Eine Institution feiert Geburtstag
Wien (verkehrsbüro) - Seit 1876 ist das berühmte Café Central Wien Mittel-und Entstehungspunkt
österreichischer Kulinarik, Literatur, Weltanschauung und Lebenskultur. Die „Grand Dame“ der Wiener Kaffeehaustradition
wird heuer 140 Jahre. Ihr Erfolgsrezept ist dabei modern, wie es ihrer Tradition gebührt. Hier eine kleine
Kostprobe der historischen Highlights und kulinarischen Höhepunkte, gespickt mit Bonmots der geistigen und
geistreichen Literaten, die zu ihren Stammgästen zählten und verfeinert durch Zahlen, Daten und Fakten
rund um die einzigartige Institution.
Café Central Wien: Treffpunkt historischer Vor- und Querdenker
Bereits vor 140 Jahren wurde das traditions- und mythenreiche Café Central im Palais Ferstel, dem damals
„modernsten Gebäude Wiens“, eröffnet. Seither hat Wien zwei Weltkriege, fünf Währungseinführungen
und elf Bundespräsidenten erlebt – und die meiste Zeit davon war das Café Central eine Konstante des
österreichischen Lebensgefühls und zentraler Treffpunkt des intellektuellen Wiens. „Kaum ein angesehener
Literat oder Gelehrter fehlt in der Reihe der ‚Centralisten‘, wie sich die Dauerbesucher des Cafés bezeichneten“,
so Alfred Flammer, Geschäftsführer von Palais Events und Café Central. Ab 1900 trafen sich hier
Sigmund Freud, Arthur Schnitzler, Alfred Polgar, Leo Trotzki, Robert Musil, Stefan Zweig, Hugo v. Hofmannsthal
und viele mehr zum geistigen Austausch bei besten Kaffeehausspezialitäten. „Im Jubiläumsjahr wollen wir
diesen Geist wiederbeleben und den Centralisten von heute ein neues, ‚altes’ Zuhause geben“, führt Flammer
weiter aus.
Das Café Central: Lebensraum UND Lebenseinstellung
Die großen Denker des Landes und ihrer Zeit hinterließen ihre Spuren. Noch heute weilt der österreichische
Schriftsteller Peter Altenberg an „seinem“ Kaffeehaustisch als lebensgroße Figur, schließlich war das
Café Central nicht nur sein Wohn- und Arbeitsraum, sondern auch Waschküche und Sekretariat. So gab
er das Literatur-Café als Wohnadresse an und ließ sich seine Post dorthin schicken, ebenso wie seine
Wäsche – nur schlafen durfte er zu seinem Bedauern dort nicht. An seinem Tisch saß nur, wer höchstpersönlich
dazu eingeladen wurde. Ebenso verhielt es sich mit dem Stammtisch von Karl Kraus. Wem die Ehre zuteilwurde, an
einem dieser Tische Platz zu nehmen, kam in den Genuss von gutem Kaffee und intellektuellem Hochgefühl.
Frauenrechte & bargeldloses Zahlen – eine Erfindung des Café Central?!
Viele Generationen hat das Café Central bewirtet und ist dennoch am Puls der Zeit geblieben: Während
das Thema Gleichberechtigung heute aktueller ist denn je, nahm das Café Central hier schon vor hundert Jahren
eine Vorreiterrolle ein. So war es das erste Café mit eigenständigem Damenbesuch. Denn: Die feine Dame
der Wiener Gesellschaft besuchte jedes andere Kaffeehaus nur in Begleitung eines Herrn. Die Ausnahme bildeten die
Schanigärten unter freiem Himmel, wo es gestattet war, mit einer Anstandsdame dem Kaffeegenuss zu frönen.
Doch nicht so im Central! Der einzigartige Innenhof mit Glasdach erlaubte der Damenwelt, gut behütet (also
mit herrlicher Überkopfdekoration, aber ohne Herrenbegleitung) im Inneren des Hauses – und doch irgendwie
im Freien – selbständig „auf an Kaffee zu geh‘n“.
Auch das bargeldlose Zahlen hat seinen vermeintlichen Ursprung im Café Central – eingeführt durch Peter
Altenberg: Nicht immer war er bei Kasse, aber erfindungsreich genug, um nie ohne Zahlungsmittel zu sein. So manch
einer kann mit Stolz behaupten, ein Original vom Altenberg auf einer Serviette zu besitzen. Denn mit seiner darauf
verewigten Literatur pflegte dieser im Tauschhandel seine offene Zeche im Central bezahlen zu lassen.
Das Café Central: Geschichte und ...
Das nach seinem Erbauer heute benannte Palais Ferstel galt, dank seiner Kombination aus Werksteinbau und der
venezianisch-florentinischen Trecento-Architektur, bei seiner Eröffnung 1860 als das „modernste Haus Wiens“
und war eines der spektakulärsten und kostspieligsten Bauprojekte der Ringstraßenzeit. Im Auftrag der
k. k. privilegierten Nationalbank schuf der erst 27-jährige Architekt Heinrich von Ferstel ein Bank- und Börsengebäude
samt Geschäftspassage, einen glasüberdachten „Bazarhof“ und einen Säulensaal, der von Anfang an
als reizvoller Rahmen für ein Kaffeehaus gedacht war. Ursprünglich waren die Räumlichkeiten jedoch
Sitz der Wiener Börse, die sich, bis zu ihrem Umzug im Jahr 1877, eingemietet hatte. Auch die Österreichisch-Ungarische
Nationalbank hat in dieser Zeit ihren Sitz im Palais Ferstel. Damals eröffneten die Gebrüder Pach das
Café Central, das bis 1918 eines der Literatencafés in Wien blieb. 1925 wurde das Central, anlässlich
seines 50-jährigen Bestehens, komplett renoviert und ein Jahr später als Café-Restaurant wieder
eröffnet. Heute besuchen Wiener wegen des großen Angebots an nationalen und internationalen Zeitungen
das bekannte Wiener Kaffeehaus gleichermaßen, wie kulturbegeisterte Wien-Besucher, um das traditionelle Kaffeehaus-Flair
zu erleben.
... Erfolgsgeschichte
„Als Verkehrsbüro Group sind wir stolz, mit dem Café Central solch eine prestigeträchtige Institution
seit 2011 betreiben zu dürfen. Seit der Übernahme konnten wir nicht nur Besucherzahlen, sondern auch
Umsatzzahlen steigern“, sagt Mag. Harald Nograsek, Generaldirektor der Verkehrsbüro Group. Der Gesamtumsatz
von Palais Events (inkl. Cafe Central) lag 2015 bei 9,6 Mio Euro (2010: 7,2 Mio Euro, d.h. plus 33 Prozent). Der
Anteil des Café Central am Palais Events-Umsatz beträgt mehr als die Hälfte (56 Prozent). 480.000
Gäste besuchen pro Jahr das Café Central. Mit der Revitalisierung und der neuen Tortenvitrine im Zentrum
des Cafés vor zwei Jahren wurde die Kontinuität des Erfolgs weiter gesichert – insgesamt wurden ca.
200.000 Euro investiert. Die Mitarbeiterzahl liegt konstant bei rund 100, davon 20 Lehrlinge. „Das Central ist
nicht nur für hunderttausende Touristen ein Highlight in Wien, es wird auch von österreichischen Stammgästen
gerne und regelmäßig aufgesucht. Im Jubiläumsjahr wollen wir die Aufmerksamkeit für das Literatur-Café
mit unterschiedlichen Aktionen weiter erhöhen“, setzt Nograsek fort und ergänzt: „Dabei machen wir mit
#IamCentralist als Hashtag auf all unsere Online-Aktivitäten aufmerksam“.
Centralisten 2.0 – Aus traditioneller Moderne wird moderne Tradition
2016 wird nun das Café Central als traditioneller Treffpunkt der Wiener Literaturszene widerbelebt. Im heurigen
Jubiläumsjahr warten vielfältige Schwerpunkte auf kulturinteressiertes Publikum. Erstmals sind österreichische
Poeten, Erzähler und Schriftsteller eingeladen, am 30. Mai 2016 ihr Können bei einem literarischen „Open
Mic“ zu zeigen und ihre eigenen Texte zu präsentieren. Die „Centralisten 2.0“ sollen 2016 eine neue Heimat
im Café Central finden.
„Centrale“ Café-Kulinarik in Zahlen
Pro Jahr werden hier unglaubliche 300.000 Mehlspeisen serviert, gefolgt von 140.000 warmen und kalten Speisen
und 320.000 Tassen Kaffee. Der legendäre Apfelstrudel führt mit 55.000 Portionen die Patisserie-Bestenliste
an, dicht gefolgt von der Sachertorte mit 25.000 Stück. 15.000 Wiener Schnitzel und 16.500 Portionen Kaiserschmarrn
kommen ebenfalls aus der Central-Küche. Ob Frühstück, klassische Wiener Küche oder Kleinigkeiten
zwischendurch, auf der Speisekarte werden Qualität, Tradition und Kreativität groß geschrieben.
Hier gilt es, den hohen Erwartungen der internationalen Gäste gerecht zu werden und den heimischen Gast mit
zeitgemäßen und modernen Interpretationen altehrwürdiger Rezepte zu überzeugen.
Best of Bonmots: Das Café Central Wien in würdigen Worten
Stefan Zweig (1881 – 1942): „Es ist eigentlich eine Art demokratischer, jedem für eine billige Schale
Kaffee zugänglicher Klub, wo jeder Gast für diesen Obolus stundenlang sitzen, diskutieren, schreiben,
Karten spielen, seine Post empfangen und vor allem eine unbegrenzte Zahl von Zeitungen und Zeitschriften konsumieren
kann.“
Alfred Polgar (1873 – 1955): „Das Central ist nämlich kein Caféhaus wie andere Caféhäuser,
sondern eine Weltanschauung. Seine Bewohner sind größtenteils Leute, deren Menschenfeindlichkeit so
heftig ist wie ihr Verlangen nach Menschen, die allein sein wollen, aber dazu Gesellschaft brauchen […].
Egon Erwin Kisch (1885 – 1948): „Das Kaffeehaus ist sozusagen eine Wohnung, die man nicht haben muss, wenn man
das Kaffeehaus hat.“
Wussten Sie, dass ...
... Sie die Tatsache, im Central auch speisen zu können, Napoleon „verdanken“? Da er Wien bei seiner Belagerung
vom Import abgeschnitten hatte, wurden die hiesigen Cafetiers erfinderisch: Um die Gäste über den Verlust
hinweg zu trösten, wurde in den Kaffeeküchen Wiens plötzlich aufgekocht. Dies war die Geburtsstunde
der kulinarischen Klassiker im Kaffeehaus: Dem Paar Würstel mit „Semmerl“ und Senf, dem Gulasch und dem Wiener
Suppentopf.
... die ersten Diskussionssendungen „Café Central“ im gleichnamigen Kaffeehaus in der Wiener Innenstadt
gedreht wurden? Später wurde aus einem eigens dafür nachgebauten, detailgetreuen ORF-Studio bis 1991
gesendet.
... das Glaserl Wasser schon seit dem 19. Jahrhundert zum perfekten Kaffeegenuss im Central gehört? Der vermeintlich
„verkehrt“ auf dem Glas Wasser liegende Löffel, zeigt dem Gast, dass selbiges soeben frisch für ihn eingeschenkt
wurde. Das im Central gelebte Ritual ist ein Relikt aus dem spanischen Hofzeremoniell und der Hofetikette der Habsburger.
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