Innsbruck (universität) - Der Shor-Algorithmus ist der wohl bekannteste Quantenalgorithmus. Er löst
ein jahrtausendealtes Problem, nämlich die Primfaktorzerlegung von Zahlen. Innsbrucker Physiker um Rainer
Blatt haben nun gemeinsam mit Wissenschaftlern am MIT um Isaac Chuang diesen Algorithmus in einem Ionenfallen-Quantencomputer
so effizient umgesetzt, dass er auch für größere Zahlen anwendbar wird.
Jede natürliche Zahl lässt sich als Produkt von Primzahlen darstellen. Für kleine Zahlen ist die
Primfaktorzerlegung nur eine Denksportaufgabe, bei großen Zahlen erweist sie sich aber als extrem aufwändig.
Darauf beruhen heute gängige Verschlüsselungsverfahren wie das RSA-Kryptosystem. Weil klassische Computer
an der Primfaktorzerlegung großer Zahlen sehr lange rechnen, galt dieses Verfahren bisher auch als sehr sicher.
1994 hat der amerikanische Mathematiker und Informatiker Peter Shor aber einen Algorithmus entwickelt, der mithilfe
eines Quantencomputers die Primfaktoren sehr viel rascher findet. In den vergangenen 15 Jahren wurde der Shor-Algorithmus
im Labor bereits mehrmals mit unterschiedlichen Technologien demonstriert - allerdings nicht ohne das Ergebnis
schon von vornherein vorauszusetzen und nur für kleine Zahlen. Physiker am Institut für Experimentalphysik
der Universität Innsbruck und am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften haben nun gemeinsam mit Physikern am Massachusetts Institute of Technology, USA, den
Shor-Algorithmus erstmals ohne Vorwissen und so effizient umgesetzt, dass er auch für größere Zahlen
anwendbar wird.
Zahl der notwendigen Quantenbits reduziert
Mit Hilfe des Shor-Algorithmus kann ein Quantencomputer große Zahlen sehr viel rascher in Primfaktoren
zerlegen als klassische Computer. Um die Zahlen speichern und die Primfaktoren berechnen zu können, benötigt
er allerdings entsprechend viele Quantenbits. Dies erweist sich heute noch als schwierig, denn die im Labor existierenden
Quantenrechner verfügen nur über wenige Quantenbits. In Innsbruck haben Physiker nun einen Vorschlag
von Alexei Kitaev aufgegriffen, der die Zahl der benötigten Quantenbits reduziert. „Um die Zahl 15 in ihre
Primfaktoren zu zerlegen, benötigen wir statt zwölf nur noch fünf Quantenbits“, erklärt Experimentalphysiker
Thomas Monz. „Möglich ist dies zum einen, weil wir ein Quantenbit im Rahmen der Rechnung recyceln können;
zum anderen, weil wir das Ergebnis immer wieder in einem Cache-Bit zwischenspeichern und dann weiterrechnen.“ Mit
Hilfe dieses Ansatzes haben die Physiker in einem Ionenfallen-Quantencomputer mit fünf Quantenbits die Zahl
15 faktorisiert.
Parallelsuche führt schneller zum Ergebnis
Der Quantencomputer startet die Suche nach den Primfaktoren mit einer zufällig gewählten Zahl – hier
unterscheidet sich die aktuelle Arbeit wesentlich von den bisherigen, weil sie keine Vorwegnahme des Ergebnisses
enthält – und führt auf vier Quantenbits eine Reihe von Gatteroperationen durch. Um die Zahl der notwendigen
Quantenbits zu begrenzen, wird das Ergebnis immer wieder in einem fünften Quantenbit zwischengespeichert und
mit dem Ergebnis weitergerechnet. „Wir mussten dafür eine neue Kühlmethode implementieren, mit der die
Ionen zwischen den Rechenschritten immer wieder abgekühlt werden können“, sagt Thomas Monz, der den Vorteil
des Shor-Algorithmus noch einmal unterstreicht: „Klassische Computer tun sich mit der Primfaktorzerlegung sehr
schwer, weil sie alle möglichen Zahlenkombinationen hintereinander durchprobieren müssen. Im Quantenrechner
geschieht dies quasi parallel.“
Finanziell unterstützt wurde die Arbeit unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und
der Europäischen Union.
Publikation: Realization of a scalable
Shor algorithm. Thomas Monz, Daniel Nigg, Esteban A. Martinez, Matthias F. Brandl, Philipp Schindler, Richard Rines,
Shannon X. Wang, Isaac L. Chuang, Rainer Blatt. Science 2016 DOI: 10.1126/science.aad9480
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