Für eine europäische Energiewende ohne Atomkraft
Brüssel/Linz (lk) - Am 02.03. trafen in Brüssel MEP Rebecca Harms, Landesrat Rudi Anschober (Oberösterreich),
Ministerin Carole Dieschbourg (Luxemburg), Ministerpräsident Paasch (Deutschsprachige Gem. Belgiens), Staatssekretärin
Birgit Honé (Niedersachsen), Staatssekretär Uwe Hüser (Rheinland-Pfalz), Staatssekretär Peter
Knitsch (Nordrhein- Westfalen), Johannes Jung (Leiter Ländervertretung Baden-Württemberg), Christine
Holeschovsky (Leiterin Landesvertretung Thüringen) und Dr. Dörte Fouquet (Kanzlei BBH) zusammen, um eine
Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg zu gründen.
2016 gedenken wir der Atomkatastrophe von Tschernobyl zum 30. Mal, jener von Fukushima zum fünften Mal.
Diese Katastrophen haben große Gebiete unbewohnbar gemacht, vielen Menschen die Heimat geraubt und gefährden
noch für eine unabsehbare Zeit die Gesundheit der Menschen.
In der Europäischen Union zeichnen sich 2016 in Bezug auf die Energiepolitik historische Weichenstellungen
ab.
2016 soll laut Kommissar Maroš Šef?ovi? das Jahr der Ergebnisse für die europäische Energieunion werden.
Im Rahmen ebendieser Verhandlungen zur Schaffung der Energieunion fordern allerdings mehrere EU-Mitgliedstaaten
eine Förderung von Atomkraft - gemeinsam mit Nuklear-Lobbyisten fordern sie eine Renaissance der Atomkraft
und vertreten die gefährliche Auffassung, Atomkraft solle als - scheinbar - umweltfreundliche Zukunftstechnologie
eine wichtige Rolle einnehmen.
2016 prüft der EuGH die Vereinbarkeit einer Einführung von AKW-Einspeisetarifen, wie beim britischen
AKW-Projekt Hinkley Point C geplant, bezüglich der Vereinbarkeit mit den Regeln des EU-Binnenmarktes. Für
die Realisierung des Projekts Hinkley Point C in UK wären Milliardensubventionen zu Lasten der StromverbraucherInnen
erforderlich - aber auch andere geplante AKW-Neubauten in Europa würden sich - bei Regelkonformität
- dieses Modells bedienen. Es ist schwer nachvollziehbar, warum die jahrzehntealte Hochrisikotechnologie Atomkraft
mit Milliarden unterstützt werden soll. Angesichts der deutlich gesunkenen Preise für Erneuerbare Energien
ist dies geradezu absurd.
Gerade vor dem Hintergrund eines Weltklimavertrages von Paris stehen die Tore im Jahr 2016 weit offen für
eine Energiewende und den Ausbau der zukunftsträchtigen Erneuerbaren Energieträger. Die Forderung nach
einer AKW-Renaissance konterkariert den Ausbau der Erneuerbaren diametral und widersetzt sich den Chancen der Energiewende.
Die "Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg" formiert sich, um diesem atomtechnischen
Irrweg für die europäische Energiepolitik ein starkes Signal entgegenzusetzen. Es muss verhindert werden,
dass im Zuge des Umbaus der europäischen Energieversorgung eine gänzlich unwirtschaftliche, veraltete
Risiko-Technologie weiterhin durch Subventionen künstlich am Leben erhalten wird. Damit würde die Chance
der Energiewende, durch Energieeffizienz und den Einsatz Erneuerbarer Energien die Dekarbonisierung der Energieversorgung
zu erreichen, verspielt.
Vorreiter: Netzwerk der Gentechnik-freien Regionen hat Europa "von unten" verändert
Das Netzwerk der Gentechnik-freien Regionen ist ein sehr erfolgreiches Beispiel der Zusammenarbeit über Ländergrenzen
hinweg und dient als Vorbild, erneut einen solch internationalen Prozess, angeschoben auf subnationaler bzw. subföderaler
Ebene, in Gang zu bringen. Dem Netzwerk der Gentechnik-freien Regionen ist es nach jahrelanger Arbeit gelungen,
die EU "von unten" zu verändern und das Selbstbestimmungsrecht beim Anbau von GVO durchzusetzen.
Statements der Gründungsmitglieder
MEP Rebecca Harms: "Durch eine starke Lobby und mächtige Unterstützer erscheint die Atomindustrie
in Brüssel allgegenwärtig. Entgegen jeder Vernunft halten sie an dieser Hochrisikotechnologie fest, ignorieren
Risiken ebenso wie die ungelöste Endlager-problematik und die horrenden Kosten. Doch längst ist eine
Mehrheit der Europäer/innen gegen die Hochrisikotechnologie. Dem wollen wir mit der Allianz Ausdruck verleihen:
Wir vernetzen die vielen Anti-Atom-Engagierten in ganz Europa. So werden auch die vielen Vorzeige-Beispiele aus
den Regionen sichtbar, von BürgerInnen oder lokalen Regierungen, die konkret und eindrucksvoll zeigen, wie
die Umsetzung einer klimafreundlichen, risikoarmen und sicheren europäischen Energieversorgung gelingen kann."
Landesrat Rudi Anschober (Oberösterreich): "Atomkraft ist in der EU mittlerweile gänzlich unwirtschaftlich
geworden: Neubauprojekte sind auf dem Energiemarkt nicht mehr konkurrenzfähig, die Aktienkurse der Atom-Unternehmen
sind auf Talfahrt, weshalb die Atom-Lobby auf künstliche Lebenserhaltung durch Subventionen der SteuerzahlerInnen
pocht. Dies kann definitiv nicht die Zukunft der Energiepolitik in Europa werden - wir müssen hier alle Kräfte
bündeln, um eine ehrliche Energiewende hin zu sauberen Erneuerbaren einzuleiten und der Atomkraft endgültig
ein Ende setzen. Gerade vor dem ambitionierten Weltklimavertrag von Paris muss doch das Ziel der Europäischen
Union sein, 100% Strom aus Erneuerbaren Energieträgern bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Atomkraft darf in Europa
keine Zukunft haben - dafür werden wir in der Allianz kämpfen."
Staatssekretär Uwe Hüser (Rheinland-Pfalz): "Die Gefahren von Atomkraft machen nicht an nationalen
Grenzen halt. Die Störanfälligkeit - gerade bei sehr alten Reaktoren ist hoch. Mit zunehmender Laufzeit
steigen die Risiken für die Bevölkerung in Europas Regionen. Rheinland-Pfalz ist ist umgeben von den
Risiko-Altmeilern Cattenom und Tihange, auch Doel ist nicht weit. Der Weiterbetrieb der lange wegen Reparaturen
stillstehenden belgischen Reaktoren in Doel und Tihange, begleitet von großen Problemen im Betrieb, hat die
Öffentlichkeit bezüglich der enormen Risiken der grenznahen AKW alarmiert. Bei der Entscheidung der nationalen
Behörden über den Weiterbetrieb wurden wir jedoch nicht einbezogen. Dagegen will Rheinland-Pfalz aktiv
werden. Der heutige Zusammenschluss der Regionen-Allianz ist für uns gerade in diesem Kontext wichtiger Rückhalt."
|