Die Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas haben sich von den globalen Schwellenmärkten
abgekoppelt
Wien (erste bank) - Die Wachstumsdynamik der Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas (CEE) hat sich nun
weitgehend von jener der globalen Schwellenmärkte (Global Emerging Markets), zu denen Brasilien, Russland,
Indien und China (BRICs genannt), aber auch Indonesien, Mexiko und die Türkei zählen, abgekoppelt. So
lautet die Feststellung einer vom CEE Research Team der Erste Group jüngst veröffentlichten Studie („CEE'ing
Past the BRICs“).
„Die CEE-Länder einerseits und die globalen Schwellenmärkte andererseits befinden sich in unterschiedlichen
Phasen ihres Konjunkturzyklus. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die globale Wirtschaftsabschwächung
diese beiden Gruppen unterschiedlich stark trifft“, erklärte Juraj Kotian, Head of CEE Macro/FI Research,
einer der Verfasser der Studie. Im Zeitraum 2010 bis 2015 verzeichneten die globalen Schwellenmärkte dank
hoher Rohstoffpreise und eines kräftigen Kreditwachstums eine sehr starke Dynamik, während das Wirtschaftswachstum
in CEE vergleichsweise verhalten blieb, da die Länder der Region noch damit beschäftigt waren, ihre Leistungsbilanzen
zu sanieren. Da die Volkswirtschaften im CEE-Raum ihr Potenzial erst in diesem Jahr oder 2017 voll ausschöpfen
werden, bleiben sie noch weit vom Höhepunkt ihres Konjunkturzyklus entfernt. Aus diesem Grund sind die CEE-Märkte
auch weniger gefährdet, von einem Konjunkturabschwung ähnlich hart wie in der Rezession des Jahres 2009
getroffen zu werden. Im Gegensatz dazu lag die wirtschaftliche Performance von Schwellenmärkten wie den BRICs
in den letzten Jahren über ihrem Potenzial. Dazu weisen sie einen bemerkenswert hohen Beitrag der Investitionen
zum BIP auf (derzeit nahezu 35% des BIP gegenüber 21% des BIP in CEE).
Trotz der Abschwächung des Zuflusses an EU-Mitteln sollte 2016 das Wirtschaftswachstum der CEE-Region mit
3,1% jenes des Euroraumes (1,6%) übertreffen
Für das laufende Jahr erscheint der Wachstumsausblick für die CEE-Region etwas gedämpfter: Einerseits
wird sich der Zufluss an EU-Mitteln vermutlich abschwächen, andererseits gibt es Fragezeichen bei der
Auslandsnachfrage. Der Privatkonsum sollte sich aufgrund solider Beschäftigungszuwächse und Reallohnsteigerungen
jedoch noch weiter beleben. 2015 fiel die durchschnittliche Arbeitslosenquote in der CEE-Region erstmals seit 2009
in den einstelligen Bereich. Für 2016 wird ein weiterer Rückgang erwartet. Da die CEE-Länder Nettoenergieimporteure
sind, ist der jüngste Rückgang der Ölpreise für sie wachstumsfördernd. In einigen Ländern
(Polen, Rumänien) trägt auch die finanzpolitische Lockerung zur Stärkung der Inlandsnachfrage bei.
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