Von 20. April – 2. Oktober 2016 – Eine Kooperation des MAK und der Universität für
angewandte Kunst Wien
Wien (mak) - Das utopische Potenzial von Form und Material verhandelt der österreichische Künstler
Kay Walkowiak in seiner Einzelausstellung "Forms in Time" ab 20. April 2016 in der MAK GALERIE. Im Rahmen
der Ausstellungsreihe "ANGEWANDTE KUNST. HEUTE", einer Kooperation des MAK und der Universität für
angewandte Kunst Wien, präsentiert der Künstler neben seiner zentralen, eigens für die MAK-Ausstellung
konzipierten Videoarbeit "Island" (2016) Pigmentdrucke und drei raumgreifende Skulpturen, die philosophisch
motivierte Fragen nach der narrativen Fassbarkeit von Form anhand fernöstlicher und westlicher Geisteshaltungen
aufwerfen.
"Der Wanderer lässt deshalb keine Spur zurück, weil er mit dem Wandern der Dinge Schritt hält",
kommentiert der koreanische Philosoph Byung-Chul Han den Grundtopos des fernöstlichen Denkens, der sich im
Gegensatz zur vorrangig als Substanz gedachten Form westlicher Prägung am real Abwesenden orientiert. Diese
diametral entgegengesetzten Betrachtungsweisen bilden den Kontext zu "Island", dem Kernstück der
MAK-Ausstellung "Forms in Time".
Die Haupt- und gleichzeitig einzige Figur dieser Videoarbeit interagiert in unterschiedlichen, teils alltäglichen
Situationen mit einem schwarzen, geometrischen Objekt. Die flache Tafel begleitet den Protagonisten wie eine Handtasche,
ein Buch oder ein Bild: Er trägt das monochrome Quadrat durch diverse urbane Settings, blickt in der Badewanne
liegend konzentriert auf die geometrische Form oder ertastet die Oberfläche vorsichtig mit den Fingerspitzen.
Die schwarze Fläche erlangt durch diese Interaktionen zwar einen unmittelbaren Status, bleibt in ihrer Bedeutung
aber abstrakt, mystisch und nicht greifbar.
Kay Walkowiak spielt mit dem Objekt auf das "Schwarze Quadrat" (1915) von Kasimir Malewitsch an, ein
Sinnbild der Empfindung von Gegenstandslosigkeit und absoluter Abstraktion. Der russische Avantgardist beschrieb
sein epochales Werk als den "verzweifelten Versuch, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien", und
auch der britische Naturphilosoph Robert Fludd nutzte die Symbolkraft des schwarzen Vierecks bereits im Jahr 1617,
um das "Nichts" darzustellen. In Georg Wilhelm Friedrich Hegels These des "reinen Seins" finden
sich weitere Anknüpfungspunkte zu "Island". Hegel spricht in seiner "Enzyklopädie der
philosophischen Wissenschaften" (1817) von der reinen Abstraktion: das "Absolut-Negative, welches, gleichfalls
unmittelbar genommen, das Nichts ist".
Über die Zeitlichkeit, in der sich die Hauptfigur bewegt, gibt "Island" keine fixen Anhaltspunkte
preis. Nie kommt es zu einer finalen Festlegung, was das Objekt an sich ist oder repräsentiert, es scheint
wie ein schwarzes Loch jede ihm zugeschriebene Bedeutung zu verschlucken. Der Beginn des Films erinnert in Kameraeinstellung
und Perspektive an den Anfang der bekannten, auf einer fiktiven Insel angesiedelten Fernsehserie "LOST",
die sich letztlich in der Illusion einer sich zyklisch wiederholenden Zeit verliert.
"A Different Order" (2014/2016), zwei Pigmentdrucke zu Le Corbusiers Planstadt Chandigarh, Indien, thematisiert
die Grenzen der scheinbar zeitlosen Moderne und führt Walkowiaks Frage nach den utopischen Eigenschaften von
Form und Material fort. Mit den Konzepten von Nähe und Distanz, Display und realer Situation sowie dem prototypischen
Formvokabular der Moderne beschäftigen sich die drei skulpturalen Arbeiten "Untitled", "Untitled
(Object for Birds)" und "Case Study Object" (2016), die ebenfalls in der MAK GALERIE zu sehen sein
werden.
Kay Walkowiak (geb. 1980 in Salzburg) studierte Philosophie und Psychologie an der Universität Wien (2002–2008).
Zeitgleich absolvierte er Studien u. a. an der Akademie der bildenden Künste Wien (2003–2008), der Zokei University
in Tokio (2008) und der Universität für angewandte Kunst Wien (2003–2010). Im Jahr 2010 schloss er bei
Erwin Wurm die Klasse Sculpture and Multimedia ab. Der Künstler war seit 2004 in zahlreichen Gruppen- und
Einzelausstellungen im In- und Ausland vertreten und erhielt mehrere bedeutende Stipendien und Preise, darunter
den Otto Prutscher Preis (2008), das STARTstipendium für bildende Kunst der Republik Österreich (2012)
sowie Stipendienaufenthalte in Tokio, Japan (2008), Varanasi, Indien (2013 und 2015), Peking, China (2013), und
Banff, Kanada (2014).
Mit der Ausstellungsreihe "ANGEWANDTE KUNST. HEUTE" soll eine Plattform für zeitgenössische
Formen der angewandten Kunst und damit eine größere Sichtbarkeit für besonders interessante Positionen
in Österreich lebender und arbeitender AbsolventInnen der Universität für angewandte Kunst Wien
geschaffen werden. Mit Ausstellungsprojekten waren bisher Patrick Rampelotto, Stiefel & Company Architects,
taliaYsebastian, Marco Dessí, Lisa Truttmann, soma architecture, Valentin Ruhry und Alfredo Barsuglia vertreten.
Im Herbst 2016 wird die Designerin Patrycja Domanska die MAK GALERIE mit einer Einzelausstellung bespielen (19.10.2016
– 19.2.2017).
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