EU plant Qualitätsschub in der Rechtsetzung

 

erstellt am
11. 03. 16
11:00 MEZ

Bundesrat diskutiert Arbeitsprogramm von EU-Kommission und Rat im Bereich Justiz
Brüssel/Wien (pk) - Weniger ist Mehr, lautet die Maxime der EU-Kommission bei der Rechtsetzung. Nur noch Vorschriften mit einem "deutlichen Mehrwert für die Praxis" sollen künftig dem Rechtsbestand der Europäischen Union angehören. Das ist zumindest der Vorsatz, den Justizminister Wolfgang Brandstetter in seinem Bericht über das heurige Justiz-Arbeitsprogramm von Kommission und Rat, hervorhebt – und als sinnvoll begrüßt. Von den Mitgliedern des Bundesrats kamen am 10.03. dazu unterschiedliche Rückmeldungen, schließlich nahm die Länderkammer den Bericht des Justizressorts aber mehrheitlich zur Kenntnis.

Brandstetter will qualitativ hochwertige EU-Rechtsstandards
Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit, Transparenz, Einfachheit und Grundrechtskonformität bilden nach wie vor die Leitlinien für die Justizpolitik der Europäischen Union. In der vom Justizressort vorgelegten EU-Jahresvorschau für den Justizbereich wird in diesem Sinn dem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts Priorität in der europäischen Justizpolitik eingeräumt. Verstärkt in den Fokus rückt dabei die praktische Durchsetzung bestehender europäischer Rechtsvorschriften und die Qualität der Rechtsakte. Thematisch wird das laufende Jahr insbesondere von der Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda und dem Kampf gegen den Terrorismus geprägt.

Im Rahmen der Überprüfung zentraler Aspekte bestehender Rechtsvorschriften will die EU-Kommission auch überholte Rechtsakte aufheben, beschreibt Bundesminister Brandstetter im Bericht die Arbeiten am EU-Rechtsstand. Konkret strebe die Kommission eine signifikante Reduktion der Zahl neuer Legislativvorschläge und die Zurückziehung zahlreicher alter, blockierter oder aus Sicht der Kommission sinnlos gewordener Initiativen an. Österreich sei ein Fürsprecher dieses Vorgehens, wenn man auch auf die Kommissionspläne nicht unmittelbar Einfluss nehmen könne, wie der Minister im Plenum betonte. Allgemein hielt er mit Blick auf den morgigen EU-Justizministerrat fest, dass dann 28 unterschiedliche Standpunkte "unter einen Hut gebracht werden" müssten. Eine gemeinsame Linie sei bei der heterogenen Staatengemeinschaft nicht leicht zu finden, trotz des für Brandstetter fraglos großen wirtschaftlichen Nutzens, den ein einheitlicher Rechtsraum hat. Von österreichischer Seite werde jedenfalls bei aller Konsensbereitschaft immer auf die Beibehaltung der hohen rechtlichen Standards geachtet.

Länderkammer tadelt und lobt justiziellen Integrationsprozess
Den Qualitätsanspruch der Kommission in Sachen Rechtsetzung sieht jedoch Michael Raml (F/O) in den Arbeitsprogrammen nicht erfüllt. Seitenweise würden darin nichtssagende und unklare Parolen ausgegeben, ohne tatsächliche Lösungen anzubieten, befand er. Konkret zu den Vorhaben im Strafrecht erklärte Raml, die Freiheitlichen würden eine "Hinunter-Nivellierung" nationaler Rechtstände auf einheitliches EU-Recht ablehnen. Dementsprechend wandte sich der FPÖ-Sprecher auch gegen die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, zumal diese aus seiner Sicht nur im Interesse der EU handeln würde.

Sowohl Edgar Mayer (V/V) als auch Susanne Kurz (S/S) begrüßten den Bericht hingegen als gute Vorschau für die Pläne der EU im Justizbereich. In ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschätzen sind laut Mayer die geplanten Regelungen zum digitalen Binnenmarkt. Als Vorsitzender des EU-Ausschusses erinnerte er an mehrere bereits auf Ausschussebene debattierte Rechtsvorschriften zu online-Handel und Verbraucherschutz: So hätten die Ausschussmitglieder ihre Bedenken im Zusammenhang mit Bestimmungen für den Fernabsatz bereits mittels einer begründeten Stellungnahme Brüssel gegenüber verdeutlicht. Reaktionen darauf wie auch auf andere Entwicklungen in der EU-Justizpolitik seien abzuwarten, gab er sich vorsichtig positiv. Den Vorschlag für einen besseren Kampf der EU gegen Terrorismus durch einheitlich in einer Richtlinie festgelegte Mindeststandards beschrieb Kurz im Detail und sie umriss zudem lobend Neuerungen im Familien- und Jugendrecht, die teilweise schon in österreichisches Recht überführt wurden. Etwa, dass Haftzeiten bei jungen Menschen möglichst kurz zu halten sind.

Europäische Grundwerte wie Freiheit und Toleranz brachte Ewa Dziedzic (G/W) in Verbindung mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zur Sprache. Eindringlich forderte sie vom Justizressort, namens Österreich den ihrer Einschätzung nach zurückhaltenden Standpunkt hinsichtlich Gleichbehandlungsfragen aufzugeben und für einen gleichwertigen rechtlichen Schutz homosexueller Paare in der gesamten EU einzutreten – sei es im Ehegüterrecht oder bei der Adoption von Kindern

 

 

 

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