Baustoffindustrie gerät in Schieflage. Umsatzwachstum von 0,26% im Vorjahr. Forderung
nach Baustoffneutralität und Stopp der Benachteiligungen auf EU-Ebene
Wien (pwk) - „Mit einem kaum wahrnehmbaren Umsatzwachstum von 0,26% auf EUR 3,32 Mrd. stagniert die Baustoffindustrie
weiterhin auf geringem Niveau. Der Standardmarkt geht in fast allen Teilbranchen zurück, die Verluste werden
durch einzelne Großprojekte abgefedert. Der Beschäftigtenstand konnte mit knapp 14.000 Personen dennoch
gehalten werden“, fasst Andreas Pfeiler, Geschäftsführer des Fachverbandes der Stein- und keramischen
Industrie, die Hauptergebnisse der alljährlichen Konjunkturerhebung unter seinen über 300 Mitgliedsbetrieben
zusammen.
Hohe Abhängigkeit von Großprojekten – rückläufiger Standardmarkt
Die Baustoffindustrie ist in hohem Maße von Einzelprojekten abhängig. Das neue Rapid-Stadion, Fußgängerzonen
oder Tunnelbauprojekte konnten zwar Verluste abdecken, insgesamt geht der Trend aber nach unten, wie ein Blick
auf die Branchenergebnisse zeigt.
Zuwächse gab es etwa bei der Beton- und -fertigteilindustrie (+6,61% auf EUR 459 Mio.), der Transportbetonindustrie
(+5,31% auf EUR 434 Mio.) oder der Ziegelindustrie (+4,16% auf EUR 146 Mio.) – allesamt Branchen, die von den Großprojekten
profitieren. Verluste verzeichneten die Naturwerksteinindustrie (-10,61% auf EUR 31 Mio.), die Feinkeramische Industrie
(-7,69% auf EUR 178 Mio.) und die Putz-und Mörtelindustrie (-5,14% auf EUR 380 Mio.).
Die Schotterindustrie hatte im vergangenen Jahr ein Minus von 4,14% (Umsatz EUR 101 Mio.), die Sand- und Kiesindustrie
ein Minus von 4,12% (Umsatz EUR 141 Mio.). „Diese zwei Branchen sind auch die ersten, die fehlende großflächige
Projekte wie den Straßenbau zu spüren bekommen, umso mehr begrüßen wir das Bekenntnis des
neuen Verkehrsministers zum Infrastrukturausbau“, so Pfeiler.
Wohnbaupaket als Hoffnungsträger – Branche fordert Baustoffneutralität
„Wir geraten zunehmend in eine Schieflage, die durch ein Ungleichgewicht in der Behandlung von Baustoffen bei
der Errichtung neuer Wohneinheiten weiter verstärkt wird“, betont Manfred Asamer, Obmann des Fachverbandes.
Derzeit herrscht in vielen Bundesländern bei der Schaffung von Wohnraum für Einkommensschwache oder neue
Mitbürger eine Billig-Schienen-Mentalität.
„Anforderungs- und Qualitätskriterien bei Bautechnik oder Energieeffizienz werden nach unten nivelliert, Wertbeständigkeit
und Nachhaltigkeit spielt bei diesen Überlegungen nur eine untergeordnete Rolle. Dies läuft dem Gedanken
des ökologisch, gesellschaftlich und finanziell verantwortungsvollen Bauens massiv zuwider. Wer billig baut,
baut letztlich teuer“, führt Asamer aus.
„Selbstverständlich begrüßen wir das Wohnbaupaket und die Schaffung von neuem Wohnraum, allerdings
müssen gleiche Kriterien für alle Bauweisen gelten und auch Unternehmen aus dem Massivbausektor zu den
Ausschreibungen eingeladen werden“, fordert Asamer eine Baustoffneutralität ein.
Energiekosten und Ungleichbehandlungen auf EU-Ebene verstärken Schieflage
„Unsere Branche ist in einer doppelten Zwickmühle. In Österreich werden uns immer höhere Ökostromkosten
aufgebürdet, gleichzeitig sind wir im Energiesektor mit massiven Benachteiligungen gegenüber osteuropäischen
Ländern konfrontiert“, so Robert Schmid, stellvertretender Obmann des Fachverbandes.
Bei den Ökostrompauschalen rechnet die Branche für das laufende Jahr mit einer Steigerung der Belastung
um bis zu 36% gegenüber 2015. Seit 2013 ist es für die Unternehmen durch höhere Ökostrompauschalen
zu einer Verdoppelung der Abgaben gekommen. „Ökostrom Ja, aber er darf nicht ad infinitum durch die Endverbraucher
finanziert werden. Wir fordern ein Regime, das marktreife Technologien forciert und Fördermittel endlich effizient
einsetzt“, betont Schmid.
Neben den zunehmenden finanziellen Belastungen weist Schmid auch auf den steigenden bürokratischen Aufwand
hin, der sich durch das Energieeffizienzgesetz ergibt. „Die Energieaudits oder Zertifizierungssysteme führen
sich nicht von selbst durch. Sie bedeuten zusätzliche personelle und administrative Kosten, die uns aufgebürdet
werden“, so Schmid.
Zur Ungleichbehandlung auf europäischer Ebene führt Schmid aus, dass osteuropäischen Ländern,
beispielsweise Polen, weiterhin Emissionen für ihre Kohlekraftwerke zugestanden werden. „Diese Emissionen
werden dafür unseren Unternehmen bei der Produktion von Kalk, Ziegel oder Zement wieder weggenommen. Dies
ist nicht akzeptabel. Wenn es unsere heimische Politik mit der Re-Industrialisierung und der Standortstärkung
ernst meint, dann muss sie auf EU-Ebene entschieden gegen diese Ungleichbehandlung auftreten“, pocht Schmid.
Ausblick 2016 – geringe Hoffnung auf Wachstum
Beim Ausblick auf dieses Jahr geben sich die Fachverbandsvertreter zurückhaltend. „Vieles wird davon abhängen,
wann die Wohnbauoffensive am Markt ankommt, wir rechnen nicht vor dem zweiten Halbjahr damit. Wenn wir die Zahlen
des Vorjahres halten können, müssen wir zufrieden sein“.
Abschließend fasst Asamer die zentralen Forderungen des Fachverbandes für 2016 zusammen:
- Baustoffneutralität bei Vergabe von Aufträgen und keine politisch motivierte
Bevorzugung einzelner Bauweisen
- Belastungsstopp bei Ökostromzuschlägen und Überarbeitung des Regimes
- Forcierung des Infrastrukturausbaus, gerade auch in ländlichen Regionen
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