Neue Herangehensweise für Dosisreduktion bei CT Untersuchungen – Mit mehr als 20.000 Teilnehmern
aus der ganzen Welt in Wien ist der ECR einer der größten medizinischen Kongresse weltweit
Wien (myESR) - Im letzten Jahrzehnt hat es große Fortschritte im Bereich der Dosisreduktion bei Computertomografie-Untersuchungen
gegeben. Bedingt waren diese vor allem durch Entwicklungen bei der CT Hardware, Bildverarbeitungssoftware, und
durch die Entwicklung von ALARA (As Low As Reasonably Achievable) Untersuchungsprotokollen, als auch durch internationale
Harmonisierungs- und Standardisierungsbestrebungen. Es bleibt jedoch die Frage, ob dies ausreichend ist bzw. was
getan werden kann, um die Dosis bei CT Untersuchungen noch weiter zu optimieren.
Eine Antwort versucht man am diesjährigen European Congress of Radiology zu finden, der zur Zeit noch bis
6. März in Wien stattfindet, wenn derzeitige Dosisoptimierungstechniken und die Herausforderungen ihrer Implementierung
diskutiert werden.
Prof. Erich Sorantin von der Klinischen Abteilung für Kinderradiologie an der Medizinischen Universität
in Graz glaubt, dass fehlende Organisation innerhalb eines radiologischen Departments unter anderem ein Grund sein
kann, warum indikationsbasierte CT Protokolle oder standardisierte Niedrig-Dosis CT Protokolle nicht implementiert
werden.
Neue Herangehensweise aus Graz
Er empfiehlt eine sogenannte „Halbe Schichtdicke“ Herangehensweise (half-slice thickness approach), welche
in Graz vor rund einem Jahr eingeführt wurde. Diese basiert auf dem entgegengesetzten Verhältnis von
Störsignalen und Röntgenröhrenstrom. Um dieselbe Bildqualität bei halber Schichtdicke bewahren
zu können, muss die doppelte Dosis zum Einsatz gebracht werden.
Dieser Prozess wird nun umgekehrt. Nach einer Untersuchung berechnet ein Radiologietechnologe Schichten mit
halber Dicke, bei welchen ein fortlaufend stärkeres Störsignal auftritt. Dann wird von einem Radiologen
die Bildqualität überprüft, und wenn ausreichend, sollte die nächste ähnliche Untersuchung
mit einer von Beginn an um 20% reduzierten Strahlendosis durchgeführt werden. Dieses Prozedere wird so lange
durchgeführt, bis die diagnostische Bildqualität nicht mehr akzeptabel ist.
„Wenn eine Standard Untersuchung bei halber Schichtdicke rekonstruiert wird und die Bildqualität noch immer
angemessen ist, dann ist die Menge an überflüssiger Strahlung im Bereich vom 100%“, erklärt Sorantin.
„Der „half-slice thickness approach“ ist leicht durchzuführen und man benötigt keinerlei zusätzliches
Equipment. Ein Team von klinischen Radiologen und Radiologietechnologen kann gemeinsam daran arbeiten, so die optimale
Dosis für jede Untersuchung zu finden“.
Die Teams, welche bei den CT Herstellern für die klinische Anwendung ihrer Produkte zuständig sind, könnten
auch mithelfen und Erfahrungen von Kunden weitergeben, die diese neue Herangehensweise schon erfolgreich umgesetzt
haben. Auch wenn es nicht möglich ist, angepasste Protokolle von einem Scanner auf einen anderen zu übertragen,
so ist es doch möglich, die algorithmische Herangehensweise von Anderen zu erlernen, so Sorantin weiter.
Herausforderung Kinderadiologie
Speziell in der Kinderradiologie ist der Optimierungsprozess deutlich schwieriger, da viele anatomische, physiologische
und metabolische Unterschiede in die Parametereinstellung miteinbezogen werden müssen. Darüber hinaus
ist die Strahlensensitivität bei Kindern, im Vergleich zu Erwachsenen, deutlich höher. Es gibt wissenschaftliche
Beweise, dass die CT Dosis bei der Untersuchung von Kindern in speziell dafür eingerichteten kinderradiologischen
Abteilungen niedriger ist, als in herkömmlichen Abteilungen. Daher sollten Kinder dort mit einem CT untersucht
werden, wo optimierte Protokolle verfügbar sind und die klinische Konsequenz aus dem „half-slice thickness
approach“ umgesetzt werden kann, so Sorantin.
Technischer Fortschritt entscheidend für weitere Reduktionen
Technische Schlüsselentwicklungen der letzten Jahre waren die automatische Röntgenröhrenstrom
Modulation, Einstellungsmöglichkeiten bei der Röntgenröhrenspannung und die iterative Bildrekonstruktion.
Darüber hinaus können neue Großvolumen Scanner mittlerweile mehr Körperfläche in kürzerer
Zeit darstellen. Zusätzlich zu sehr schnellen Scanzeiten und dem erhöhten Umfang der anatomischen Abdeckung,
können neue Dual Source Scanner mit zwei unterschiedlichen Röntgenröhrenspannungen scannen und somit
mehr Optionen für eine bessere Gewebsunterscheidung und Differenzierung zur Verfügung stellen.
Hardware Entwicklungen werden entscheidend sein für die weitere Optimierung von CT Dosen. Neue Detektoren
mit Photonenzählung erhöhen dramatisch die geometrische Effizienz, von derzeit 60% auf ein Ideal von
nahe 100%. Diese Detektoren sind in der Lage, zwischen den Energieleveln der Photonen zu unterscheiden, die sie
erreichen. Dies wird nicht nur Störsignale verbannen, sondern auch zu einer immensen Reduktion der Strahlendosis
führen und zu einer Verbesserung des Kontrasts bei der Gewebsdarstellung.
„Die Hersteller sollten gelobt und belohnt werden für Ihren Einsatz und für die Entwicklung von dosisreduzierender
Technologie. Das Anbieten dieser Technologien als optionale Extras ist allerdings eine schwierige Frage. Es gibt
viele Zentren in Europa, die diese Technologien sofort einsetzen würden, allerdings fehlt es oft am Budget“,
so Dr. Shane Foley von der Abteilung für diagnostische Bildgebung am School of Medicine des University College
in Dublin/Irland.
Dem zum Trotz gilt unabhängig von der budgetären Situation einer Abteilung, dass das ALARA Prinzip immer
angewendet werden muss, wenn mit niedrigerer Dosis akzeptable Bilder erstellt werden können. Im Februar 2018
wird hierzu eine Richtlinie der EU in Kraft treten, die das Verwenden von diagnostischen Referenzwerten zwingend
vorschreibt.
Seit 2. März tagen in Wien über 20.000 Radiologen
Beim 28. Europäischen Radiologenkongress (European Congress of Radiology/ECR) vom 2. bis 6. März 2016
im Austria Center in Wien werden auch heuer wieder Spezialisten aus dem Bereich der medizinischen Bildgebung ihr
Fachwissen auf den verschiedensten Gebieten austauschen, und die neuesten Erkenntnisse der Forschung präsentieren.
Der ECR ist die Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (European Society of Radiology/ESR),
welche weltweit über 63.600 Radiologen vertritt. Mit mehr als 20.000 Teilnehmern aus der ganzen Welt ist der
ECR einer der größten medizinischen Kongresse weltweit; zusätzlich bietet er eine der größten
Industrieausstellung in Europa, bei der auf über 26.000 m² mehr als 300 internationale Firmen die neuesten
Produkte der Medizintechnik vorstellen.
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