NR-Plenum stimmt Auflösung einer 437 Mio. Euro-Rücklage zu
Wien (pk) - Der Absicht von Finanzminister Hans Jörg Schelling, Gewinnrücklagen der "Münze
Österreich" aufzulösen, aus denen die Nationalbank-Tochter den verpflichtenden Umtausch von Schilling-Münzen
oder Euro- und Cent-Münzen finanziert, schloss sich am 24.02. im Plenum eine Mehrheit von SPÖ, ÖVP
und Grünen an und verabschiedete eine entsprechende Änderung des Scheidemünzengesetzes. Aus dieser
Rücklage werden dem Bund 2016 einmalig 436,6 Mio. € zufließen und weitere 849 Mio. € bis 2045, heißt
es in den Erläuterungen. Im Gegenzug übernimmt der Bund für die Finanzierung der Rücklöseverpflichtungen
der "Münze" eine 1,5 Mrd. Euro-Haftung und erhöht die Bundeshaftungsobergrenze um 2 Mrd. €.
Mit derselben Mehrheit befürwortete das Plenum im inhaltlichen Zusammenhang mit der Regierungsvorlage einen
SPÖ-ÖVP-Antrag zur Änderung des Bundesgesetzes, mit dem die Hypo-Abbaueinheit HETA geschaffen wurde.
Diese Änderung des Gesetzes zur Einrichtung der Abbaueinheit HETA erläuterten Werner Groiß (V)
und Jan Krainer (S) mit der Notwendigkeit, "Sanierungsgewinne", die infolge des Schuldenschnittes in
den Büchern der HETA entstehen, von der Körperschaftsbesteuerung zu befreien, um eine Schlechterstellung
der HETA-Gläubiger gegenüber Gläubigern im Insolvenzfall zu vermeiden. Auch diese Gesetzesänderung
passierte den Nationalrat mit SPÖ-ÖVP-Grünen-Mehrheit. Ein ÖVP-SPÖ-Entschließungsantrag
zur Erhaltung des Bargeldes wurde auch von FPÖ, NEOS und Team Stronach unterstützt.
Gabriele Tamandl (V) besprach die Änderung des Scheidemünzengesetzes positiv und wertete die Übernahme
einer Haftung für die Erfüllung der Rücklöseverpflichtung der Münze Österreich für
Schilling- und Euromünzen als bloße Sicherheitsmaßnahme. Fraktionskollege Norbert Sieber hielt
es für sinnvoll, die Gewinnrücklage der Münze Österreich aufzulösen und die Vorsorge für
Rücklöseverpflichtung in Form einer Bundeshaftung zu regeln. Auch SPÖ-Mandatar Hannes Fazekas (S)
sah es positiv, die Münze Österreich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und zu verhindern, dass
sie zu einer Investmentbank werde.
Im Hinblick auf Debatten zur Abschaffung des Bargelds legte Tamandl auch einen ÖVP-SPÖ-Entschließungsantrag
zur Absicherung des Bargeldes im Interesse der Privatautonomie der Menschen vor und merkte an, dass sie darüber
hinaus sogar für eine verfassungsrechtliche Absicherung des Bargeldes als Zahlungsmittel eintrete. ÖVP-Klubobmann
Reinhold Lopatka und Fraktionskollege Andreas Zakostelsky hielten eine solche verfassungsrechtliche Absicherung
für zweckmäßig, weil sie es jedem Bundesminister unmöglich machen würde, der Abschaffung
des Bargeldes auf EU-Ebene zuzustimmen.
Roman Haider (F) interpretierte die überstürzte Vorgangsweise des Finanzministers bei der Änderung
des Scheidemünzengesetzes hingegen als Zeichen, so schnell wie möglich Geld für das Budget lukrieren
zu müssen. Mit einer nachhaltigen Budgetpolitik habe das nichts zu tun, kritisierte Haider. Die Vorlage sei
inhaltlich differenziert zu betrachten, weil sie einer Empfehlung des Rechnungshofs entspreche. Die Wirkungsfolgenabschätzung
sei aber falsch, sodass die FPÖ keine Möglichkeit habe zuzustimmen. Haiders Fraktionskollege Hubert Fuchs
führt zur Wirkungsfolgenabschätzung des Finanzministers aus, sie ignoriere, dass die Einnahmen aus der
Rücklagenablösung bei der Münze dem Steuerecht und dem Finanzausgleichsgesetz unterliegen, was bedeute,
dass Einnahmenanteile an Länder und Gemeinden abgeführt werden müssen. Kritik übte Fuchs am
Verzicht des Bundes auf ein Entgelt für die übernommene Haftung und meinte überdies, dass die Auswirkungen
auf das Budget nicht Maastricht-relevant seien. Einer Verankerung des Rechts auf Bargeld in der Verfassung würde
auch die FPÖ zustimmen, sagte Fuchs. Für die Erhaltung des Bargelds, aber gegen eine diesbezügliche
Verfassungsbestimmung plädierte Nikolaus Scherak (N) und warnte vor "Populismus a la Lopatka".
Kai Jan Krainer (S) registrierte große Mühe bei der FPÖ, die Ablehnung einer Gesetzesänderung
zu argumentieren, mit dem eine Rechnungshofempfehlung umgesetzt wird. Da niemand das Bargeld abschaffen wolle,
verstehe er den diesbezüglichen Aktionismus des Koalitionspartners nicht, sagte Krainer. Einen Missbrauch
der Bundeverfassung als "Mülldeponie für Politikplacebos" lehne er jedenfalls ab. Eine Lanze
brach Krainer dafür, beim HETA-Abbau dafür zu sorgen, dass rein steuertechnische "Gewinne"
nicht zu einer KöSt-Besteuerung führen, die den Hypo-Abbau verteuern. An dieser Stelle zog SPÖ-Mandatarin
Karin Greiner eine Lehre aus dem Hypo-Skandal: Um ungezügelte Haftungsübernahmen durch Bundesländer
zu vermeiden, drängte Greiner auf Limits für Haftungen nicht nur für den Bund, sondern auch für
die Bundesländer. Für seine stabile und disziplinierte Budgetpolitik erhielt Finanzminister Schelling
auf Seiten der SPÖ ausdrücklich Lob von Franz Kirchgatterer und Markus Vogl.
Bruno Rossmann (G) stimmte der Änderung des Scheidemünzengesetzes zu, auch wenn er die Erwartung des
Finanzministers nicht teilte, die Rücklagenauflösung sei Maastricht-relevant. Auch die Grünen treten
für die Erhaltung des Bargelds als Zahlungsmittel ein, den Entschließungsantrag lehnen sie allerdings
ab, weil er im Widerspruch zu den Bestimmungen der Steuerreform stehe, die die Verwendung des Bargeldes im Baugewerbe
einschränke. Aus guten Gründen, weil Obergrenzen für die Verwendung von Bargeld sinnvoll seien,
um gegen Schwarzgeld, Korruption und Geldwäsche vorzugehen.
Robert Lugar (T) warnte vor der Absicht, den Bargeldverkehr einzuschränken. Banken hätten wenig Verständnis
für Geld in den Taschen der BürgerInnen, weil es dort keine Zinsen bringe. Auch Staaten seien dagegen,
dass BürgerInnen Bargeld dazu benützen, um Steuererhöhungen zu entgehen. Die Uneinigkeit von SPÖ
und ÖVP in der Frage der verfassungsmäßigen Absicherung des Rechts der BürgerInnen auf Bargeld
zeige die Uneinigkeit innerhalb der Regierungskoalition.
|