Kurze Debatte im Nationalrat zur Anfrage des Team Stronach nach Zahl
illegal in Österreich aufhältiger Personen
Wien (pk) - Der Klubobmann des Team Stronach, Robert Lugar wollte Ende vergangenen Jahres von Innenministerin
Johanna Mikl-Leitner wissen, wie viele Personen sich nach Berechnungen von ExpertInnen ihres Ressorts derzeit illegal
in Österreich aufhalten. Zudem hatte er nachgefragt, wie viele illegal aufhältige Personen in den Jahren
2011 bis 2015 aufgegriffen wurden, besonders an Flughäfen, bei Grenzkontrollen, bei routinemäßigen
Polizeikontrollen oder Kontrollen anderer Behörden. Er erkundigte sich auch nach der Zahl der Personen, die
in diesem Zeitraum geschleppt wurden.
In einer Kurzen Debatte, die das Team Stronach in der Nationalratssitzung vom 24.02. zur Anfragebeantwortung der
Ministerin verlangte, wurden die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf die Zahl der illegalen Aufenthalte
in Österreich thematisiert. Team Stronach und FPÖ kritisierten dabei einmal mehr die Maßnahmen
des Grenzmanagements als unzureichend, während die Regierungsparteien die Innenministerin verteidigten und
Grüne und NEOS sich gegen einen politischen Diskurs wandten, der die Schutzbedürftigen zum eigentlichen
Problem erkläre, statt die Ursachen für die Flucht.
Team Stronach-Klubobmann Robert Lugar zeigte sich unzufrieden mit der Anfragebeantwortung der Innenministerin und
forderte eine konsequente Abschiebung aller Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufgegriffen werden. Die bisherigen
Maßnahmen der Innenministerin in dieser Frage seien völlig unwirksam, sagte er. Die Auskünfte der
Ministerin seien jedenfalls unzureichend, befand Lugar. Wenn seitens des Innenministeriums immer wieder auf das
Fehlen einer Statistik verwiesen werde, dann zeige das auf, dass die Ministerin die Problematik von "U-Booten"
nicht ernst genug nehme und es offenbar eine hohe Dunkelziffer gebe. Die Obergrenze für Asylanträge sei
in der jetzigen Form rechtlich sicher nicht haltbar, denn entweder jemand habe Anspruch auf Schutz, dann könne
dieser nicht durch eine Obergrenze aufgehoben werden, oder er habe keinen Anspruch, dann sei auch die Obergrenze
irrelevant, argumentierte Lugar. Konsequent wäre es daher, Schutz nur Personen zu gewähren, die ihn als
Flüchtlinge auch verdienten, alle anderen jedoch sofort zurückzuweisen. Dafür brauche man jedoch
stärkere Mittel als bisher, meint Lugar. In letzter Konsequenz sollte man daher überlegen, ob die EU
durch einen militärischen Einsatz Schutzzonen einrichten kann, etwa in Libyen. Sein Fraktionskollege Christoph
Hagen sagte, es müsse zu denken geben, dass das Innenministerium offenbar keine Ahnung habe, wer von den aufgegriffenen
illegal aufhältigen Personen das Land tatsächlich verlasse. Darin zeige sich, dass die Polizei zu geringen
Handhaben habe, um illegalen Aufenthalt zu unterbinden. Die Zunahme von Personen, die keinen Zugang zu Arbeit und
Beschäftigung haben, führe eindeutig zu einem Anstieg bei Drogenkriminalität und Eigentumsdelikten,
sagte Hagen.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erläuterte die rechtlichen Rahmenbedingungen, die es bei illegalem Aufenthalt
gibt. Jede Rückführung erfordere ein Heimreisezertifikat, was Vereinbarungen mit den Herkunftsstaaten
voraussetze. Hier würden seitens der EU und auch Österreichs große Anstrengungen unternommen, zu
entsprechenden Übereinkommen zu gelangen. 2015 sei es gelungen 8.365 Personen außer Landes zu bringen,
den Großteil davon freiwillig. Aus ihrer Anfragebeantwortung herauszulesen, was das Team Stronach tue, nämlich
dass sich derzeit mehr als 92.000 Menschen unrechtmäßig in Österreich aufhalten würden, sei
nicht gerechtfertigt. Die Statistik enthalte unter anderem auch Personen, deren Aufenthalt sich in weiterer Folge
durch Stellung eines Asylantrags bereits legalisiert hat. Die Innenministerin verteidigte einmal mehr die Obergrenze
für Asylanträge, die täglich entgegengenommen werden. Die Westbalkan-Konferenz habe sich zum Ziel
gesetzt, die Flüchtlingsströme zu reduzieren. Ein weiteres "Durchwinken" von Flüchtlingen
und Migranten in Richtung Mitteleuropa werde Österreich nicht weiter akzeptieren. Daher setze man gemeinsam
mit den Westbalkanstaaten Maßnahmen. Im Frühjahr werde der Schlepperbericht dem Nationalrat vorgelegt,
dieser werde alle Zahlen zu diesem Thema präsentieren, kündigte die Innenministerin an.
Otto Pendl (S) bedankte sich bei allen, die zur Bewältigung der Flüchtlingsproblematik beitragen, und
meinte, das Team Stronach biete nur Kritik an den gesetzten Maßnahmen, aber keine einzige Antwort. Zu kritisieren
sei die unsolidarische Haltung innerhalb der EU und seitens der internationalen Gemeinschaft, meinte Pendl. Österreich
bemühe sich, einerseits die Bedenken der Bevölkerung zu berücksichtigen, andererseits allen Menschen,
die Hilfe brauchen, eine menschenwürdige Unterkunft zu gewähren. Das Thema sei jedenfalls viel zu ernst,
um damit Verunsicherungspolitik zu betreiben.
Werner Amon (V) meinte, dem Team Stronach sei offensichtlich die Sensibilität für Prioritäten abhandengekommen.
Die Innenministerin sollte beim wichtigen Treffen mit den Außenministern der Balkanstaaten sein, anstatt
die Fragen des Team Stronach zu beantworten, die zudem, wie die Ministerin in der schriftlichen Anfragebeantwortung
bereits klargestellt habe, auf der inkorrekten Interpretation der Zahlen beruhe. Die Innenministerin verdiene Respekt
für das effektive Grenzmanagement, dass sie zur Bewältigung der schwierigen Lage eingerichtet habe. Das
Team Stronach wolle sich jedoch offenbar von Fakten nicht überzeugen lassen, sondern aus der derzeitigen Situation
politisches Kleingeld schlagen, vermutete der ÖVP-Abgeordnete.
Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) sagte, es sei längst erwiesen, dass die Maßnahmen der Innenministerin,
die angeblich den Zuzug beschränken sollen, eindeutig unwirksam seien. Jüngste Aussagen des neuen Verteidigungsministers
Hans Peter Doskozil, der sich an der von der Regierung bisher geübten Verschleierungstaktik nicht beteilige,
hätten dies klargemacht. Die Obergrenze gelte in Realität nicht, sondern das so genannte Grenzmanagement
sei an Absurdität nicht zu überbieten. Die Ministerin und die Regierung seien längst rücktrittsreif.
Die Innenministerin solle die Bevölkerung mit ihren Sorgen endlich ernst nehmen, anstatt sie zu "pflanzen",
sagte Belakowitsch-Jenewein.
Für die Formulierungen, die Belakowitsch-Jenewein bei Kritik der Innenministerin verwendete, erhielt sie einen
Ordnungsruf von Nationalratspräsidentin Doris Bures.
Alev Korun (G) nützte ihre Wortmeldung, um auf die Problematik der politischen Sprache hinzuweisen, die
Flüchtlinge durch Begriffe wie "Flüchtlingsflut" und "Flüchtlingswelle" zu einer
Art bedrohlicher Naturgewalt stilisierten. Die Opfer von Krieg und Verfolgung würden dadurch selbst zu TäterInnen
umgedeutet. Sicher sei es richtig, dass der Schutz auf Dauer nicht von einem Land allein, sondern nur durch eine
gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik geboten werden könnte. Korun gab zu bedenken, dass Personen mit einem
dauerhaften Aufenthaltsrecht sich nämlich legal in allen EU-Ländern niederlassen dürfe. Das allein
zeige schon, dass eine nationalstaatliche Lösung dieser Fragen gar nicht mehr möglich sei. Die heute
stattfindende Konferenz mit den Westbalkanstaaten bezeichnete Korun als eine gegen Griechenland und Deutschland
gerichtete "Erpressungskonferenz". Diese Politik sei katastrophal und werde unweigerlich zu einem humanitären
Notstand in Griechenland führen. Die Bundesregierung müsse daher rasch zur Vernunft und solidarischen,
europäischen Lösungen zurückkehren, forderte die Abgeordnete der Grünen.
Nikolaus Alm (N) warf dem Team Stronach vor, mit der Anfrage nur Plattitüden zu bedienen und einen Zusammenhang
von Fluchtbewegung und allgemeinen Problemen wie Arbeitslosigkeit zu konstruieren, der nicht bestehe. Wie so oft,
würden hier Korrelationen mit Kausalitäten verwechselt. Die Regierung zeige sich leider aber nicht imstande,
die tatsächlich bestehenden Probleme, wie Arbeitslosigkeit und Schuldenkrise zu lösen, befand Alm.
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