Justizministerium kooperiert bei der De-Radikalisierung
 im Strafvollzug ab sofort mit dem Verein DERAD

 

erstellt am
01. 03. 16
11:00 MEZ

Justizminister Brandstetter stellt ganzheitliches Maßnahmenpaket gegen Radikalisierung in den Justizanstalten vor
Wien (bmj) - Seit Anfang Februar führt der Verein DERAD in allen österreichischen Justizanstalten Maßnahmen zur Extremismus-Prävention und De-Radikalisierung durch. Die Kooperation, bei der mit speziell zugeschnittenen Gesprächsformaten gezielt gefährdete InsassInnen erreicht werden sollen, ist Teil eines Gesamtpakets mit zahlreichen Maßnahmen zur Prävention von Radikalisierung in Justizanstalten und zur De-Radikalisierung von InsassInnen. Dieses umfassende Maßnahmenpaket stellt Justizminister Wolfgang Brandstetter am 29.02. gemeinsam mit Erich Mayer, Generaldirektor für den Strafvollzug, und dem Islamismus-Experten Moussa Al-Hassan Diaw vom Verein DERAD vor. „Radikalisierung ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, das uns sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene stark beschäftigt. In der diesbezüglichen Debatte werden Gefängnisse oft als 'Brutstätten' für Radikalisierung und mit Gewalt verbundenem Extremismus beschrieben. Um dem gezielt entgegenzuwirken, haben wir nun ein ganzheitliches Maßnahmenpaket geschnürt, das sowohl die bereits umgesetzten als auch weitere – gemeinsam mit ExpertInnen entwickelte – Maßnahmen umfasst. Damit können wir Radikalisierungstendenzen im Strafvollzug in Zukunft noch konsequenter und effizienter entgegentreten“, so Justizminister Brandstetter. „Der Verein DERAD ist ein Netzwerk aus WissenschaftlerInnen und ExpertInnen mit praktischer Erfahrung im Bereich des religiös begründeten politischen Extremismus und setzt sich intensiv mit dem Bereich Deradikalisierung und Prävention auseinander. Wir verstehen uns als Ergänzung zur Expertise der JustizwachebeamtInnen, der Fachdienste sowie der Bewährungshilfe und setzen vor allem auf individuell angepasste Angebote“, erklärt Moussa Al-Hassan Diaw.

Speziell zugeschnittene Gesprächsangebote zur De-Radikalisierung und Extremismus-Prävention
Der Verein DERAD des unabhängigen Netzwerks „EUISA“ ist auch Teil des „Radicalisation Awarness Network“ der Europäischen Kommission. In Kooperation mit dem Verein werden seit 1. Februar in allen Justizanstalten Maßnahmen im Bereich Extremismus-Prävention und De-Radikalisierung durchgeführt. Dabei handelt es sich vor allem um speziell zugeschnittene Gesprächsformate für InsassInnen, die von einer religiös begründeten extremistischen gewaltbejahenden Ideologie überzeugt sind und/oder bereit waren, für diese zu werben. In der Regel erfolgt nach Kontaktaufnahme durch die Justizanstalt zuerst ein Abklärungsgespräch, bevor je nach Bedarf weitere Interventionsgespräche vereinbart werden. Dabei werden vor allem die weltanschaulichen Ziele, konstruierte Feindbilder und die Gewaltbefürwortung kritisch reflektiert. Zusätzlich werden im Sinne der politischen Bildung und Sozialkunde Gesprächsgruppen mit InsassInnen durchgeführt.

Sicherheit, Betreuung sowie Aus- und Fortbildung: Ganzheitliches Maßnahmenpaket für alle Bereiche des Strafvollzugs
Aktuell sind in Österreich 37 Personen wegen des Verdachtes der Mitgliedschaft bei einer Terrorgruppe oder der Unterstützung einer solchen (§§ 278b ff StGB) in Haft. In Bezug auf den Umgang mit diesen potenziell radikalisierten InsassInnen wurde im Justizministerium im Sommer 2015 eine interdisziplinäre Task Force „De-Radikalisierung im Strafvollzug“ gebildet. Von dieser Task Force wurde bereits eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, mit dem nun vorgestellten Gesamtpaket werden diese sowie weitere mit ExpertInnen geplante Maßnahmen in allen Bereichen des Strafvollzugs in einem Programm zusammengefasst. So werden im Bereich Sicherheit in jeder Justizanstalt zwei speziell geschulte Justizwachebedienstete eingesetzt, die als Kommunikations-Schnittstellen zu den Terrorismus-ExpertInnen bei den Landesämtern für Verfassungsschutz dienen. Sie stehen auch der Anstaltsleitung bei Radikalisierungsfragen beratend zur Seite. Um eine optimale Betreuung zu gewährleisten, muss bei Personen, die wegen §§ 278b ff StGB angehalten werden, ab Beginn der Untersuchungshaft verpflichtend ein individueller Vollzugsplan erstellt werden. Dazu hat ein multiprofessionelles Team detaillierte Prozessentwürfe zur Unterstützung der Justizanstalten erarbeitet. Weiters soll ein Screening-Verfahren speziell für den österreichischen Strafvollzug erarbeitet werden, das sich an internationalen Risikoeinschätzungsinstrumenten orientiert. Das eigens ausgearbeitete Anti-Gewalttraining für StraftäterInnen in den Justizanstalten soll mit dem Programm des Violence Prevention Network (VPN) in Deutschland abgestimmt und um spezifische Module zum Thema De-Radikalisierung erweitert werden. Im Bereich der Aus- und Fortbildung sollen neben bereits existierenden speziellen Schulungen und Sensibilisierungsvorträgen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) und die Landesämter für Verfassungsschutz auch ein spezielles Unterrichtsdesign und konkrete Bildungsformate für die Grundausbildung der Strafvollzugsbediensteten ausgearbeitet werden. Sämtliche Aktivitäten werden auch wissenschaftlich durch das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie begleitet. Einzelne Justizanstalten können zudem nach Bedarf auch regionale Fortbildungsveranstaltungen in Anspruch nehmen. Dabei sind im Tagesplan sowohl Vorträge von qualifizierten Lehrbeauftragten der Strafvollzugsakademie als auch von externen ExpertInnen eingeplant.

 

 

 

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