Beschäftigungswunder oder transatlantischer Raubzug?
Salzburg (universität) - Am 17. und 18.03. findet an der Universität Salzburg eine internationale
Konferenz mit hochrangigen Wissenschaftlern zu den umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA statt.
Führende Rechtswissenschaftler, Ökonomen und Politologen liefern fundierte Analysen der vorliegenden
Vorschläge. Pro und Contra werden aufgezeigt.
Analysiert werden sowohl die Argumente der Befürworter, die ein Beschäftigungswunder mit gesamtwirtschaftlichen
Wohlfahrtseffekten versprechen, als auch die Einwände der Gegner, die eine Kapitulation vor den Konzernen
befürchten mit Gefahren für die Ernährungssicherheit und den Verbraucherschutz. Veranstalter der
Konferenz „TTIP, CETA, TISA - New Orientations for EU External Economic Relations?“ sind ECSA Austria (European
Community Studies Association), das Salzburg Centre for EU Studies der Universität Salzburg, die Universität
Innsbruck und die Wirtschaftsuniversität Wien. Die Tagung findet im Haus für Europa, Mönchsberg
2, 5020 Salzburg statt.
„Es gibt viele Veranstaltungen zum Thema TTIP & co. Was aber diese Konferenz auszeichnet ist, dass hier
- losgelöst von politischen Partikularinteressen - die Für und Wider der Abkommen wissenschaftlich möglichst
nüchtern abgewogen werden. Und zwar von den Völkerrechtlern und Europarechtlern, die auf diesem Gebiet
international führend sind“, sagt Stefan Griller, Professor für Europarecht am Salzburg Centre for EU
Studies (SCEUS) der Universität Salzburg. Er hat zusammen mit Walter Obwexer von der Universität Innsbruck
und Erich Vranes von der Wirtschaftsuniversität Wien die Konferenz konzipiert.
In Österreich und Deutschland sind 61 Prozent der Bevölkerung gegen das europäisch - amerikanische
Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). In den meisten anderen EU Ländern
ist die Mehrheit der Bevölkerung für TTIP.
Chlorhuhn und Hormonfleisch sind hierzulande zum Synonym geworden für die Angst der Bürgerinnen und Bürger
vor der Aushöhlung des Verbraucherschutzes durch TTIP. Die Österreicher sehen in dem geplanten Freihandelsabkommen
mit den USA vor allem eine Gefahr für europäische Sozial-, Umwelt- und Gesundheitsstandards. Ein angemessenes
Urteil über die Risiken können sie sich nicht bilden, weil - auch das ist ein massiver Vorwurf – die
Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden.
Den intransparenten Verhandlungsprozess wird bei der Salzburger Konferenz unter anderem der für seine klaren
Worte bekannte Wirtschaftsjurist Panos Delimatsis, Tilburg University, NL/Harvard University, US unter die Lupe
nehmen. Zu den Kritikern der Geheimniskrämerei gehört auch der renommierte Wirtschaftsrechtler Ernst-Ulrich
Petersmann (Florenz). Er fordert eine stärkere Beteiligung der Parlamente an den derzeit „demokratiepolitisch
problematischen“ Verhandlungen, wie er sagt.
Zu den umstrittensten Kapiteln von TTIP gehört der Investorenschutz mit den Sonderklagerechten vor internationalen
Schiedstribunalen. Mit diesen Themen werden sich bei der Veranstaltung in Salzburg etwa Christian Tietje von der
Universität Halle-Wittenberg und Stephan Schill von der Universität Amsterdam auseinandersetzen. Und
was sind die TTIP-Benefits, auf die die Wirtschaft verweist? Niedrigere Preise, mehr Arbeitsplätze und weniger
Ressourcenverschwendung werden genannt. Wenn sich die Industrie auf technische Standards einigt, könnte der
Alltag einfacher werden, heißt es, und die Unternehmen könnten sich Kosten ersparen. Man müsste
zum Beispiel nicht mehr für jedes Elektroauto eigene Stecker bauen oder andere Blinker montieren, weil es
unterschiedliche Vorgaben über deren Farbe gibt.
Als Testfall für TTIP gilt CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement). CETA ist ein Handelsvertrag
den die EU mit Kanada abgeschlossen hat. Manche nennen CETA den kleinen bösen Bruder von TTIP. Die Verhandlungen
wurden bereits 2009 aufgenommen. Bei TTIP erfolgte der Start im Jahr 2013.
Das dritte heftig umstrittene Handelsabkommen, an dessen Ausarbeitung die Europäische Union derzeit beteiligt
ist, heißt TISA (Trade in Services Agreement). Hinter TISA steckt ein globales Dienstleistungsabkommen. Es
geht um die Marktöffnung von Kommunikation, Finanzdienstleistungen, die Versorgung mit Strom und Trinkwasser,
um Postdienstleistungen und Leiharbeit.
Die Referenten werden die drei internationalen Verträge TTIP, CETA und TISA in Vorträgen, Debatten sowie
einer abschließenden Podiumsdiskussion, die einen Österreich-Schwerpunkt haben wird, kritisch analysieren.
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