Erstmals zu sehen auf der Hannover Messe von 25. bis 29. April
Wien (tu) - Vom Pulver zum festen Metallstück: Verfahren, die mit anderen Materialien bereits erfolgreich
eingesetzt werden, lassen sich durch einen technischen Trick nun auch für Aluminium nutzen. Komplizierte Metallteile
stellt man heute gerne in Metallpulver-Spritzgussverfahren her: Metallpulver wird mit Kunststoff versetzt, in Form
gepresst und bei hohen Temperaturen zu einem soliden Metallwerkstück zusammengebacken – diesen Prozess bezeichnet
man als „Sintern“. Bei Stahl oder Titan funktioniert das schon lange sehr gut, für Aluminium war diese Technik
bisher allerdings nicht geeignet. Nun gelang es aber an der TU Wien, ein pulvermetallurgisches Verfahren für
Aluminium zu entwickeln, mit dem sich nun auf materialsparende Weise komplex geformte Bauteile herstellen lassen.
Besonders interessant ist das für Branchen, in denen Gewichteinsparung eine Rolle spielt – von der Automobilindustrie
bis zur Weltraumtechnik.
Vom Pulver zum soliden Metall
Am Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien forscht man seit vielen Jahren an Sinter-Technologien
und arbeitet sehr erfolgreich mit einigen der weltweit führenden Firmen auf diesem Gebiet zusammen. „Das Ausgangsmaterial
sind feine Metallpartikel, die mit dem Sauerstoff der Luft reagieren und daher meist mit einer dünnen Oxidschicht
überzogen sind“, erklärt der Chemiker Christian Gierl-Mayer. Um das Metallpulver fluide und formbar zu
machen, wird es zunächst mit einer Trägersubstanz aus Kunststoff vermischt und in eine vorgefertigte
Form gespritzt. So entsteht ein Rohwerkstück, der sogenannte „Grünling“, den man dann in Spezialöfen
erhitzt. Dabei wird die Trägersubstanz entfernt, und bei hoher Temperatur wird die Oxidschicht reduziert.
Die Metallkörnchen kommen in direkten Kontakt und verbinden sich zu einem festen Metallkörper.
Wenn man dabei allerdings Aluminium verwendet, hat man ein Problem: Die Oxidschicht um die Aluminiumpartikel lässt
sich nämlich erst bei sehr hohen Temperaturen entfernen. Gleichzeitig hat das Aluminium aber einen relativ
niedrigen Schmelzpunkt, der die maximale Sintertemperatur begrenzt. Es ist daher unmöglich die Oxidschicht
zu entfernen, bevor das gesamte Metallstück geschmolzen ist.
Auch die Trägersubstanz, in der das Metallpulver gebunden ist, wird durch thermische Prozesse entfernt,
die erst bei erhöhten Temperaturen ablaufen. Durch das Überlappen der Temperaturbereiche der Binderentfernung
mit dem Sintern werden Rückstände des Bindemittels in das gesinterte Werkstück miteingebaut, wenn
man Aluminium mit derselben Technik verarbeitet wie andere Metalle.
Der Trick liegt in der Umgebungsatmosphäre
An der TU Wien gelang es nun, eine Lösung für dieses Problem zu finden: Entscheidend ist, im Sinterofen
die richtige Atmosphäre zu schaffen. Normalerweise verwendet man eine sauerstoffarme Umgebung, um das vollständige
Oxidieren eines Metallpulvers zu verhindern. Bei Aluminium hingegen ist eine sauerstoffreiche Atmosphäre nützlich:
„Die Aluminiumoxidschicht der Partikel ist so dicht, dass sie die Partikel vor dem vollständigen Oxidieren
schützt, gleichzeitig hilft der Sauerstoff beim Verbrennen der Kohlenstoffanteile des Bindematerials“, erklärt
Gierl-Mayer.
Nach diesem ersten Schritt ersetzt man die Sauerstoffatmosphäre durch Stickstoff und erhöht die Temperatur
weiter. Mit Hilfe von Magnesium wird die Aluminiumoxidschicht schließlich aufgebrochen, eine flüssige
Phase entsteht und die Aluminiumpartikel werden zu einem soliden Metallstück gesintert.
„Durch dieses Verfahren gelingt es uns, die beiden Prozessschritte zu trennen, und jetzt erstmals vollständig
ablaufen zu lassen: Das Entfernen der Kohlenstoffrückstände und das Sintern der Aluminiumpartikel“, erklärt
Christian Gierl-Mayer. Das Verfahren wurde bereits mit Unterstützung des Forschungs- und Transfersupports
der TU Wien zum Patent angemeldet.
Das pulvermetallurgische Verfahren erlaubt es, komplizierte Formen herzustellen, die auf andere Weise gar nicht
oder nur mit großem Aufwand realisierbar sind. Das pulverförmige Ausgangsmaterial ist relativ billig,
dadurch kann man bei überschaubaren Kosten auch relativ große Bauteile produzieren. In der Massenproduktion
werden damit im Vergleich zur üblichen Fertigung erhebliche Material- und Gewichtseinsparungen von bis über
50% möglich.
Industrielle Einsatzmöglichkeiten für die neue Aluminium-Sintertechnik gibt es viele. „Sinterverfahren
mit anderen Metallen haben sich industriell in vielen Bereichen bereits durchgesetzt, gerade österreichische
Firmen gehören in diesem Bereich weltweit zu den führenden Unternehmen“, sagt Gierl-Mayer. Durch seine
geringe Dichte ist speziell Aluminium für viele Anwendungen besonders interessant – etwa dort, wo es wichtig
ist, Gewicht zu sparen, wie im Autobau oder in der Luft- und Raumfahrttechnik. Aber auch für Werkzeugmaschinen
oder Uhren könnte die Aluminium-Sintertechnik neue Möglichkeiten eröffnen.
Erstmals wird der Aluminium-Spritguss dem breiten Fachpublikum auf der Hannover Messe (25.-29.4.) präsentiert:
Halle 27, Stand L71. Andere Innovationen am Gemeinschaftsstand der TU Wien, der im Bereich EnergyEfficiency angesiedelt
ist, zeigen:
- Einen neuartigen Ansatz zur breit angelegten Integration von dezentralen Energieerzeugern
und Haushalts-Anlagen in den gesicherten Betrieb von Stromversorgungssystemen
- Eine neuartige und kostengünstige Bauweise für hohe Türme von
Windenergieanlagen
- Den energieeffizienten und kostengünstigen Transport von Wasserstoff (H2)
aus erneuerbaren Energien über das herkömmliche Erdgasnetz
- Die mögliche Verdoppelung der Produktion von Biogasanlagen durch Nutzung
von Überschussstrom für Elektrolyse und Methanisierung
- Das einzige Magnetlager für höchste Dynamik bei geringen Systemkosten,
das wartungsfrei und sensorlos ist
- Die einzigen, höchst energieeffizienten Synchronmotoren, die mit Permanentmagneten
oder ohne Einsatz von Seltenerdmetallen realisiert werden können und ohne fehleranfällige Sensorik auskommen
- Die ersten Polymere für hochpräzise und hochfeste Produkte aus 3D-Druck
– in der Qualität von Polymer-Spritzguss
- Das erste kompakte Verfahren, das während des Produktionsprozesses, die
Kontrolle und Adjustierung von Beschichtungsprozessen erlaubt – u.a. für Photovoltaik, Batterien, Brennstoffzellen,
Bioreaktoren, Displays, gedruckte Elektronik
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