu LNG als alternative Gasversorgungsquelle zu verbessern. Die wichtigsten Elemente dieser Strategie sind der Aufbau der für die Vollendung des Energiebinnenmarktes strategisch wichtigen Infrastruktur und die Ermittlung der Projekte, die erforderlich sind, um die Abhängigkeit einiger der Mitgliedstaaten von einer einzigen Versorgungsquelle zu beenden.

Eine Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung
Auf die Wärme- und Kälteerzeugung für Gebäude und die Industrie entfällt die Hälfte der insgesamt in der EU verbrauchten Energie. Zu 75 Prozent werden dafür fossile Brennstoffe eingesetzt. Mit der vorgeschlagenen Strategie sollen in erster Linie die Hindernisse für die Senkung der CO2-Emissionen, die durch das Heizen und Kühlen von Gebäuden und in der Industrie verursacht werden, beseitigt werden. Ferner wird darauf hingewiesen, dass sich eine gesteigerte Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien auf die Sicherheit der Energieversorgung auswirken werden. Eine stärker strategisch ausgerichtete Betrachtung dieses Sektors ist von entscheidender Bedeutung, da die EU ihre Abhängigkeit von Lieferanten aus Drittländern verringern will.

Ausführliche Informationen finden Sie in diesem Factsheet.
Die Schaffung einer krisenfesten Europäischen Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie ist eine der Prioritäten der EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker. Entsprechend der Rahmenstrategie vom vergangenen Februar besteht das Ziel der Europäischen Energieunion darin, die Verbraucher in der EU, also Privathaushalte und Unternehmen, mit sicherer, nachhaltiger, unter Wettbewerbsbedingungen erzeugter und erschwinglicher Energie zu versorgen. Dies erfordert einen grundlegenden Wandel unserer Energielandschaft.

 

 

 

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