Opposition kritisiert politischen Einfluss im ORF und Solo-Auftritt des Bundeskanzlers
Wien (pk) - Die "Vielfalt der Inhalte" sei das grundlegende Konzept für die geplante Reform
der Presseförderung, erklärte Bundesminister Josef Ostermayer am 17.03. in der Fragestunde des Nationalrats.
Nicht die Menge an Titeln stehe im Vordergrund, sondern die Anzahl an JournalistInnen. Die Abgeordneten interessierten
sich zudem für eine Reihe von Themen, die von der Neugestaltung des Datenschutzrechts, der budgetären
Ausstattung der Bereiche Kunst und Kultur bis hin zum Schutz des Weltkulturerbes reichten. Breiteren Raum nahm
noch eine Debatte über den Auftritt von Bundeskanzler Faymann in der Sendung "Im Zentrum" ein, die
Anlass für eine grundsätzliche Diskussion über den parteipolitischen Einfluss im öffentlich-rechtlichen
Rundfunk gab. In diesem Zusammenhang betonte Ostermayer, dass er für kein Gesetz zur Verfügung stehe,
dass die journalistische Unabhängigkeit der RedakteurInnen beschneide.
Weiterentwicklung der Presseförderung und anderer medienpolitischer Instrumente
Minister Ostermayer wies darauf hin, dass er in der letzten Legislaturperiode eine Studie zur Evaluierung der Presseförderung
bei der Uni Wien in Auftrag gegeben hat, die unter der Federführung von Hannes Haas erstellt wurde. Dabei
wurde festgestellt, dass die grundlegende Intention des bestehenden Modells, nämlich die Stärkung der
Medienvielfalt, nicht in einem ausreichenden Maße erfüllt wird. Die AutorInnen sprachen die Empfehlung
aus, dass primär eine Inhaltsvielfalt, die sich in der Anzahl an JournalistInnen widerspiegle, und nicht eine
Titelvielfalt im Vordergrund stehen müsse. Aus diesem Grund soll daher auch die Qualität der JournalistInnenausbildung
weiter ausgebaut werden, betonte Ostermayer. Er stimmte zudem mit dem Abgeordneten Wolfgang Gerstl (V) überein,
dass auch der Leseförderung ein wichtiger Stellenwert zukomme. Gemeinsam mit den betroffenen AkteurInnen soll
eine Reform erarbeitet werden, die natürlich auch die Sicherstellung der Finanzierung im Auge haben muss.
Die Umsetzung des Vorschlags von NEOS-Vertreter Nikolaus Alm betreffend die Umwidmung des bisherigen "Informationsbudgets"
in eine Förderung öffentlich-rechtlicher Inhalte mit einer Deckelung von 10 Mio. € würde eine radikale
Änderung der Verfassung voraussetzen, gab Ostermayer zu bedenken; dies würde er nicht empfehlen.
Dem Abgeordneten Josef Cap (S) gegenüber, der sich nach den die Möglichkeiten erkundigte, wie die Rechte
der österreichischen Medien gegenüber den international agierenden Großkonzernen wie Google, Facebook
& Co gestärkt werden können, teilte Ostermayer mit, dass vor einiger Zeit schon eine Arbeitsgruppe
zu dieser Problematik eingerichtet wurde. Die TeilnehmerInnen – der Zusammenschluss der heimischen Privatsender,
der ORF, der Zeitungsverband, etc. – befassen sich dabei u.a. mit der Neugestaltung des Urheberrechts, des Leistungsschutzrechts
und des Wettbewerbsrechts, um die zum Teil marktbeherrschende Position einzelner Firmen zu reduzieren. Entsprechende
Gespräche laufen auch auf europäischer Ebene, wo Initiativen in diesem Bereich angedacht werden. Die
Europäische Kommission arbeite etwa gerade an einer neuen Version der audiovisuellen Mediendienst-Richtlinie.
Erwartet werden zudem Vorschläge zur Ausformulierung eines neuen europäischen Urheberrechts.
Zu der vom Abgeordneten Harry Buchmayr (S) thematisierten Neugestaltung des Datenschutzes in Europa gab Ostermayer
bekannt, dass diesbezügliche Beschlüsse voraussichtlich am 21. April auf EU-Ebene gefasst werden. Neben
der Grundverordnung, die unmittelbar anzuwenden ist, rechne man mit einem erheblichen Anpassungsbedarf im nationalen
Datenschutzrecht. Man werde jedenfalls versuchen, alle möglichen Spielräume zu nutzen und alles daran
setzen, um das Datenschutzniveau hoch zu halten.
Opposition kritisiert parteipolitischen Einfluss im ORF
Auf massive Kritik von freiheitlicher Seite und des Team Stronach stieß der Solo-Auftritt des Bundeskanzlers
in der ORF-Sendung "Im Zentrum" am letzten Sonntag, was von Herbert Kickl (F) "als bisher unerreichter
Höhepunkt der SPÖ-Hofberichterstattung" und als Verletzung der Objektivität bezeichnet wurde.
Ziel war es offenbar, Kanzler Faymann vor unangenehmen Fragen der Opposition in Zusammenhang mit "seiner Wendehalspolitik
in der Flüchtlingsfrage" zu schützen, vermutete er. Dieter Brosz von den Grünen wiederum drängte
auf eine Gremienreform im ORF-Gesetz, damit "zentrale Entscheidungen für den öffentlich-rechtlichen
Rundfunk nicht mehr aus einem parteipolitisch motivierten Machtkalkül erfolgen".
Minister Ostermayer gab zu bedenken, dass nur eine Person authentisch darüber Auskunft geben könne, was
im Europäischen Rat passiert, nämlich der jeweilige Regierungschef. Nachdem die Ergebnisse des Rates
das zentrale Thema der genannten Sendung waren, haben sich die Zuständigen im ORF wohl dazu entschlossen,
den Bundeskanzler einzuladen. Außerdem gab es davor im deutschen Fernsehen ein ähnliches Format, das
offenbar eine gewisse Vorbildwirkung hatte. Er habe jedenfalls nicht vor, ein Gesetz vorzulegen, das einen Proporz
für einzelne Sendungen im ORF verankert, weil dies die redaktionelle Unabhängigkeit der MitarbeiterInnern
einschränken würde. Wenn es Beschwerden gibt, dann könne man sich an die KommAustria wenden, die
vom Parlament auf verfassungsrechtlicher Ebene beschlossen wurde. Was die Mittelzuteilung betrifft, so hielt es
Ostermayer grundsätzlich für klug, dass es ein duales Rundfunksystem gibt und der öffentlich-rechtliche
Teil über Gebühren finanziert wird. Abgeordnetem Dieter Brosz (G) erinnerte er daran, dass es im letzten
Jahr schon zahlreiche Diskussionen über die Gremienreform gegeben hatte. Solange es aber keine breite Einigung
in dieser Frage gibt, könne er keinen Entwurf vorlegen.
Budgetäre Ausstattung von Kunst und Kultur
Angesprochen auf die Budgetsituation seines Hauses stellte Ostermayer einleitend fest, er sei in der glücklichen
Lage, dass die Mittel für den Kunst- und Kulturbereich nicht gekürzt werden mussten. Durch das Auslaufen
bestimmter gesetzlicher Verpflichtungen sind Gelder frei geworden, die u.a. für die Bundestheater oder die
zeitgenössische Kunst (kleinere Institutionen, innovative Projekte, freie Szene, Nachwuchsförderung,
etc.) bereit gestellt werden können. Weiters wies der Ressortchef auf die Erhöhung der Stipendien für
alleinerziehende KünstlerInnen oder die Schaffung eines neuen österreichischen Buchpreises hin. Der Abgeordneten
Elisabeth Hakel (S) versicherte er, dass es zahlreiche Bemühungen gebe, die Gleichstellung der Frau im Kunst-
und Kulturbereich, insbesondere bei den Filmschaffenden, zu fördern (z.B. Mentoringprogramme).
Wolfgang Zinggl von den Grünen wies darauf hin, dass trotz knapper Kulturbudgets manche DirektorInnen von
Bundesmuseen so viel wie der Bundeskanzler verdienen. Minister Ostermayer sagte zu, dass er sich bei Neubesetzungen
darum bemühen werde, dass sich die Gehälter im international vergleichbaren Niveau bewegen.
Weitere Themen: Digitalisierung, Weltkulturerbe und Verwaltungsstrafrecht
Weiter forciert werden sollen auch die Digitalisierungsaktivitäten im Kulturbereich, führte Ostermayer
aus, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Zahlreiche Projekte bezüglich des
Aufbaus von Bilddatenbanken sind bereits abgeschlossen, im Naturhistorischen Museum wurde im Vorjahr eine weitere
diesbezügliche Initiative gestartet, teilte er Abgeordneter Beatrix Karl (V) mit.
Gegenüber dem Abgeordneten Wendelin Mölzer (F), der durch den geplanten Bau des Intercontinental Hotels
negative Auswirkungen auf das Weltkulturerbe "Historisches Stadtzentrum von Wien" befürchtete, sagte
er, dass der ICOMOS-Bericht (Internationaler Rat für Denkmalpflege) inklusive der Stellungnahme der Stadt
Wien voraussichtlich im Frühjahr veröffentlicht wird. Bezüglich des Erhalts des "historischen
Gesamtkunstwerks Steinhof" – eine Frage des ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Gerstl - stellte Ostermayer fest,
dass sein Ressort nur den vom Denkmalschutzgesetz vorgegebenen Rahmen ausschöpfen könne. Fragen der Flächenwidmung
oder der Baugenehmigung betreffen andere Behörden.
Schließlich informierte der Bundesminister Abgeordneten Werner Groiß (V) darüber, dass zusätzlich
zum laufenden "Reformdialog Verwaltungsvereinfachung" nun eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt
wurde, die sich speziell mit dem Thema Novellierung des Verwaltungsstrafrechts (Stichwort Kumulationsprinzip) befasst.
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