Von der Beschichtung energietechnischer, elektronischer oder pharmazeutischer Produkte bis
zur dünnen Plastikfolie: Eine neue Technik der TU Wien ermöglicht Qualitätskontrolle von Beschichtungsverfahren
in Echtzeit.
Hannover/Wien (tu) - Wenn man große Flächen mit hauchdünnen Schichten im Mikrometer- oder
Nanobereich überzieht, die genau die richtige Dicke haben müssen, dann passieren leicht Fehler. Oft kann
man die Dicke der aufgebrachten Schicht erst untersuchen, nachdem der Beschichtungsvorgang abgeschlossen ist. Mit
einigen technischen Tricks gelang es nun aber einem Forschungsteam der TU Wien, ein Gerät zu entwickeln, das
direkt in Beschichtungsanlagen eingebaut werden kann, und im laufenden Betrieb eine zuverlässige Qualitätskontrolle
ermöglicht. Dieses Gerät, das „Inline-Ellipsometer“ wird nun auf der Hannover Messe erstmals der Öffentlichkeit
präsentiert.
Dauerfeuer mit Laserpulsen
„Das Grundprinzip ist einfach“, sagt Ferdinand Bammer vom Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik
der TU Wien. „Man beleuchtet die Oberfläche mit einem Laserstrahl und misst, wie das Laserlicht durch die
dünne Schicht verändert wird.“ Dabei geht es nicht bloß um die Intensität des Laserstrahls,
eine entscheidende Rolle spielt seine Polarisation – also die Richtung, in der die Lichtwelle schwingt.
Das Gerät, das nun vorgestellt wird, produziert kurze Laserpulse, die in rascher Folge abgefeuert werden.
Durch einen Kristall, der tausende Male in der Sekunde schwingt, werden die Lichtpulse unterschiedlich polarisiert.
Je nachdem, wie dick die untersuchte Schicht ist, werden die Polarisation und die Intensität der Pulse in
unterschiedlichem Ausmaß verändert. Damit lassen sich sogar extrem dünne Beschichtungen mit einer
Dicke im Mikrometer- oder Nanometerbereich zuverlässig analysieren. Die Beschichtung kann dabei aus beliebigem
Material bestehen, solange es transparent oder nur teilweise durchscheinend ist – was bei extrem dünnen Schichten
von wenigen Nanometern selbst bei Metallen der Fall ist.
„Unsere Messtechnik hat eine ganze Reihe von Vorteilen“, sagt Ferdinand Bammer. „Wir kommen mit relativ günstigen
Komponenten aus und brauchen keine beweglichen Teile, dadurch ist das Gerät preiswert, robust und wenig fehleranfällig.“
Die Messung erfolgt berührungslos, etwa hundert Messungen pro Sekunde sind möglich. Mit Hilfe einer speziellen
Abbildungsmethode kann man in einer einzigen Messung einen Bereich von etwa dreißig Zentimetern Länge
erfassen. Das bedeutet, dass man diese Technik auch in schnell laufenden Industrieanlagen für die Echtzeit-Qualitätskontrolle
einsetzen kann.
Konkurrierende Produkte sind entweder wesentlich aufwändiger, deutlich langsamer, oder messen Schichtdicken
nicht flächig, sondern nur an wenigen Punkten - und sie verbrauchen deutlich mehr Energie. Außerdem
scheitern viele Systeme an flexiblen, doppelbrechenden Materialien – die Technik der TU Wien kann bei vielen unterschiedlichen
Materialien eingesetzt werden.
Von der Solarzelle bis zur pharmazeutischen Spezialbeschichtung
„Besonders interessant ist das zum Beispiel für die Photovoltaik. Solarzellen sind oft aus mehreren Schichten
aufgebaut, die exakt die richtige Dicke haben müssen“, sagt Ferdinand Bammer. Anwendungen für die Technik
gibt es allerdings in fast allen Bereichen der Produktion – von Brennstoffzellen über Batterietechnik bis
zu Displaytechnik, Medizin und Pharmaindustrie.
Ein Prototyp wurde bereits in bestehende Anlagen eingebaut und für verschiedene Beschichtungsarten erfolgreich
getestet. Gerade wegen der vielseitigen Einsetzbarkeit der Ellipsometrie-Technik kann die Methode für beliebige
Beschichtungsprozesse spezifisch angepasst werden. „Dass unsere Technik funktioniert, haben wir bewiesen“, sagt
Ferdinand Bammer. „Nun können wir sie verschiedensten Firmen für ihre Produktionssteuerung oder ihre
Qualitätskontrolle anbieten.“
Hannover Messe
Erstmals wird die Inline-Beschichtungskontrolle dem breiten Fachpublikum auf der Hannover Messe (25.-29.4.) präsentiert:
Halle 27, Stand L71.
Andere Innovationen am Gemeinschaftsstand der TU Wien, der im Bereich EnergyEfficiency angesiedelt ist, zeigen:
- Einen neuartigen Ansatz zur breit angelegten Integration von dezentralen Energieerzeugern
und Haushalts-Anlagen in den gesicherten Betrieb von Stromversorgungssystemen
- Den energieeffizienten und kostengünstigen Transport von Wasserstoff (H2)
aus erneuerbaren Energien über das herkömmliche Erdgasnetz
- Eine neuartige und kostengünstige Bauweise für hohe Türme von
Windenergieanlagen
- Neuartige schwimmende Plattformen beispielsweise für PV- oder Entsalzungsanlagen,
die auch bei hohem Wellengang stabil schwimmen
- Die mögliche Verdoppelung der Produktion von Biogasanlagen durch Nutzung
von Überschussstrom für Elektrolyse und Methanisierung
- Die einzigen, höchst energieeffizienten Synchronmotoren, die mit Permanentmagneten
oder ohne Einsatz von Seltenerdmetallen realisiert werden können und ohne fehleranfällige Sensorik auskommen
- Das einzige Magnetlager für höchste Dynamik bei geringen Systemkosten,
das wartungsfrei und sensorlos ist
- Die ersten Polymere für hochpräzise und hochfeste Produkte aus 3D-Druck
– in der Qualität von Polymer-Spritzguss
- Das erste Verfahren, das den Pulverspritzguss (MIM) von Aluminium-Legierungen
ermöglicht – und damit Material- und Gewichtsreduktionen um bis über 50%
|