Innsbruck (universität) - Physiker haben eine neue Methode entwickelt, mit der relativ einfach ermittelt
werden kann, ob Teilchen miteinander verschränkt sind. Die nun in der Fachzeitschrift Nature Physics präsentierte
Methode ist vor allem für den Nachweis von Quantenverschränkung in großen Teilchensystemen interessant
und könnte helfen, Messverfahren präziser zu machen und Materie besser zu verstehen.
Verschränkung ist ein quantenphysikalisches Phänomen, das nicht nur Albert Einsteins Phantasie anregte
– er sprach von einer möglichen „spukhaften Fernwirkung“ –, sondern für die Entwicklung von Quantentechnologien
eine entscheidende Ressource darstellt. Viele im Labor erforschte Quantenanwendungen beruhen auf dieser Eigenschaft,
durch die ein System aus mehreren Teilchen nicht mehr als Kombination unabhängiger Teilchenzustände,
sondern nur als gemeinsamer Zustand beschrieben werden kann. Quantenverschränkung ist allerdings nicht einfach
nachzuweisen – vor allem, wenn viele Teilchen involviert sind. „Kleine Teilchenensemble können heute im Labor
sehr genau kontrolliert werden, und damit lässt sich auch die Verschränkung relativ einfach bestimmen“,
sagt der Innsbrucker Quantenphysiker Philipp Hauke. „Sind viele Teilchen miteinander verschränkt, wird eine
solche Messung extrem aufwändig bis unmöglich, weil der Aufwand mit der Zahl der Teilchen exponentiell
ansteigt.“ Philipp Hauke und Peter Zoller vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck
und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
haben nun gemeinsam mit Markus Heyl von der Technischen Universität München und Luca Tagliacozzo vom
Institute of Photonic Sciences (ICFO) in Barcelona einen neuen Weg gefunden, wie gewisse Aspekte der Vielteilchenverschränkung
bestimmt werden können – und dies unabhängig von der Größe des Systems und mittels Standardmessmethoden.
Empfindlichkeit als Maß für Verschränkung
„Bei komplexeren Systemen mussten bisher sehr, sehr viele Messungen durchgeführt werden, um ein Maß
für die Verschränkung zwischen vielen Teilchen zu erhalten“, sagt Philipp Hauke. „Unsere Methode umgeht
dieses Problem und kann selbst für die Bestimmung von Verschränkung in makroskopischen Objekte angewendet
werden, für die es bisher kaum Möglichkeiten gab.“ Die Wissenschaftler können dazu im Labor bereits
etablierte Messverfahren verwenden. Dies haben die Theoretiker in der nun in der in der Fachzeitschrift Nature
Physics veröffentlichten Arbeit an mehreren Beispielen explizit gezeigt. So kann die Verschränkung von
vielen, in einem optischen Gitter gefangenen Teilchen mittels Laserspektroskopie gemessen werden. Bei Festkörpern
kann dafür die ebenfalls seit langem etablierte Messung der Neutronenstreuung eingesetzt werden. Aus den Messdaten
lässt sich nach der Innsbrucker Methode die Quanten-Fisher-Information ermitteln, die als verlässlicher
Indikator für die Verschränkung von Vielteilchensystemen gilt. Sie ergibt sich aus der Empfindlichkeit
eines dynamischen Systems, die durch den Vergleich einzelner Messungen bestimmt werden kann. „Wenn ich zum Beispiel
eine Probe durch ein zeitlich veränderliches Magnetfeld bewege, kann ich aus den Messdaten ermitteln, wie
empfindlich diese Probe auf das Magnetfeld reagiert und erhalte über unsere Methode dann ein Maß für
die interne Verschränkung“, erklärt Philipp Hauke.
Vielfältige Anwendungen
Quantenmetrologie, also auf quantenmechanischen Eigenschaften basierende Messmethoden, sind ein wichtiges Anwendungsgebiet
dieser Methode. Denn nun lassen sich die Quanteneigenschaften makroskopischer Messsonden einfacher charakterisieren.
Aber auch für Quantensimulationen, mit der Quanteneigenschaften in physikalischen Systemen nachgebildet werden,
ist Verschränkung eine zentrale Ressource. Auch hier eröffnet das Innsbrucker Verfahren neue Perspektiven.
Und in der Festkörperphysik könnte es dazu dienen, die Rolle quantenmechanischer Verschränkung bei
komplexen Phasenübergängen zu untersuchen.
Finanziell unterstützt wurden diese Forschungen unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds
FWF und dem Europäischen Forschungsrat ERC.
Publikation: Measuring multipartite entanglement
via dynamic susceptibilities. Philipp Hauke, Markus Heyl, Luca Tagliacozzo, Peter Zoller. Advanced Online Publication.
Nature Physics, am 21.3.2016 DOI: 10.1038/nphys3700
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