Zuerst Preisanstiege aufgrund von Zusammenschlüssen - dann Preissenkungen durch neue Mobilfunkanbieter
Wien (bwb/rtr) - Am 14.03. haben die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH
(RTR) zwei Berichte veröffentlicht, die die Auswirkungen des Zusammenschlusses der Mobilfunkbetreiber Hutchison
3G Austria und Orange Austria untersuchen. Die Fusion wurde im Dezember 2012 von der Europäischen Kommission
mit Auflagen freigegeben. In einer verbundenen Transaktion verkaufte Hutchison 3G Austria die Orange- Tochter "Yesss!"
an den Marktführer A1 Telekom Austria. Der Zusammenschluss wurde im November 2012 ohne Auflagen vom österreichischen
Kartellgericht freigegeben. Die BWB hat sich in beiden Verfahren gegen eine Freigabe ausgesprochen, da negative
Effekte auf den Wettbewerb befürchtet wurden. Auch die RTR stand den Übernahmen sehr kritisch gegenüber.
Beide Studien analysieren die Effekte des Mergers in den zwei Jahren nach dem Zusammenschluss, also 2013 und 2014.
Dies ist der Zeitraum, bevor es zu neuen Markteintritten durch virtuelle Netzbetreiber (MVNOs) kam. Während
die Studie der BWB den Effekt auf Bestandskunden misst, konzentriert sich die Analyse der RTR auf die Preise für
Neukunden. In beiden Studien werden die tatsächlichen Preisentwicklungen mit den basierend auf ökonometrischen
Schätzungen vorhergesagten Entwicklungen ohne die Fusion verglichen.
Beide Berichte kommen zum Schluss, dass es durch den Zusammenschluss bis Ende 2014 zu signifikanten Preissteigerungen
gekommen ist. Die von der BWB berechneten durchschnittlichen Preiserhöhungen für Bestandskunden lagen
im Bereich von 14?20 %. Im Prepaid-Segment lagen die Preiserhöhungen bei 20-30 %, im Postpaid-Segment bei
13?17 %. Die von der RTR berechnete Erhöhung der Preise für Neukunden in den Jahren 2013 und 2014 liegt
bei 50?90 % für einen durchschnittlichen Smartphone- Nutzer und bei 22?31 % für durchschnittliche traditionelle
Nutzer (ohne Nutzung von mobilen Datendiensten).
Im Laufe des Jahres 2015 ist es zu mehreren Markteintritten von virtuellen Netzbetreibern gekommen. Die neuen Markteintritte
wurden durch ein gestiegenes Preisbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten begünstigt, was nicht zuletzt
auf die umfangreichen Aktivitäten der BWB, der RTR und der Arbeiterkammer zurückzuführen ist. Weiters
hat die RTR Maßnahmen ergriffen (z.B. Absenkung der Kosten für Rufnummernportierung), die den Kunden
den Wechsel zu günstigen Angeboten neuer Betreiber erleichtern. Aufgrund der Angebote der neuen Betreiber,
sowie der Reaktionen der etablierten Unternehmen, weisen die Preise seither wieder eine fallende Tendenz auf. Dies
zeigt sich auch im Mobilpreisindex der RTR. Der Wettbewerb hat sich somit wieder intensiviert.
Dennoch liegen die Endkundenpreise teilweise nach wie vor über dem Preisniveau vor dem Zusammenschluss. Auch
muss sich erst zeigen, wie nachhaltig der durch virtuelle Netzbetreiber induzierte Wettbewerb langfristig ist.
Der Mobilfunkmarkt wird daher auch in Zukunft von den Behörden genau beobachtet werden.
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