Neue Quantenzustände ebnen Weg für komplexe Quantennetzwerke
Wien (öaw) - Bislang war es nur möglich, verschränkte Vielteilchen-Quantenzustände in
zwei Dimensionen zu erzeugen – wie im berühmten Gedankenexperiment zu Erwin Schrödingers Katze, die gleichzeitig
lebendig und tot sein kann. Anton Zeilinger und einem Team von Physikern des Instituts für Quantenoptik und
Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Universität Wien und
der Universität Autonoma de Barcelona ist es nun erstmals gelungen, drei Lichtteilchen in mehreren Dimensionen
zu verschränken. Die Physiker verwendeten dazu eine besondere Eigenschaft von Photonen, den Drehimpuls des
Lichts. Dieser neue hoch-dimensionale Drei-Teilchen-Quantenzustand zeigt, dass Quantenverschränkung noch vielfältiger
sein kann als bisher angenommen – eine Anwendung, die auch in der Quantenkryptographie denkbar wäre. Die aktuelle
Studie dazu erscheint im Fachmagazin Nature Photonics.
Verschränkung ist eine nicht-intuitive Eigenschaft in der Quantenmechanik, über die Physiker und Philosophen
gleichermaßen nachdenken. Es scheint, als ob verschränkte Lichtquanten einander beeinflussen können,
unabhängig von deren räumlicher Entfernung. Vergleichbar ist dies mit zwei Eistänzerinnen, die Pirouetten
im und gegen den Uhrzeigersinn gleichzeitig drehen können. Die Besonderheit von zwei verschränkten Quanten-Eistänzerinnen
ist, dass diese perfekt korrelierte Drehrichtungen besitzen. Wenn sich die eine Eistänzerin nach links dreht,
dreht die andere ihre Pirouetten mit Sicherheit ebenfalls nach links, wobei sich diese auch auf einem anderen Kontinent
befinden kann. "Die verschränkten Photonen in unserem Experiment kann man sich veranschaulichen durch
drei verschränkte Quanten-Eistänzerinnen, die ein perfekt synchron choreographiertes Quanten-Ballett
tanzen", erklärt Mehul Malik, Erstautor der Studie. "Ihre Choreographie beschränkt sich nicht
nur auf die Pirouetten, sondern gilt auch für andere zusätzlich korrelierte Bewegungen. Physiker haben
diese Art von asymmetrischer Verschränkung bereits theoretisch vorhergesagt, wir zeigen nun zum ersten Mal,
wie man solche Arten von Verschränkung im Labor erzeugen kann."
Anwendung: Quantenkryptographie
Um den verschränkten Drei-Photonen-Zustand herzustellen, benutzten die Wissenschaftler ein anderes Phänomen
genannt "Quantenradierer". Dabei werden zwei hochdimensional verschränkte Photonenpaare derart miteinander
kombiniert, dass es im Prinzip unmöglich ist, den Ursprung der einzelnen Photonen zu bestimmen. Mit diesem
hochdimensional verschränkten Viel-Photon-Zustand können grundlegende quantenmechanische Konzepte erforscht
werden. Durchaus denkbar ist auch die Anwendung solcher Zustände in Quantencomputern oder in quantenkryptographischen
Kommunikationsprotokollen. In diesem Sinne haben die Autoren ein neues Protokoll zur Kommunikation entwickelt,
das mehrere Schichten an asymmetrisch verteilter Quanteninformation zwischen den Teilnehmern benützt, um absolute
kryptographische Sicherheit zu gewährleisten. "Das Experiment macht es möglich, ein zukünftiges
Quanteninternet zwischen mehr als zwei Teilnehmern zu initiieren, in dem man mit mehr als einem Bit an Information
pro Photon kommunizieren kann", sagt Anton Zeilinger. Neu bei dieser Methode ist, dass mehrere Teilnehmer
Informationen auf verschiedenen Ebenen miteinander abhörsicher teilen können.
Bis solche asymmetrischen Quantenkommunikationsprotokolle Wirklichkeit werden, gibt es noch einige technische Hürden
zu überwinden. Angesichts des raschen technologischen Fortschritts hoffen die Forscher aber, dass es nur eine
Frage der Zeit ist, bis diese komplexen Verschränkungszustände in zukünftigen Quantennetzwerken
verwendet werden können.
Publikation in "Nature Photonics"
Multi-Photon Entanglement in High Dimensions: Mehul Malik, Manuel Erhard,
Marcus Huber, Mario Krenn, Robert Fickler, Anton Zeilinger. Nature Photonics, 2016
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