EU-Ausschuss sieht in neuerlichem Vorstoß eine Umgehung des abgelehnten EU-Kaufrechts
und plant Mitteilung
Brüssel/Wien (pk) – Große Probleme orteten die Bundesrätinnen und Bundesräte im EU-Ausschuss
vom 08.03. hinsichtlich der EU-Vorschläge zur Harmonisierung der Bestimmungen im Bereich des elektronischen
Handels. Dieser ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Die EU-Kommission hat daher eine Strategie für
einen digitalen Binnenmarkt angenommen, mit dem Ziel, durch die Harmonisierung der unterschiedlichen Rechtsvorschriften
in den Mitgliedstaaten einen besseren Zugang für KonsumentInnen und Unternehmen zu digitalen Waren und Dienstleistungen
in ganz Europa sicherzustellen. Betroffen sind von diesem schwierigen und komplexen Thema unter anderem auch der
Verbraucherschutz und der Datenschutz. Der inhaltlich Bogen umspannt weite Bereiche – von Spielen über Inhalte
in Clouds bis hin zu digitalen Dienstleistungen. Die EU erwartet sich durch die Umsetzung der Maßnahmen auch
ein zusätzliches Wachstumspotential, was die Ausschussmitglieder nicht ganz nachvollziehen konnten.
Das Maßnahmenpaket ist Nachfolgeprojekt des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, das im Jahr 2011 von
der Kommission vorgeschlagen, jedoch aufgrund des massiven Widerstandes der Mitgliedstaaten im Rat - darunter auch
Österreich - zu Beginn des Jahres 2015 zurückgezogen wurde. Der EU-Ausschuss des Bundesrats hatte dazu
sogar eine Subsidiaritätsrüge nach Brüssel abgeschickt. Stefan Schennach (S/W) sprach daher auch
von einer "Umgehung", denn das abgelehnte europäische Kaufrecht soll nun durch die Hintertür
wieder eingeführt werden, so der Tenor. Laut Ausschussvorsitzendem Edgar Mayer (V/V) geht es beim neuerlichen
Vorstoß zwar nicht mehr um Subsidiaritätsprobleme, vielmehr hegt man massive inhaltliche Bedenken gegen
die Vorlagen. Das Thema soll daher beim nächsten EU-Ausschuss nochmals auf die Tagesordnung genommen werden,
man plant, eine kritische Mitteilung zu formulieren.
Die EU plant einheitliches Gewährleistungsrecht
In den Richtlinienentwürfen geht es zum einen "um bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung
digitaler Inhalte". Dadurch sollen Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte,
ferner über Rechte, die VerbraucherInnen bei nicht vertragsgemäßen digitalen Inhalten zustehen,
harmonisiert werden. Ebenso ist vorgesehen, bestimmte Aspekte im Hinblick auf das Recht, langfristige Verträge
zu beenden, bzw. digitale Inhalte zu ändern, zu vereinheitlichen. Ein Großteil dieser Regelungen sei
im österreichischen Gewährleistungsrecht abgedeckt, heißt es aus dem Justizministerium.
Mit der Richtlinie über "bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen
des Fernabsatzes von Waren" soll im Wesentlichen ein neues Gewährleistungsregime für den Warenkauf
im Fernabsatz eingeführt werden. Dadurch sollen KonsumentInnen europaweit in den Genuss eines hohen Verbraucherschutzniveaus
kommen, wirbt die Kommission für den Vorschlag, gleichzeitig will man es Unternehmen leichter machen, Waren
EU-weit zu verkaufen. Im Interesse der KonsumentInnen ist eine Frist von zwei Jahren (bisher sechs Monate) vorgesehen,
um Waren bei auftretenden Mängeln zurückgeben zu können.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen diese Vorlage. Man befürchtet eine Zersplitterung des Gewährleistungsrechts,
die Bestimmungen würden große Probleme und unangemessene Rechtsfolgen nach sich ziehen, befürchtet
der zuständige Sektionschef des Justizministeriums. Er zeigte sich auch nicht überzeugt davon, dass das
Ganze zu Gunsten der KonsumentInnen sein werde und sprach sich für einen Verbraucherschutz "mit Augenmaß"
aus.
Auch die Wirtschaftskammer lehnt das Gesetzespaket ab. Man brauche keine Richtlinie über den digitalen Warenhandel,
meinte die Vertreterin der Wirtschaft und stellte die Befürchtung in den Raum, die Kommission wolle letztendlich
nicht nur den Online-Handel, sondern den gesamten Handel erfassen. Die Vorschläge würden gravierende
Verschärfungen für die Unternehmen bringen, warnte sie, Vertragsauflösungen sollen laut Entwurf
auch bei kleinen Fehlern möglich sein. Der Online-Handel sei derzeit ohnehin mit einem Wirrwarr an Rechtsakten
konfrontiert. Bevor man etwas Neues mache, sollte man das Bestehende einmal evaluieren. Auch Bundesrat Eduard Köck
(V/N) warnte vor Belastungen vor allem für Kleinunternehmen und Stefan Schennach (S/W) sieht insbesondere
den Verkauf von Daten äußerst kritisch.
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