Anschober: Neue internationale Antiatom-Initiative aus OÖ – aktueller Stand Hinkley Point
und Temelin
Linz (lk) - Am 22.02. lud Oberösterreichs Uweltlandesrat Rudi Anschober zu einer Pressekonferenz, zu
deren Beginn er der Atomkatastrophe von Tschernobyl gedachte, doe sich 2016 zum 30. Mal, jener von Fukushima zum
fünften Mal jährte. Diese Katastrophen haben große Gebiete unbewohnbar gemacht, vielen Menschen
die Heimat geraubt und gefährden noch für eine unabsehbare Zeit die Gesundheit der Menschen. Trotzdem
gibt es zwar immer weniger Atomprojekte und eine wachsende Unwirtschaftlichkeit der Atomenergie, aber noch immer
keine endgültige Entscheidung weg von dieser Hochrisikotechnologie. Im Gegenteil: 2016 wird zur Weichenstellung
innerhalb Europas über die Zukunft der Atomkraft: Einstieg in den europaweiten Atomkraftausstieg oder Renaissance
der Uralttechnologie.
Denn 2016 erwarten wir die EuGH-Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Subventionen für
das AKW-Projekt Hinkley Point C im Einklang mit EU-Wettbewerbsrecht, damit auch weitere AKW-Neubauprojekte wie
Temelin, die nach ähnlichem Modell zu Lasten der Steuerzahler/innen finanziert werden sollten. Denn ohne Subventionierung
ist die Atom-Technologie für die Betreiber völlig unwirtschaftlich, wie aktuell die Verzögerungen
bei den AKW-Projekten in Frankreich und Finnland sowie die verfallenden Aktienkurse der Atomenergie-Unternehmen
zeigen.
Im Oö. Antiatom-Plan ist die Vorreiterrolle Oberösterreichs auch auf EU-Ebene festgehalten, der zuständige
LR Rudi Anschober hat daher seit Herbst 2015 die Vorarbeiten für den Start einer Allianz der Regionen für
einen europaweiten Atomausstieg geleistet. Nun steht die Gründung der Allianz am 2. März 2016 in Brüssel
kurz bevor. Ziel: Mit geeinter Stimme die Interessen der atomkritischen Regionen gegen die starke Atomlobby in
Brüssel zu vertreten, der starken Koalition der Atomlobby endlich auch ein starkes Netzwerk der Atomkritiker
entgegenhalten. Ganz nach dem Vorbild des erfolgreichen Anti-Gentechnik-Widerstands, der von OÖ aus gestartet
wurde und das Selbstbestimmungsrecht der Regionen durchgesetzt hat. Nun sollen Europas Regionen zum Motor für
einen europaweiten Atomausstieg und das Durchsetzen der Energiewende werden.
Geeint gegen die Atomlobby: Idee einer Allianz der Regionen
Im Herbst 2015 haben MEP Rebecca Harms und LR Rudi Anschober die Idee einer Allianz der Regionen für einen
europaweiten Atomausstieg geboren. Vorbild ist die Allianz der gentechnikfreien Regionen, gegründet von OÖ
und der Toskana mittlerweile auf 64 Regionen in ganz Europa angewachsen, dank deren Druck nun das Selbstbestimmungsrecht
beim GVO-Anbau in der EU durchgesetzt wurde.
Ziel einer Allianz für einen europaweiten Atomausstieg sollte es sein, angesichts der Weichenstellung im Energiebereich
im Jahr 2016 einen starken Block gegen die Atomlobby einzurichten und mit geeinter Stimme gegen den Ausbau oder
die Förderung einer veralteten Hochrisikotechnologie wie Atomkraft einzutreten, stattdessen die Energiewende
weiter zu forcieren.
Seit Herbst 2015 wurden nun die Vorarbeiten zum Start der Allianz geleistet, eine Veranstaltung in Brüssel
am 2. März und mehrere offizielle Beitritte sollen nun den Start markieren.
In den nächsten Monaten soll die Allianz zu einem starken Netzwerk atomkraftkritischer Regionen werden.
Beitrittserklärung
Die Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg formiert sich, um einem atomtechnischen Irrweg
für die europäische Energiepolitik ein starkes Signal entgegenzusetzen. Die Mitglieder treten für
eine Energiewende ohne Atomkraft ein. Es muss verhindert werden, dass im Zuge des Umbaus der europäischen
Energieversorgung eine gänzlich unwirtschaftliche, veraltete Risiko-Technologie weiterhin durch Subventionen
künstlich am Leben erhalten wird. Damit würde die Chance der Energiewende, durch Energieeffizienz und
den Einsatz erneuerbarer Energien die Dekarbonisierung der Energieversorgung zu erreichen, verspielt. Die Umsetzung
des UN-Klimaabkommens von Paris steht nun bevor. Mitgliedstaaten, aber auch Regionen und Städte, sollen ihre
Beiträge zum Klimaschutz leisten. Das Abkommen muss mit Erneuerbaren-Ausbau und Energieeffizienzmaßnahmen
ambitioniert umgesetzt werden. Der Ausstieg aus den fossilen Energien darf keinesfalls durch irrige Investitionen
in Atomkraft ersetzt werden.
Grundlinien der Allianz
- Keine Subvention für Atomkraft
- Haftungsbeschränkungen bei Nuklearunfällen als indirekte Subvention
- Kostenwahrheit bei Energieerzeugung, Stilllegung, Rückbau und Endlagerung
- Energiewende - Atomkraft ist keine Klimaschutzmaßnahme
Startveranstaltung der Allianz für einen europaweiten Atomausstieg
Am 2. März kommen die beiden Gründer der Allianz, MEP Rebecca Harms und oö. LR Rudi Anschober gemeinsam
mit weiteren Regionen Europas zur Gründungsveranstaltung in Brüssel zusammen, darunter mehrere deutsche
Bundesländer, Vertreter/innen aus Luxemburg und Belgien werden erwartet. Während eines gemeinsamen Treffens
und einer Abendveranstaltung sollen die Herausforderungen für die Antiatom-Politik 2016 ebenso erläutert
werden wie die Ziele und Chancen der Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg samt der Unterzeichnung
der Beitrittserklärung und die teilnehmenden Regionen geben Einblicke in ihre Motivation für dieses Thema.
Aktuelle Entwicklung der Energie- und Klimaschutzpolitik in Tschechien
Wie wichtig und notwendig eine solche Allianz ist, zeigen die Entwicklungen in Tschechien eindrucksvoll. 2014 hat
die Tschechische Regierung das "Tschechische Energiekonzept" präsentiert, 2015 dann den "Nationalen
Aktionsplan für die Entwicklung der Kernenergie" daraus abgeleitet. Darin enthalten sind Konzepte über
den Ausbau der Kernkraft in Tschechien um zwei Reaktoren, in einem späteren Schritt um vier Reaktoren, die
Finanzierung wurde offen gelassen, ein Atomstromanteil von 50 % im Jahr 2040 (jetzt 30%) wird darin angepeilt,
eine eigentlich vorgesehene grenzüberschreitende Strategische Umweltprüfung wurde nicht eingeleitet.
Bislang gibt es, obwohl mehrfach von tschechischer Seite angekündigt, noch keinen Bericht über die Finanzierung
des Atomkraftausbaus im Rahmen der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans. Aber Finanzierungsmodelle wie die über
Jahrzehnte garantierten Einspeisetarife für das AKW-Neubauprojekt Hinkley Point in Großbritannien und
die Beteiligung ausländischer Investoren beispielsweise aus China oder Korea stehen im Raum.
Ende Jänner hat nun die tschechische Regierung die Einführung eines Regierungsbeauftragten für Kernenergie
beschlossen. Der Beauftragte soll künftig den Bau neuer Reaktorblöcke koordinieren. Außerdem soll
ein neuer ständiger Ausschuss für Kernenergie unter Vorsitz des Industrieministers Jan Mladek errichtet
werden. Der Ausschuss soll als ressortübergreifendes Beratungs- und Koordinierungsorgan die Umsetzung des
"Nationalen Aktionsplans für die Entwicklung der Kernenergie" beaufsichtigen.
Nun hat das tschechische Umweltministerium auch seine zukünftige Klimaschutzpolitik vorbereitet - und diese
geht mit der staatlichen Energiestrategie völlig einher, so heißt es darin etwa: "Konsequente Erfüllung
des Nationalen Aktionsplans für Kernenergiewirtschaft".
LR Anschober: "Das tschechische Umweltministerium setzt die Kernenergie offenbar als Klimaschutzmaßnahme
durch! Ein weiteres Zeichen, wie sehr die tschechische Regierung an der Atomkraft festhalten will - um jeden Preis!
Denn das große Risiko für die Bevölkerung und für die Umwelt bei Zwischenfällen, aber
auch bei der Endlagerung gehen nicht einher mit einer nachhaltigen Politik, ebenso wenig wie die Ignoranz der Unwirtschaftlichkeit
dieser Technologie. Das ist schlichtweg verantwortungslos gegenüber den nächsten Generationen."
Entscheidung über Subventionen für Hinkley Point als Weichenstellung über Ende oder Renaissance
der Atomkraft in Europa
Dem Modell der Milliardensubventionierung von Atomkraft zu Lasten der Steuerzahler/innen, wie von Großbritannien
für das Projekt Hinkley Point C entworfen, findet Nachahmer, etwa beim ungarischen Projekt Paks II. Anfang
2014 hat Ungarn mit Russland einen bilateralen Vertrag über den Ausbau des AKW Paks geschlossen. Die Gesamtinvestition
von rund 10 Mrd. Euro wird zu 80% über einen russischen Kredit finanziert. Die EU-Kommission hat im vergangenen
Herbst entschieden, auch eine Prüfung dieses Neubau-Projektes in Ungarn wegen Verdachts einer rechtswidrigen
staatlichen Beihilfe durchzuführen.
Wie das britische AKW-Projekt Hinkley Point, zeigt auch das ungarische AKW-Ausbauprojekt Paks II die enorme Unwirtschaftlichkeit
der Atomkraft auf. Während gegen Hinkley Point auch auf Druck Oberösterreichs hin schon Klage Österreichs
beim EuGH erhoben wurde, steht Paks erst am Beginn der wettbewerbsrechtlichen Prüfung.
LR Anschober: "Ich warne schon seit Monaten, dass die Subventions-Entscheidung des EuGH über Hinkley
Point die Weichenstellung für alle weiteren AKW-Projekte in Europa sein wird, wie etwa auch beim Ausbau von
Temelin und Paks. Denn die Atomkraft ist völlig unwirtschaftlich geworden, kein Energieunternehmen wird diese
Investition ohne staatliche Subvention und Garantien auf sich nehmen. Es wird Zeit, dass die Atomlobby diese Unwirtschaftlichkeit
akzeptiert und auch die Regierungen, die noch pro-Atom eingestellt sind, endlich umschwenken und einen zukunftsträchtigen,
nachhaltigen Weg in Richtung Erneuerbarer Energie einschlagen."
Umsetzung des Weltklimavertrages von Paris muss ohne Ausbau von Atomkraft erfolgen
Paris hat einen großen Durchbruch für den Klimaschutz gebracht. Alle für die Emissionen wesentlichen
Regionen des Planeten wollen nun ernst machen mit dem Klimaschutz und massiv CO2-Emissionen verringern, damit das
gemeinsame Ziel erreicht wird, die durchschnittliche Temperaturerhöhung auf dem Planeten auf unter 2 Grad
Celsius zu beschränken. Nun geht es darum, in der EU zu fixieren, wie die von der EU zugesagten Emissionsverringerungen
um zumindest 40% bis 2030 gelingen. Dabei darf die Atomenergie keine Rolle erhalten. Das versuchen derzeit manche
Atomlobbys zu erreichen, um so die Atomenergie wiederzubeleben. Ziel der Allianz der Regionen für einen Atomausstieg
ist es, dies zu verhindern und Klimaschutz ohne Atomkraft zu erreichen.
Energieunion - Atomkraft als klimaschonende Zukunfts-Technologie?
In den Verhandlungen zur Energieunion forderten bereits seit jeher mehrere Mitgliedstaaten eine Förderung
von Atomkraft, die Atom-Lobby forciert Atomkraft als "klimaschonende Technologie".
Die EU-Kommission plant für das Jahr 2016 eine integrierte Strategie für Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit
für die Energieunion, darin soll auch die Kernenergie als "zukunftsfähige, klimaschonende und versorgungssichere"
Energiequelle aufgenommen werden.
Die Bestrebungen der EU-Kommission hin zur Förderung von Atomkraft offenbart auch schon der erste Bericht
zur Lage der Energieunion aus 2015, in dem die EU-Kommission ein neues "Hinweisendes Nuklearprogramm"
(PINC) ankündigt, das schon in Kürze zur Abstimmung gebracht werden soll. Darin festgehalten: Atomkraft
als Mittel zur Treibhausgasreduktion und Beitrag zur Erreichung der Klimaziele bis 2030. Die Kommission schreibt
von nötigen Investitionen in den Neubau und die Laufzeitverlängerung von AKW.
LR Anschober: "Dies kann definitiv nicht die Zukunft der Energiepolitik in Europa werden - wir müssen
hier alle Kräfte bündeln, um eine ehrliche Energiewende hin zu sauberen Erneuerbaren einzuleiten und
der Atomkraft endgültig ein Ende setzen. Gerade vor dem ambitionierten Weltklimavertrag von Paris muss doch
das Ziel der Europäischen Union sein, 100% Strom aus Erneuerbaren Energieträgern bis zum Jahr 2030 zu
erreichen. Nur so kann eine nachhaltige Energiepolitik für unsere nächsten Generationen zur Beibehaltung
unseres gewohnten Lebensumfeldes aussehen!"
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